Alleskönner ASS hilft möglicherweise auch gegen Krebs

ASS wirkt Krebsentstehung entgegen. Wissenschaftler sind nun dabei den Wirkmechanismus weiter zu erforschen. Kaum ein Forscher kennt es nicht: eine Studie wurde gut geplant und die Ergebnisse ander

ASS wirkt Krebsentstehung entgegen. Wissenschaftler sind nun dabei den Wirkmechanismus weiter zu erforschen.

Kaum ein Forscher kennt es nicht: eine Studie wurde gut geplant und die Ergebnisse anderer Studien ließen starke Effekte erwarten, doch letztendlich lässt sich der vermutete Zusammenhang nicht bestätigen.

Allerdings ist auch das Gegenteil schon vorgekommen. Manchmal findet man etwas, wonach man in erster Linie nicht gesucht hat. Ein Beispiel ist die Acetylsalicylsäure (ASS), welche zur Kardioprotektion eingesetzt und in diesem Kontext untersucht wurde. Je nach Dosierung wirkt ASS über eine Hemmung von Enzymen aus der Familie der Cyclooxygenasen schmerzhemmend, entzündungshemmend, fiebersenkend und hemmend auf die Thrombozytenaggregation. Eine Studienanalyse verschiedener randomisierter Studien zur ASS-Kardioprophylaxe hat überraschender Weise ergeben, dass eine Langzeittherapie mit ASS auch vor verschiedenen Karzinomen des gastrointestinalen Trakts schützt.

Bisher wurde keine allgemeine Prophylaxe-Empfehlung ausgesprochen

Bisher blieb die Frage offen, über welchen Mechanismus ASS die Krebsentstehung verhindert. Es wurde diskutiert, ob eventuell entzündungshemmende Mechanismen eine Rolle spielen könnten.

Die deutschen S3-Leitlinien geben keine Empfehlung zur ASS-Karzinomprophylaxe, eventuell wegen Unklarheit bezüglich des genauen Mechanismus, aber auch weil ernsthafte Nebenwirkungen, wie gastrointestinale Blutungen, durch die ASS-Einnahme auftreten können.

Neue Studie gibt erste Aufschlüsse über genauen Wirkmechanismus

Cornelia Ulrich und ihr Team von der University of Utah Health Sciences aus Salt Lake City (USA) haben in ihrer aktuellen Studie (DOI: 10.1158/1055-9965.EPI-15-0697) nach dem Wirkmechanismus gesucht, über den ASS die Krebsentstehung hemmen könnte und schließen damit eine wichtige Lücke: “Auf lange Sicht gesehen möchten wir die Therapie mit Aspirin personalisieren, da durch die Therapie natürlich Nebenwirkungen auftreten können und eventuell nicht alle profitieren. Wir möchten eine maßgeschneiderte Therapie für Menschen, die maximal profitieren bei minimalen Nebenwirkungen”, so Ulrich.

Um die Wirkung von ASS zu untersuchen nutzten Ulrich und Kollegen metabolisches Profiling. Dabei wird die Gesamtheit von Metaboliten einer Probe erfasst. Vor allem kleine Moleküle, wie Aminosäuren, Vitamine oder Zuckerbausteine werden registriert. Analog zum Genom spricht man hier auch vom Metabolom.

Erniedrigte Spiegel von 2-Hydroxyglutarsäure im Menschen und in der Zelllinie gefunden

Ulrich et al untersuchten 40 gesunde Probanden, die 60 Tage lang Aspirin einnahmen. Wie nicht anders zu erwarten, waren Aspirin-Metabolite erhöht. Gleichzeitig fanden die Forscher allerdings auch um 12 Prozent erniedrigte Spiegel von 2-Hydroxyglutarsäure. Erhöhte 2-Hydroxyglutaräure Spiegel werden mit der Entstehung bestimmter Hirntumore und mit Tumoren des blutbildenden Systems in Verbindung gebracht.

“Es ist spannend, dass ASS, welches präventiv bei kolorektalem Karzinom eingesetzt werden kann nun in Verbindung mit einem Mechanismus gebracht wird, der mit Krebsentstehung verknüpft ist”, äußert sich Cornelia Ulrich zu ihren Ergebnissen.

Die Forscher untersuchten daraufhin auch kolorektale Zelllinien nach ASS-Behandlung und fanden hier sogar eine 34-prozentige Reduktion der 2-Hydroxyglutarsäure. Wahrscheinlich wirkt ASS hemmend auf ein Enzym namens Hydroxy-Oxalsäure-Transhydrogenase (HOT) und senkt so die 2-Hydroxyglutaräure Spiegel.

Cornelia Ulrich schließt: “Die neue Studie legt nahe, dass Aspirin eine Schlüsselrolle bei der Unterbrechung von Wegen der Tumorentstehung spielt”.

Es wäre interessant zu sehen, ob ASS diese Effekte auch bei vitalem, entartetem Kolongewebe zeigt.

Text: esanum /kme

Foto: Shane Maritch / Shutterstock.com