Realistische Bedarfsplanung für Hausärzte gefordert

Weiße Flecken bei der Gesundheitsversorgung im Südwesten darf es aus Sicht der CDU-Fraktion nicht geben. Deshalb müssen in der Bedarfsplanung die Weichen anders gestellt werden, meint Fraktionschef

Weiße Flecken bei der Gesundheitsversorgung im Südwesten darf es aus Sicht der CDU-Fraktion nicht geben. Deshalb müssen in der Bedarfsplanung die Weichen anders gestellt werden, meint Fraktionschef Guido Wolf.

Wochenlanges Warten auf einen Termin beim Hausarzt, stundenlanges Sitzen im Wartezimmer – obwohl das Gesundheitswesen im Südwesten insgesamt gut aufgestellt ist, sind vielen Patienten solche Erfahrungen nicht fremd. Das liegt nach Ansicht der CDU-Fraktion an der ungleichmäßigen Verteilung von Arztpraxen. Während in den Städten genug Ärzte praktizierten, gebe es Engpässe in abgelegenen Regionen im Schwarzwald, im Hohenlohischen und auf der Schwäbischen Alb. Die Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung müsse verändert werden, weil sie die Realität nicht immer widerspiegle, forderte CDU-Fraktionschef Guido Wolf am Mittwoch in Stuttgart.

Dafür müssten die Versorgungsgebiete für Hausarztpraxen kleinräumiger als bisher angelegt sein. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung ist von den 101 aus CDU-Sicht zu großen Versorgungsbezirken sogar ein Drittel überversorgt. Das subjektive Empfinden der Menschen mancherorts sei aber eher, dass es zu wenig Ärzte gebe, betonte Wolf. Aus Sicht der TK-Landesvertretung Baden-Württemberg bringt eine neue, kleinräumigere Bedarfsplanung zwar mehr Transparenz, aber nicht zwangsläufig mehr Hausärzte in ländliche Regionen.

In der Diagnose eines drohenden Ärztemangels sind sich Kassenärztliche Vereinigung und CDU-Fraktion allerdings einig. In den nächsten fünf Jahren müssten 500 Arztpraxen – also etwa zehn Prozent – mangels Nachwuchs schließen. Die CDU will dem Ärztemangel unter anderem mit einem Stipendium für Medizin-Studenten abhelfen. Die Studierenden sollen ab dem dritten Studienjahr und bestandenem ersten Studienabschnitt monatlich 500 Euro für die Dauer von vier Jahren erhalten.

Im Gegenzug müssen sie sich dazu verpflichten, fünf Jahre in einem unterversorgten Gebiet zu praktizieren. Laut Wolf könnten sich auch Kommunen an der Finanzierung der Stipendien beteiligen. Bewerber für eine solche Förderung müssten auch keine Überflieger sein. Auch Abiturienten mit einem Notenschnitt von 1,8 oder 2,2 könnten durchaus gute Ärzte werden, betonte Wolf. In Sachsen und Bayern habe man mit solchen Programmen bereits gute Erfahrungen gesammelt. Bislang gibt es im Südwesten das Landärzteprogramm, das Ärzte finanziell fördert, wenn sie sich in Orten niederlassen, wo es einen Ärztemangel gibt oder sich ein solcher abzeichnet.

Nach Überzeugung von TK-Landeschef Andreas Vogt müssen Studenten früher und umfassender als bisher über die hausärztliche Tätigkeit sowie die Chancen als niedergelassener Arzt informiert werden. Noch immer hätten sie falsche Vorstellungen über den Beruf. “Der Hausarzt als schlecht bezahlter Einzelkämpfer ohne Freizeit und mit geringem Ansehen in der medizinischen Fachwelt – dieses Bild stimmt längst nicht mehr.”

Der CDU-Gesundheitsexperte Stefan Teufel plädierte auch für Honorarzuschüsse der Kassenärztlichen Vereinigung, um Allgemeinmedizinern die Arbeit in ländlichen Regionen schmackhaft zu machen. Weiteres Mittel sind aus Sicht der Christdemokraten Medizinische Versorgungszentren entweder an Kliniken oder in Trägerschaft eines Mediziners, der Kollegen anstellt. Solche Konstrukte könnten durch ein Landesförderprogramm unterstützt werden. Zudem sollen neue Berufsbilder gestärkt werden, so die Versorgungsassistenten, die Ärzten Hausbesuche abnehmen können. Eine gleichmäßig gute Versorgung trage auch dazu bei, dass der ländliche Raum insgesamt weiterhin attraktiv bleibe.

Nach einer Erhebung des Statistischen Landesamtes hat sich rein rechnerisch das Verhältnis zwischen niedergelassenen Medizinern und Einwohnerzahl massiv verbessert. Demnach war im Jahr 2012 ein Praxisarzt für 700 Bürger zuständig, ein Wert, der sich in etwa bereits im Jahr 1999 eingestellt hatte. Im Jahr 1972 kümmerte sich ein Praxisarzt im Schnitt um annähernd 1200 Menschen. Dabei werde aber nicht die reale – in den letzten Jahren abnehmende – Arbeitszeit der Mediziner berücksichtigt, sondern nur ihre Kopfzahl, schränkte die Kassenärztliche Vereinigung die Aussagekraft dieser Zahlen ein.

Wolf warnte mit Blick auf Ärzte unter den syrischen Flüchtlingen vor zu hohen Erwartungen. Andererseits müsse alles dafür getan werden, schon bei der Aufnahme der Schutzsuchenden Mediziner zu identifizieren und sie schnell sprachlich und fachlich zu integrieren. Nach Worten Teufels gilt das auch für die Pflege, die bis 2030 rund 58 000 Fachkräfte im Südwesten benötige. Insbesondere könnten die Menschen aus dem Nahen Osten in der kultursensiblen Pflege eingesetzt werden.

Text und Foto: dpa /fw