Infektionskrankheiten müssen auf internationaler Ebene in Angriff genommen werden

Dr. Alain Lafeuillade, vom Institute of Human Virology in Maryland City, im esanum-Interview. esanum: Aktuelle Epidemien wie Ebola und Zika haben gezeigt, dass Infektionskrankheiten möglichst schne

Dr. Alain Lafeuillade, vom Institute of Human Virology in Maryland City, im esanum-Interview.

esanum: Aktuelle Epidemien wie Ebola und Zika haben gezeigt, dass Infektionskrankheiten möglichst schnell und auch auf internationaler Ebene in Angriff genommen werden müssen. In Anbetracht der späten, unkoordinierten und chaotischen Reaktion auf solche Ausbrüche seitens der internationalen Gemeinschaft, was muss auf politischer Ebene geschehen, um künftig besser reagieren zu können?

Lafeuillade: Ebola ist hier ein gutes Beispiel – auf diese Epidemie wurde chaotisch und viel zu spät reagiert, das gestand sich auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein. Es ist nicht immer leicht, möglichst schnell gute Entscheidungen zu treffen, wenn der Informationsfluss in diesem Bereich widersprüchlich ist. Man muss sich langfristig ein optimales Netzwerk mit den besten Wissenschaftlern aufbauen, um derartige Probleme zu vermeiden.

Professor Robert Gallo aus Baltimore baut sich momentan ein solches “Globales Virus-Netzwerk” auf, das Labore und Wissenschaftler aus aller Welt umfasst. Mit deren Hilfe sollen die nächsten Herausforderungen angefochten werden.

esanum: Unbekannte oder wiederkehrende Viren können in unserer modernen und vernetzten Welt schnell gefährlich werden. Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, dass Terroristen diese Viren als Waffe nutzen? Wie kann dies verhindert werden?

Lafeuillade: Das nennt sich Bioterrorismus und spiegelt sich häufig beim Milzbrand wider. Mit der sinkenden Immunität gegen Krankheitserreger, wie Pocken, die in den 70er-Jahren ausgerottet wurden, ist ein Ausbruch durchaus denkbar, wenn Terroristen Zugriff auf solche Viren erlangen würden.

Andererseits ist der Gedanke, dass Terroristen durch genetische Rekombination eine neue Krankheit entwickeln, eher Stoff für Film und Fernsehen und nicht für die Realität, da sie demnach einen entsprechenden Impfstoff für sich selbst haben sollten.

esanum: PreP wird als Impulsgeber begrüßt, wenn es darum geht, HIV/ AIDS zu bekämpfen. Inwiefern hat sich dadurch das Verhalten der Menschen verändert? Wird die Ausbreitung von anderen sexuell übertragbaren Krankheiten durch den Gebrauch der HIV-Prophylaxe vergrößert?

Lafeuillade: Klinischen Studien zufolge, wird das Verhalten der Menschen durch den Zugang zu PreP nicht verändert. Trotz der regulären Beratung während der PreP-Einnahme im Rahmen von klinischen Studien, wurde ein gleichhohes Risiko (für Rezipienten von Analverkehr ohne Kondom) über Monate hinweg dokumentiert. Angemerkt sei, dass es sich hierbei nicht um reale Situationen handelt, sondern um klinische Studien.

Die meisten homosexuellen Männer, die PreP einnehmen, möchten möglichst auf Kondome verzichten und trotzdem ein geringeres Risiko haben, sich mit HIV zu infizieren. Syphilis und anderen Geschlechtskrankheiten, die mittlerweile heilbar sind, interessieren sie nicht. In der IperGay-Studie dauerte die Fortsetzung der Untersuchungen mehr als neun Monate an. Unter realen Bedingungen denke ich, dass PreP mit einem Anstieg von anderen Geschlechtskrankheiten assoziiert werden wird, obwohl HIV-Infektionen verringert werden.

Interview: Pauline Goemaere, Florian Weigang