Fachfremdes Personal könnte Beitrag zur Melanom-Früherkennung leisten

Regelmäßige Hautkrebsvorsorge hilft, Melanome frühzeitig zu erkennen. Friseure, Tätowierer oder Krankengymnasten könnten mit der richtigen Schulung Kunden und Patienten auf Auffälligkeiten auf der Haut hinweisen.

Regelmäßige Hautkrebsvorsorge hilft, Melanome frühzeitig zu erkennen. Friseure, Tätowierer oder Krankengymnasten könnten mit der richtigen Schulung Kunden und Patienten auf Auffälligkeiten auf der Haut hinweisen.

Im britischen Bristol fiel einem Tätowierer ein seltsam anmutendes Muttermal auf dem unteren Rücken eines Kunden auf, das sich aufgrund seiner Lage unentdeckt entwickelt hatte. Der Tätowierer riet seinem Kunden, das Muttermal von einem Dermatologen untersuchen zu lassen – und so wurde das maligne Melanom erfolgreich exzidiert.

Dieser eher dem Zufall geschuldete Ablauf führte dazu, dass das Interesse an einer intensivierten Überwachung von Hautkrebspatienten in Großbritannien deutlich anstieg. Die Evidenzlage zeigt, dass ein Melanomscreening durch Kliniker und Patienten sich vorteilhaft auf die Früherkennung und Mortalität auswirken kann.

Könnte die Anleitung von fachfremden Spezialisten zur regelmäßigen Untersuchung der Haut das Hautkrebsmonitoring weiter verbessern? Vorreiter ist hier eine brasilianische Forschergruppe, die diesen Ansatz systematisch in Zusammenarbeit mit Tätowierern verfolgte und auf diese Weise eine Reihe von Patientenerfolgsgeschichten verzeichnen konnte. Ihr Ansatz beinhaltete eine direkte Unterweisung in der entsprechenden klinischen Untersuchungsmethode. Vor dem Hintergrund dieser Evidenz wurde in Bristol ein vergleichbares Ausbildungsprogramm von der Dauer einer Stunde für Tätowierer initiiert – und mit Enthusiasmus aufgenommen. Dabei lag der Fokus auf der Hautstruktur und ihrer Funktion, auf der Photocarcinogenese, Strategien zur Prävention wie beispielsweise durch Lichtschutz, den wichtigsten Merkmalen maligner Hautveränderungen und – besonders wichtig- wie man ein ernsthaftes Thema dieser Art mit dem Kunden anschneidet, das in diesem Setting eigentlich nicht erwartet wird.

Es ergeben sich durchaus Vorteile durch das Hautkrebsscreening durch Laien. Tätowierer, aber auch Friseure, Masseure, Krankengymnasten oder Podologen befassen sich regelmäßig mit der Haut ihrer Kunden und beobachten sie naturgemäß aus nächster Nähe – und oft sogar über längere Zeitperioden als medizinisches Personal. Darüber hinaus werden häufig Hautareale begutachtet, die der Selbstinspektion aufgrund ihrer anatomischen Lage unzugänglich sind. Friseure schauen sich die Kopfhaut ganz genau an, Podologen inspizieren Interdigitalräume und die plantare Fußfläche, Masseure betrachten sich die Dorsalseiten von Thorax und Extremitäten. Die Zahl derjenigen, die potentiell zum Hautkrebsscreening beitragen könnten, ist relativ groß. In Großbritannien beispielsweise übersteigt die Zahl der registrierten Masseure und Kosmetiker die Zahl der registrierten Mediziner. Ein subtilerer Faktor ist die häufig enge und über Jahre bestehende Bindung zwischen den genannten Berufsgruppen und ihren Kunden. Dieser Umstand kann eine regelmäßige Inspektion eines Körperareals mit dem zeitnahen Erkennen von Unregelmäßigkeiten und die Thematisierung sensibler Gesundheitsprobleme ermöglichen.

Bisher gibt es allerdings nur wenig Anhalt dafür, dass fachfremde Spezialisten davon ausgehen, dass die Hautkrebsüberwachung zu einer ihrer etablierten Tätigkeiten werden könnte oder dass sie ein großes Interesse daran hätten, ein derartiges Monitoring oder Patientenaufklärung zu übernehmen. Auch gibt es Hemmungen beim nichtmedizinischen Personal, sich auf das Feld der Dermatologie vorzuwagen.

Training wäre notwendig

Es gibt natürlich auch einige Unwägbarkeiten bei der Ausbildung von fachfremden Spezialisten zum Hautkrebsscreening. Die Zahl falsch positiver Verdachtsdiagnosen könnte exzessiv ansteigen, mit der Gefahr, die zuständigen Kliniken mit Patienten zu überfluten – obwohl dieser Effekt bislang nicht beobachtet worden ist. Potentielle Patienten und auch die Laienberater könnten unnötigerweise beunruhigt werden. Allerdings könnte eine inakkurate initiale Untersuchung zu einer gefährlich verzögerten definitiven Diagnosestellung mit der nötigen Therapieinitialisierung führen. Es bedarf also eines Trainingsprogramms, das sicher adäquate Fähigkeiten vermittelt, suspekte Läsionen zu identifizieren. Und das braucht Zeit – selbst eine vierstündige Lerneinheit kann da nicht ausreichend sein – und finanzielle Ressourcen. Und nicht zuletzt wird der Fokus der fachfremden Spezialisten hinsichtlich medizinischer Verantwortungsübernahme, Pflege von medizinischen Fertigkeiten und entsprechende Dokumentation immer krankheitsdefiniert sein. Das Forschungsteam in Bristol versucht derartige Schwierigkeiten zu umgehen, indem sie eine simple Nachricht empfehlen, die zwischen fachfremden Spezialisten und Kunden vermittelt werden soll: Sie sind kein medizinisches Fachpersonal; sie verfügen über eine Basisausbildung zur Untersuchung von Muttermalen; und sie empfehlen die Abklärung durch einen Spezialisten bei verdächtigen Läsionen.

Als Maßnahme der öffentlichen Gesundheit muss die Ausbildung der fachfremden Spezialisten zur Melanomüberwachung hinsichtlich Kosten und Effektivität kritisch beleuchtet werden. In der Zwischenzeit müssen die Fallzahlen und definitiven klinischen Diagnosen der gestarteten Initiativen exakt registriert werden. Selbst wenn die Ausbeute an richtig positiven Verdachtsdiagnosen klein sein mag, könnte der Benefit der Programme darin bestehen, das Bewusstsein von Patienten hinsichtlich Sonnenschutz und Selbstuntersuchung anhand der ABCDE-Kriterien (Asymmetrie, unregelmäßige Berandung, unregelmäßige Pigmentierung, Durchmesser größer als 6 mm, voranschreitende Größe) gestärkt werden. Es schafft eine gewisse Sicherheit, dass das hier vorgestellte Projekt von anderen Initiativen in Großbritannien aufgegriffen worden ist. So hat zum Beispiel das The Vocational Training Charitable Trust (VTCT), eine nationale Körperschaft, die berufliche Qualifikationen auszeichnet, mit Unterstützung der British Association of Dermatologists and British Association of Plastic Reconstructive and Aesthetic Surgeons Informationsbroschüren für fachfremde Spezialisten herausgebracht, die das Bewusstsein zum Thema Hautkrebs stärken sollen. Ziel der Forschungsgruppe in Bristol ist die Ausdehnung ihres Programms, sollten sich die initialen Bemühungen als erfolgreich erweisen.