Therapie des fortgeschrittenen NSCLC

Nachweis von Mutationen als Voraussetzung für Therapieentscheidungen. Die Therapie des fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) ist heute wesentlich differenzierter – bestimmte Subgruppen von Patienten profitieren von zahlreichen neuen Medikamenten.

Nachweis von Mutationen als Voraussetzung für Therapieentscheidungen.

Die Therapie des fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) ist heute wesentlich differenzierter – bestimmte Subgruppen von Patienten profitieren von zahlreichen neuen Medikamenten. Die genaue Kenntnis der Tumorbiologie vor ist damit eine wichtige Voraussetzung für die Therapieentscheidungen.

Die Entwicklung der NSCLC-Therapie ist eine Geschichte der kleinen Schritte, sagte Stefan Hammerschmidt von der Klinik für Innere Medizin am Klinikum Chemnitz. Noch 1995 galt die systemische Therapie des fortgeschrittenen NSCLC als experimentell. Mit einer Platin-basierten Chemotherapie konnte die Überlebenszeit damals immerhin von nur 3,6 auf 6,5 Monate verlängert werden – in den nächsten Jahren konnte dann durch moderne Chemotherapie-Protokolle ein Überleben von etwa zehn Monaten erreicht werden.

Mit neuen Erkenntnissen aus der Tumorbiologie sind dann ganz neue Therapie-Targets hinzugekommen. Mit EGFR-aktivierenden Mutationen (etwa 20% der Patienten), EML4-ALK-Translokationen (4,1%) und ROS-1-Fusionen (1,5%) kennt man heute drei wichtige Treibermutationen des NSCLC. Hinzu kommen zahlreiche weitere Targets, zu denen auch die Krebsimmuntherapie gehört.

Therapie bei Patienten ohne Treiber-Mutation

Bei Nicht-Plattenepithel-Karzinomen lässt sich bei Platin-basierten Erstlinienprotokollen durch Zugabe des VEGF-Antikörpers Bevacizumab ein deutlicher Überlebensvorteil erreichen. Bevacizumab ist bei diesen Patienten daher heute Standard in der Erstlinientherapie. Der EGFR-Inhibitor Necitumumab ist bei metastasierten Plattenepithelkarzinomen der Lunge in Kombination mit den Zytostatika Gemcitabin und Cisplatin zugelassen – dabei anders als z.B. die Kinase-Inhibitoren Erlotinib, Afatinib und Gefitinib unabhängig vom EGFR-Mutationsstatus.

Treiber-Mutations-Status schon vor Erstlinientherapie bestimmen

Der Treiber-Mutationsstatus (ALK und EGFRmut) sollte möglichst schon vor der Erstlinientherapie bekannt sein, so der Pathologe. Bei Nachweis einer EML4-ALK-Translokation profitieren die Patienten von einer Therapie mit Crizotinib, die das progressionsfreie Überleben (PFS) hier deutlich verlängern kann. Weitere Therapieoptionen bei ALK-positivem NSCLC sind Alectinib und Ceritinib, mit denen sich auch in der Zweitlinie noch hohe Ansprechraten erreichen lassen.

Bei Nachweis einer EGFR-Mutation stehen mit Erlotinib, Afatinib und Gefitinib heute drei Therapeutika zur Verfügung, die z. T. auch in Kombination mit Bevacizumab bereits breit eingesetzt werden. Hat sich eine T790M-Resistenz entwickelt, lohnt sich noch eine Therapie mit Osimertinib. Vor der Therapie ist hier immer ein Nachweis dieser Resistenz-Mutationen erforderlich.

Immuntherapie für Patienten ohne Treibermutationen

Die Immuncheckpoint-Blockade ist heute eine weitere Option für NSCLC-Patienten ohne Treiber-Mutation. Zugelassen ist in der Zweitlinientherapie des NSCLC heute bereits Nivolumab – Pembrolizumab (bei Patienten mit PD-L1-Expression) wird in Kürze folgen. Neben der Expression von PD-L1 auf Tumorzellen, könnte auch die Expression auf Immunzellen eine Rolle spielen, die je nach Tumorentität deutlich höher ist als im Tumorgewebe selbst, sagte Prof. Dr. Wilko Weichert vom Institut für Pathologie an der TU München. Dies gilt insbesondere  für das Blasenkarzinom – hier ist die Immunzellinfiltration ein wichtiger Prädiktor für das Ansprechen auf Immuncheckpoint-Inhibitoren wie Atezolizumab.

Die Assaykonkordanz scheint akzeptabel zu sein, allerdings ist die Interobserverkonkordanz bei der Lunge schlecht, was möglicherweise durch die Überlagerung PD-L1-positiver Tumorzellen bedingt ist. In jedem Fall sei hier ein Training vor dem Einsatz solcher Test zwingend erforderlich, meinte der Pathologe.

Hans-Ulrich Schildhaus vom Institut für Pathologie am Universitätsklinikum Göttingen ging auf die ALK-Testung in der klinischen Routine ein. Nach der DGHO-Leitlinien sollten alle Patienten mit Nicht-Plattenepithelkarzinom der Lunge unabhängig vom Raucherstatus und alle Patienten mit Plattenepithelkarzinom, die nie oder nur leicht geraucht haben, vor Beginn der Erstlinientherapie auf ALK und EGFR-Mutationen getestet werden. Dabei sollte die ALK-Testung immer mit einer etablierten und validierten Methode plus Qualitätssicherung erfolgen.

Quelle: 100. Jahrestagung der DGP; Satellitensymposium Roche Pharma “Immuntherapie und Signalweginhibition – Einführung neuer Biomarkeransätze in die klinische Routine”; 21. Mai 2016, Berlin