Studien zur Thrombose nach COVID-19-Impfung

In jüngster Zeit hat der AstraZeneca-Impfstoff gegen das SARS-CoV-2-Virus die Öffentlichkeit mit Bedenken hinsichtlich der seltenen, aber schwerwiegenden Entwicklung von thrombotischen Ereignissen alarmiert. Im Rahmen mehrerer Studien wurden nun die Entstehung, Diagnose und mögliche Behandlungsmethoden der seltenen Erkrankung untersucht.

Vakzin-induzierte immunthrombotische Thrombozytopenie: rechtzeitige Diagnose von entscheidender Bedeutung

Zur Bekämpfung der Pandemie werden weltweit Impfstoffe verabreicht, die hochwirksam sind, jedoch mit minimalen unerwünschten Wirkungen einhergehen können. In jüngster Zeit hat der AstraZeneca-Impfstoff gegen das SARS-CoV-2-Virus die Öffentlichkeit mit Bedenken hinsichtlich der seltenen, aber schwerwiegenden Entwicklung von thrombotischen Ereignissen alarmiert. Dieses seltene Syndrom wird als Vakzin-induzierte immunthrombotische Thrombozytopenie bezeichnet. Im Rahmen mehrerer Studien hat ein Forschungsteam des Zentrums für Klinische Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum Tübingen nun die Entstehung, Diagnose und mögliche Behandlungsmethoden der seltenen Erkrankung untersucht.

Die Vakzin-induzierte immunthrombotische Thrombozytopenie (VITT) ist ein neu definiertes Syndrom, das zur Gerinnselbildung an seltenen Stellen wie den Gehirn- oder Bauchgefäßen und zu einer verminderten Blutplättchenzahl führt. Die rechtzeitige Diagnose der impfinduzierten Thrombose ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Behandlung. Einem internationalen Forschungsteam, dem auch Mediziner:innen des Uniklinikums Tübingen angehören, ist es bereits kurz nach Bekanntwerden des Syndroms gelungen, erste Richtlinien zur Erkennung, Diagnose und Behandlung von Patient:innen, die an dieser seltenen Impfkomplikation leiden, aufzustellen. Die Ergebnisse sind im Journal of Thrombosis and Hemostasis veröffentlicht. Eine VITT erfordert eine sofortige klinische Erkennung, gefolgt von einer bestätigenden Labordiagnostik mithilfe spezieller Tests, die nur an wenigen Zentren durchgeführt werden. Unter der Ärztlichen Leitung von Professor Dr. Tamam Bakchoul etablierte das Zentrum für Klinische Transfusionsmedizin (ZKT) in Tübingen diese Tests in seinem Labor und bietet sie auch anderen Krankenhäusern und medizinischen Versorgungszentren an.

Erste Erfahrungen in der Diagnose und der Behandlung von Patient:innen, die thrombotische Ereignisse nach der SARS-CoV-2-Impfung entwickelten, zeigten, wie die Antikörper-vermittelte Aktivierung der Blutplättchen zur Entwicklung der VITT beiträgt. Darüber hinaus wiesen die weiteren Untersuchungen darauf hin, dass die Aktivierung der Blutplättchen durch eine Immunglobulintherapie gehemmt werden kann, was für die Behandlung von Patient:innen mit VITT von großer Bedeutung sein kann. Für ihren Bericht untersuchte die Arbeitsgruppe um Dr. Karina Althaus acht Patientinnen und Patienten (5 weiblich, 3 männlich) im Alter von 24 bis 53 Jahren, die sechs bis 20 Tage nach der SARS-CoV-2-Impfung eine VITT entwickelten. Die Ergebnisse der Untersuchung sind in der renommierten Fachzeitschrift Haematologica publiziert.

Einsatz einer Immunglobulintherapie als Behandlungsoption bei Patient:innen mit VITT empfehlenswert

In einer Folgestudie, die fünf Patientinnen und Patienten miteinschloss, untersuchte Dr. Günalp Uzun mit Forschenden der Arbeitsgruppe von Prof. Bakchoul die Wirksamkeit der Immunglobulintherapie bei Patient:innen mit VITT. Dabei zeigte sich, dass eine Immunglobulintherapie zusammen mit einer Antikoagulation die Thrombozytenzahl schnell erhöhen und eine Gerinnungsaktivierung hemmen kann, ohne dabei ein zusätzliches Risiko für eine Hirnblutung zu stellen. Die Ergebnisse der Studie sind in der medizinischen Fachzeitschrift Blood veröffentlicht.

Um ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern, kommen die Tübinger Forschenden zu dem Schluss, dass der Einsatz einer Immunglobulintherapie als Behandlungsoption bei Patient:innen mit VITT empfohlen werden kann.

Referenzen:
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