Regelmäßiges Gewichtheben senkt kardiovaskuläre Mortalität
Neben Ausdauersport kann auch regelmäßiges Krafttraining das Risiko für einen vorzeitigen Tod reduzieren, insbesondere bei Frauen und älteren Menschen.
Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie
- Gewichtheben reduziert kardiovaskuläre und Gesamt-Mortalität um 9%, jedoch kein Effekt auf Krebssterblichkeit
- Größter Effekt bei 1-2x Krafttraining pro Woche, mehr als 3x Krafttraining ohne Benefit
- Frauen profitieren mehr als Männer – Effekt auch bei Älteren vorhanden
Sport ist gesund – das wissen wir alle. Doch unter "Sport" verstehen die meisten Menschen Ausdauersport – sprich Jogging, Fahrradfahren, Nordic Walking etc. In der Tat konnten viele Studien einen inversen Zusammenhang zwischen Ausdauersport und dem Sterberisiko finden. Doch was ist eigentlich mit Krafttraining? Schließlich werden Fitnessstudios immer beliebter, auch bei Senioren. Bislang ist die Studienlage hierzu recht dünn. Ein Team und Jessica Gorzelitz vom nationalen Krebsforschungszentrum in Maryland, USA hat daher eine große US-amerikanische Bevölkerungsstudie (Prostate, Lung, Colorectal and Ovarian Cancer Screening Trial), die seit 1993 in den USA läuft, retrospektiv analysiert. Der Vorteil dieser Studie: die Teilnehmenden wurden hinsichtlich ihrer "Sportgewohnheiten" befragt und im Anschluss beobachtet.
100.000 Menschen zu Sportgewohnheiten befragt
Von den ursprünglich 150.000 Probanden konnten 100.000 in die post-hoc Analyse eingeschlossen werden. Das Durchschnittsalter der Kohorte lag bei 71 Jahren, die Hälfte der Probanden war weiblich und der mittlere Body Mass Index (BMI) lag bei 27,8 kg/m2. Alle Probanden füllten einen Fragebogen zu ihren Sportaktivitäten aus. Die Mehrzahl (77%) machte gar kein Gewichtstraining, während 23% regelmäßig Hanteln stemmten. Circa 14% trainierten dabei bis zu dreimal wöchentlich und 9% mehr als drei- bis siebenmal pro Woche. Die Befragung drehte sich auch um Ausdauersport. Hier zeigte sich, dass rund 24% der Teilnehmenden regelmäßig moderaten bis intensiven Ausdauersport durchführten (gemäß der Definition der Weltgesundheitsorganisation).
Die Probanden wurden anschließend für 9 Jahre nachbeobachtet. In dieser Zeit verstarb gut ein Fünftel der Studienpopulation. Am Studienende analysierten die Wissenschaftler, ob häufiges Gewichtstraining das Risiko für kardiovaskuläre und Gesamt-Mortalität senkt. Dabei berücksichtigten sie mögliche Confounder wie Alter, Geschlecht, Nikotinkonsum, ethnische Herkunft, BMI und auch den Einfluss von Ausdauertraining.
Moderates Gewichtheben reduziert kardiovaskuläre Mortalität
Regelmäßiges Gewichtstraining konnte die kardiovaskuläre und Gesamt-Mortalität um 9% senken. Eine moderate Trainingsfrequenz von ein- bis zweimal pro Woche hatte dabei den günstigsten Effekt (etwa 15% Reduktion). Ein häufigeres Training (drei- bis siebenmal pro Woche) hatte dagegen keinen eindeutig signifikanten Effekt mehr. Überraschend: Kraftsport hatte keinen Effekt auf die Krebssterblichkeit.
In weiteren Analysen konnten die Forschenden zeigen, dass eine Kombination aus Kraft- und Ausdauersport das Risiko nochmal deutlich absenkte. Wer beides häufig machte, konnte sein Sterblichkeitsrisiko insgesamt um bis zu 40% reduzieren. Dieser Effekt war jedoch maßgeblich vom Ausdauersport getrieben. In Subgruppenanalysen zeigte sich, dass Frauen deutlich mehr von Krafttraining profitierten als Männer. Zudem profitierten auch ältere Menschen vom Krafttraining. Bei Rauchern blieb es jedoch wirkungslos.
Die richtige Dosis ist entscheidend
Zusammenfassend zeigt die Studie, dass Krafttraining einen relevanten Einfluss auf kardiovaskuläre und Gesamt-Mortalität haben kann. Dieser ist jedoch geringer im Vergleich zu Ausdauertraining. Die Risikoreduktion ist am stärksten bei einer Kombination aus Gewichtheben und Ausdauersport. Die Studiendaten legen auch nahe: Am günstigsten scheinen 1-2 Trainingseinheiten pro Woche zu sein. Mehr Kraftsport scheint keinen positiven Effekt mehr zu haben. Zudem scheinen Frauen mehr vom Kraftsport zu profitieren als Männer.
Auf die Frage, warum Hanteln stemmen so gesund ist, liefert die Beobachtungsstudie keine Antwort. Ein Grund wird der Muskelaufbau sein, der sich positiv auf Durchblutung und Stoffwechsel auswirkt und zudem auch das Sturzrisiko reduziert. Weiterhin könnten die vom Muskelgewebe ausgeschütteten Hormone, sog. Myokine, eine Rolle spielen.
Weitere Informationen aus dem Fachbereich Kardiologie:
Gorzelitz J et al. Independent and joint associations of weightlifting and aerobic activity with all-cause, cardiovascular disease and cancer mortality in the Prostate, Lung, Colorectal and Ovarian Cancer Screening Trial. British Journal of Sports Medicine Published Online First: 27 September 2022. doi: 10.1136/bjsports-2021-105315