Auf der Suche nach Schwachstellen von Krebs

Viele für die Krebsentstehung relevante mRNAs binden an ein spezifisches Protein und könnten eine Achillesferse von Krebs darstellen Medikamente, die die Überproduktion von Proteinen durch Krebszellen unterdrücken, verhindern auch die Produktion von lebenswichtigen Proteinen in gesunden Zellen.

Viele für die Krebsentstehung relevante mRNAs binden an ein spezifisches Protein und könnten eine Achillesferse von Krebs darstellen

Medikamente, die die Überproduktion von Proteinen durch Krebszellen unterdrücken, verhindern auch die Produktion von lebenswichtigen Proteinen in gesunden Zellen. Forscher haben nun eine Bindungsstelle eines besonderen Proteins identifiziert, welches für die Initialisierung der mRNA-Translation verantwortlich ist, sobald dieses Protein an ein Stück der mRNA bindet. mRNA ist notwendig für die Regulation des Zellwachstums und der Zellvermehrung. Eine Blockierung dieses Proteins kann bei einem gezielteren Einsatz von Krebsmedikamenten helfen, so die Forscher.

Die meisten Krebsmedikamente unterdrücken das übermäßige Zellwachstum, welches ein Kennzeichen von Krebs ist. Ein beliebter Angriffspunkt dieser Medikamente ist eine Signalkaskade, die die Produktion von Tausenden von Proteinen einer Zelle kontrolliert.

Forscher der University of California in Berkeley haben einen vielversprechenden neuen Ansatzpunkt für die Entwicklung von Krebsmedikamenten gefunden. Dabei untersuchten sie eine spezielle Signalkaskade, die anscheinend nur wenige Prozent der Proteinproduktion der Körperzellen kontrolliert, aber zwingend notwendig für die Zellvermehrung und Zellteilung ist.

Das Zielprotein ist bindet an mRNA, die die Baupläne für jedes Protein enthält, und wirkt unterstützend für den Beginn der Produktion von fertigen, voll funktionstüchtigen Proteinen aus dieser mRNA. Ein Medikament, welches dieses Protein bindet, könnte selektiv die Translation von den Proteinen unterdrücken, die für Zellwachstum und -Vermehrung wichtig sind.

Jamie Cate, Professor für Molekularbiologie und Zellbiologie an der University of Berkeley und Autor der Studie, kommentierte, dass man das Wachstum von Tumorzellen verhindern könne, indem man die für die Vermehrung und die Proteinproduktion spezifisch nötige mRNA entfernt. Da das untersuchte Protein nicht für die allgemeine Proteinproduktion benötigt werde und nicht jede mRNA das untersuchte Protein zum Translationsbeginn benötige, wäre ein exakter Effekt gegen Tumorzellen durch eine Blockierung des untersuchten Proteins denkbar.

Die Ergebnisse seien insofern überraschend, als dass das Protein Bestandteil eines größeren Komplexes namens “eurkaryotic initiation factor 3” eIF3 sein, der bereits seit ca. 50 Jahren untersucht werde. Bisher habe keiner diese wichtige Rolle des eIF3 angenommen, so Cate. Dies könnte an der Selektivität von eIF3 liegen, da die Kontrolle über die mRNA-Translation nur dann angeschaltet werde, wenn eIF3 an ein ganz spezifisches Set von spezialisierten mRNAs bindet. Die Bindung zwischen diesen mRNAs und eIF3 öffne eine Tasche in der Proteinstruktur des Faktors und startet den Translationprozess.

Cate kommentierte, dass der Fund für ihn wie ein geheimer Hebel zu einer versteckten Schublade in einem alten Schreibtisch wirke. Den Schreibtisch als Symbol für eIF3 habe man dabei bereits sehr lange und gut gekannt, allerdings habe das Forscherteam um Cate jetzt erst den Hebel für das ‘Geheimfach’ entdeckt.

Die Untersuchungen von Lee und Cate weisen darauf hin, dass dieser geheime Hebel, der nur bei einer speziellen Untergruppe von vielleicht 500 von insgesamt 10.000 mRNAs die Translation auslöse, auch bei anderen Krankheiten außer Krebs zum Einsatz kommen könnte. Dieses sei nicht nur auf den Menschen anwendbar, sondern könne auch in der Behandlung von Tieren oder Pflanzen nutzbar gemacht werden.

Amy Lee, Erstautorin der Studie, sagte, dass es ein spannender Bestandteil weiterer Forschung sein werde, die Funktion des untersuchten Proteins auf Nutzpflanzen und krankheitsauslösende Pilze zu untersuchen. In weiteren Forschungen könnte man sich vorstellen, in anderen Organismen noch zusätzliche Möglichkeiten der Bindung von mRNA an eIF3 zu entdecken.