Gericht sieht keine Rechtfertigung für Zwangsmedikation in der U-Haft

Das Oberlandesgericht Hamm hat der zwangsweisen Behandlung aufsässiger Untersuchungsgefangener mit Medikamenten in NRW einen Riegel vorgeschoben. Hintergrund ist der Fall eines 27-Jährigen, der sic

Das Oberlandesgericht Hamm hat der zwangsweisen Behandlung aufsässiger Untersuchungsgefangener mit Medikamenten in NRW einen Riegel vorgeschoben.

Hintergrund ist der Fall eines 27-Jährigen, der sich derzeit vor dem Landgericht in Arnsberg unter strengen Sicherheitsauflagen wegen Totschlages verantworten muss. Dem Mann, der als gefährlich und unberechenbar eingestuft wird, sollten nach seiner Verhaftung in einem Justizkrankenhaus wegen einer psychischen Erkrankung und damit verbundenen Aggressionen zwangsweise Neuroleptika verabreicht werden. Das gebe das nordrhein-westfälische Untersuchungshaftvollzugsgesetz aber nicht her, urteilte das Oberlandesgericht in Hamm und bestätigte damit eine Entscheidung des Landgerichts in Arnsberg.

In dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss vom 17. März weist das Gericht darauf hin, dass eine Zwangsmedikation nicht allein mit Gefahrenabwehr gerechtfertigt werden könne. Das NRW-Gesetz erfülle nicht die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für einen so schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte wie die Verabreichung von Medikamenten gegen den Willen des Betroffenen.

Bereits zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Regelungen zur Zwangsmedikation psychisch kranker Straftäter in NRW beanstandet. In einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss nach der Verfassungsklage eines Betroffenen aus dem Maßregelvollzug hatte das höchste Gericht die Vereinbarkeit des NRW-Maßregelvollzugsgesetzes mit dem Grundgesetz zumindest in Frage gestellt.

Text: dpa /fw

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