Robert-Koch-Institut: Corona-Reproduktionsrate bei 0,7

Die Reproduktionsrate gilt als eine wichtige Marke, um den Verlauf der Ansteckungswelle in Deutschland beurteilen zu können. Auch politische Entscheider blicken unter anderem auf diese Zahl. Nun wurde ein besonders niedriger Wert errechnet.

Grenzwerte deutlich unterschritten

Die Reproduktionsrate gilt als eine wichtige Marke, um den Verlauf der Ansteckungswelle in Deutschland beurteilen zu können. Auch politische Entscheider blicken unter anderem auf diese Zahl. Nun wurde ein besonders niedriger Wert errechnet.

Die Ansteckungsrate mit dem neuartigen Coronavirus ist in Deutschland nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) deutlich gesunken. Laut der Statistik steckt derzeit jeder Infizierte weit weniger als einen weiteren Menschen an, die Reproduktionsrate (R) liegt bei 0,7. Zehn Infizierte stecken damit nur sieben weitere Menschen an - was bedeutet, dass die Zahl der täglichen Neuansteckungen zurückgeht.

"Die R-Schätzung ergibt für Anfang März Werte im Bereich von R gleich 3, die danach absinken, und sich etwa seit dem 22. März um R gleich 1 stabilisieren", hieß es vom RKI. Zum Hintergrund: Steckt ein Mensch mehr als einen weiteren an, liegt der Wert also über 1, nimmt die Zahl der Infektionen zu. Bei einem Wert unter 1 flaut eine Epidemie nach und nach ab.

Erhebliche Folgen schon durch vermeintlich kleine Änderungen der Reproduktionszahl

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte im Zuge der Ankündigung erster Lockerungen bei Corona-Maßnahmen am 15.04. deutlich gemacht, dass schon vermeintlich kleine Änderungen der Reproduktionszahl erhebliche Folgen haben können. Zudem rechnen Fachleute wie für andere Länder auch für Deutschland mit einer hohen Dunkelziffer nicht erfasster Fälle.

RKI-Präsident Lothar Wieler hatte auch gesagt, dass für eine Lockerung der Maßnahmen nicht nur die Reproduktionszahl relevant sei, sondern etwa auch der Anteil immuner Menschen in der Bevölkerung sowie die Kapazitäten des Gesundheitssystems.

Aktueller R-Wert könnte das reale Geschehen etwas überschätzen

Eine Betrachtung der Entwicklung nach Altersgruppen zeige, dass die prognostizierte Anzahl von Fällen pro 100.000 EinwohnerInnen in der Altersgruppe ab 80 Jahren besonders stark ansteige, hieß es nun vom RKI. "Dies wird sich vermutlich auch in einem stärkeren Anstieg der Anzahl von hospitalisierten Fällen und intensivpflichtigen Fällen zeigen."

Dass sich das Virus nach dem 18. März stärker auch unter älteren Menschen ausbreitete und zunehmend Ausbrüche in Pflegeheimen und Krankenhäusern zu beobachten sind, ist dem RKI zufolge ein Grund dafür, dass der Rückgang der Neuerkrankungen trotz der gravierenden Maßnahmen nur relativ langsam passiert.

"Ein weiterer Aspekt ist aber auch, dass in Deutschland die Testkapazitäten deutlich erhöht worden sind und durch stärkeres Testen ein insgesamt größerer Teil der Infektionen sichtbar wird." Dieser strukturelle Effekt und der dadurch bedingte Anstieg der Meldezahlen könnten dazu führen, dass der aktuelle R-Wert das reale Geschehen etwas überschätze.