Mütze voll Schlaf verbessert Erinnerung nicht

Lange Zeit gingen ForscherInnen weltweit davon aus, dass Schlaf ausnahmslos gut ist für das Gedächtnis. Für AugenzeugInnen führt Schlaf allerdings zu keiner Verbesserung des Erinnerungsvermögens, wie eine aktuelle Studie aufzeigte – aber ebenso wenig zur Verschlechterung der Zuverlässigkeit.

Zuverlässige AugenzeugInnen durch Schlaf nicht beeinträchtigt

Lange Zeit gingen ForscherInnen weltweit davon aus, dass Schlaf ausnahmslos gut ist für das Gedächtnis. Bestätigt wurde dies vor allem dadurch, dass PatientInnen mit Schlafmangel eher zu Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit neigten. Für AugenzeugInnen führt Schlaf allerdings zu keiner Verbesserung des Erinnerungsvermögens, wie eine aktuelle Studie aufzeigte.

AugenzeugInnen sind für die Polizeiarbeit und Justiz wertvolle Informationsquellen zur Überführung möglicher TäterInnen. Insbesondere bei der Gegenüberstellung verlasen sich Strafbehörden gern auf das Erinnerungsvermögen dieser Personengruppe, um den Verdächtigen aus einer bekannt unschuldigen Menge heraus zu identifizieren. Doch wie zuverlässig sind solche Aussagen der AugenzeugInnen eigentlich?

Dazu gab es bisher keine Untersuchungen. ForscherInnen nahmen sich jedoch aktuell dieser Frage in einer Studie an und testeten 4.000 TeilnehmerInnen in einem großen Online-Experiment. 2.000 dieser "AugenzeugInnen" eines vorgetäuschten Video-Verbrechens durften über Nacht schlafen oder mussten am Tage wachbleiben. Anschließend wurde ihr Erinnerungsvermögen getestet.

Die WissenschaftlerInnen verglichen die Daten der "AugenzeugInnen" anschließend mit einer 2.000 TeilnehmerInnen umfassenden Kontrollgruppe. Dabei zeigte sich, dass es prinzipiell keinen Unterschied machte, ob die TeilnehmerInnen unmittelbar nach dem Videoverbrechen (Kontrolle) oder erst 12 Stunden später (AugenzeugInnen) befragt wurden.

Das Erinnerungsvermögen derjenigen, die sich sehr detailliert und mit hoher Sicherheit erinnerten, war in beiden Fällen sehr verlässlich. Schlaf oder kein Schlaf brachte somit für die Erinnerung der AugenzeugInnen keine erkennbaren Unterschiede. Auch verbesserte Schlaf die Präzision der Zeugenaussagen nicht.

Fazit

Schlaf oder längere Zeiträume zwischen Tat und Zeugenbefragung mindern letztlich die Zuverlässigkeit der Aussagen nicht, verbessern aber auf der anderen Seite auch nicht das Erinnerungsvermögen. 

Originalstudie:
Morgan D. P., Tamminen J., Seale-Carlisle T. M. and Mickes L. The impact of sleep on eyewitness identifications. R Soc open sci; https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rsos.170501