Onkologen sehen Immuntherapie als möglichen Goldstandard in der NSCLC-Behandlung

Lungenkrebs: Studie zeigt ein höheres Gesamtüberleben und eine bessere Verträglichkeit der immunonkologischen Behandlung gegenüber einer Chemotherapie.

Lungenkrebs: Studie zeigt ein höheres Gesamtüberleben und eine bessere Verträglichkeit der immunonkologischen Behandlung gegenüber einer Chemotherapie

In der Medizin kommt es selten vor, dass etwas als “wegweisend” oder gar als “Erdbeben” bezeichnet wird. Seit der Präsidenten-Session auf der letzten Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO) in Kopenhagen steht Krebsmedizinern weltweit allerdings möglicherweise ein Umdenken bei der Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) bevor. Die Keynote-24-Studie hat nämlich erstmals gezeigt, dass der Anti-PD-1 (Programmed Cell Death 1 Protein)-Inhibitor Pembrolizumab unter bestimmten Bedingungen einer platin-basierten Chemotherapie beim Lungenkrebs überlegen sein kann und gleichzeitig weniger Nebenwirkungen verursacht. Die Ergebnisse der Studie wurden im New England Journal of Medicine publiziert.

Die Studie durchgeführt mit Tumorpatienten mit einer PD-L1-Expression von mehr als 50 Prozent und einer Lebenserwartung von mindestens drei Monaten beeinflusste auch die Diskussionen auf der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie vom 14.-18. Oktober 2016 in Leipzig.

Konkret bedeuten die Ergebnisse, dass nach einer noch ausstehenden Zulassung eine Immuntherapie mit Pembrolizumab beim NSCLC in der Erstlinienbehandlung für Onkologen zur ersten Wahl werden könnte. Professor Hans-Georg Kopp vom Universitätsklinikum Tübingen sieht sogar das “Potenzial, dass eine immunonkologische Behandlung zum Goldstandard bei Patienten mit einem metastasierten nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom wird”, wie er im Satellitensymposium “Immuntherapie – Was bringt die Zukunft?” auf dem DGHO-Kongress sagte. Dieses wurde von MSD Sharp & Dohme unterstützt. Das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom ist mit mehr als 80 Prozent die häufigste Ausprägung beim Lungenkrebs. Sie wird weiter unterteilt in Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome und großzellige Karzinome. Die relative Fünf-Jahres-Überlebensrate bei Patienten mit einem stark fortgeschrittenen, metastasierenden Lungenkarzinom (Stadium IV) wird auf rund zwei Prozent geschätzt. Europaweit ist etwa jeder fünfte krebsbedingte Todesfall auf Lungenkrebs zurückzuführen.

Erstlinienbehandlung ohne Chemotherapie

Kopp sieht durch die Immuntherapie “völlig neue Möglichkeiten in der Behandlung in der NSCLC“, begründet unter anderem durch ein besseres Ansprechverhalten und Gesamtüberleben sowie eine höhere Stabilität der Erkrankung nach Verabreichung des Checkpoint-Inhibitors Pembrolizumab im Vergleich zu einer Chemotherapie. Gleichzeitig weise die Immuntherapie eine bessere Verträglichkeit auf. Die Ergebnisse gelten für Patienten mit einem Expressionsrate von mehr als 50 Prozent. Eine Bestimmung des PD-L1-Scores werde künftig zwingend notwendig, so der Tenor. Professor Frank Griesinger, Direktor der Klinik für Hämatologie und Onkologie am Pius-Hospital in Oldenburg und Vorsitzender der Session, bilanzierte, dass “künftig 40-45 Prozent der Patienten in der First-Line chemotherapiefrei behandelt werden könnten.”

Pembrolizumab wurde im Spätsommer bereits die Zulassung der Europäischen Kommission für die Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierenden nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms mit PD-L1-exprimierenden Tumoren nach vorheriger Chemotherapie bei Erwachsenen erteilt. Auch hier zeigte die Immuntherapie eine Verlängerung des Gesamtüberlebens im Vergleich zu Patienten, die mit einer traditionellen Chemotherapie behandelt wurden.