Zentralregister für Behandlungsfehler gefordert

Das falsche Knie operiert, die falschen Schrauben benutzt oder eine zu hohe Dosis Medikamente gegeben: Bei der Behandlung von kranken Menschen passieren Fehler. Doch die würden zu wenig analysiert,

Das falsche Knie operiert, die falschen Schrauben benutzt oder eine zu hohe Dosis Medikamente gegeben: Bei der Behandlung von kranken Menschen passieren Fehler. Doch die würden zu wenig analysiert, um Lehren daraus zu ziehen, kritisiert die Krankenkasse AOK.

Fast 500 Behandlungsfehler hat die AOK in Bayern im vergangenen Jahr bei ihren Versicherten registriert. Täglich sind das 1,3 Fälle, wie die Krankenkasse am Dienstag in Nürnberg mitteilte. Am häufigsten passieren demnach Fehler in der Chirurgie, der Orthopädie und der Zahnmedizin sowie Kieferchirurgie. Auf alle gesetzlich Krankenversicherten im Freistaat hochgerechnet könne man von rund 1200 Fällen jährlich ausgehen, sagte Dominik Schirmer, Bereichsleiter Verbraucherschutz bei der AOK. Dies seien 3,4 Fälle pro Tag. “Das ist eine Zahl, die erschreckt”, sagte Schirmer.

Seit dem Jahr 2000 hat die Kasse rund 5200 Behandlungsfehler gezählt und knapp 35 000 Versicherte wegen eines vermuteten Behandlungsfehlers beraten. Dies ist für die Betroffenen kostenlos. Die AOK wolle aus diesen Zahlen Lehren ziehen und solche Vorfälle künftig vermeiden. Bisher würden Behandlungsfehler oft tabuisiert und als individuelles Versagen gebrandmarkt, anstatt aus ihnen zu lernen.

Behandlungsfehler müssen einheitlich erfasst werden

“Wir brauchen daher auch dringend ein bundeseinheitliches Zentralregister für Behandlungsfehler”, forderte Schirmer. Es sei nicht sinnvoll, dass Ärztekammern, Krankenkassen und Gerichte hier unterschiedlich zählen. Um den Betroffenen zu helfen, müsse zudem ein Teil der Beweislast zu den Ärzten wandern. Mit etwa 4,3 Millionen Versicherten ist die AOK Bayern die größte Krankenkasse im Freistaat.

Die Betroffene Maria Thamerus schilderte ihren eigenen Fall: Aufgrund eines Fehlers bei einer Bandscheiben-OP im Jahr 2009 ist sie heute querschnittsgelähmt. Die Ärzte verwendeten damals zu lange Schrauben, die das Rückenmark schädigten. “Als ich aus der Narkose erwarte, war ich gelähmt und hatte brutale Schmerzen”, erzählte Thamerus. Sie musste noch mehrmals operiert werden. Erst sechs Jahre später erhielt sie nach einem gerichtlichen Vergleich eine größere Geldsumme.

Zivilprozesse dauerten meist zwei bis drei Jahre, sagte der Fachanwalt für Medizinrecht, Marcel Vachek. Im Fall einer Berufung vergingen weitere ein bis zwei Jahre. Dennoch lohne sich der Streit oft, denn die Höhe der Schmerzensgelder gerade bei schweren Schädigungen steige tendenziell. Außerdem sollten Betroffene nicht zu lange warten, denn sobald ein Behandlungsfehler durch ein Gutachten bestätigt wurde, laufe die Verjährungsfrist von drei Jahren.

Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) teilte mit: “Jeder Behandlungsfehler ist einer zu viel.” Fehler könnten zwar leider nie hundertprozentig ausgeschlossen werden. “Darauf folgen muss aber eine genaue Analyse, um eine Wiederholung zu vermeiden.”

Text: dpa /fw

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