Das Mycobakterium tuberculosis hemmt die NLRP3-abhängige Aktivierung des Inflammasoms

Eine Forschungsgruppe aus Maryland hat eine genetische Besonderheit des Mycobakteriums tuberculosis entdeckt, die es ihm ermöglicht, immunmodulativ auf das menschliche Immunsystem zu wirken. In vorhergehenden Forschungsarbeiten konnten sie zeigen, dass das Mycobakteriums tuberculosis in der Lage ist, die Aktivierung des AIM2-Inflammasoms und die anschließende Pyroptose zu hemmen.

Die Tuberkulose zählt neben Malaria und HIV/AIDS zu den häufigsten Infektionskrankheiten dieser Welt. Global betrachtet fordert die Tuberkulose 1-2 Millionen Menschenleben pro Jahr. Der Weltgesundheitsorganisation zufolge erkranken jährlich 9 Millionen Menschen an dieser Erkrankung. Der häufigste Erreger der Tuberkulose ist das Mycobakterium tuberculosis. Aktuellen Schätzungen zufolge ist ein Drittel der Weltbevölkerung mit dem Mycobakterium tuberculosis infiziert. Die Immunkompetenz des Individuums entscheidet darüber, ob die Erkrankung ausbricht oder das Mycobakterium tuberculosis im menschlichen Körper vorerst unbemerkt bleibt.

Das vermehrte Auftreten resistenter Keime und die TB/HIV-Koinfektion verschärft die aktuelle Tuberkulosesituation. Die Einnahme von TNF-alpha-Blockern kann ebenso zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko für die betroffene Person führen. Als ob dies nicht schon genug ist, besitzt das Mycobacterium tuberculosis die Fähigkeit, sich der angeborenen Immunität des Wirts zu entziehen, indem es verschiedene Makrophagenfunktionen stört. Eine Forschungsgruppe aus Maryland hat eine genetische Besonderheit des Mycobakteriums tuberculosis entdeckt, die es ihm ermöglicht immunmodulativ auf das menschliche Immunsystem zu wirken. In vorhergehenden Forschungsarbeiten konnten sie zeigen, dass das Mycobakteriums tuberculosis in der Lage ist, die Aktivierung des AIM2-Inflammasoms und die anschließende Pyroptose zu hemmen. Dadurch wird ein entscheidender Abwehrschritt des angeborenen Immunsystems gegen das Mycobakteriums tuberculosis ausgeschaltet. Das von den Makrophagen nach der Aktivierung des Inflammasom-Komplexes ausgeschüttete Interleukin-1β (IL-1β) tritt folglich nicht in Kraft. In der vorliegenden erst kürzlich publizierten Studie konnte die Forschungsgruppe zeigen, dass das Mycobakterium tuberculosis zudem in der Lage ist, die Aktivierung des NLRP3-Inflammasoms und die Pyroptose der Wirtszelle zu inhibieren. Diese Entdeckung könnte der Grundpfeiler für eine genbasierte Therapie sein. Mehr dazu im heutigen Beitrag.1,2

Die Welt braucht dringend neue Antituberkulotika

Das Grundverständnis der Interaktionen zwischen dem Mycobakterium tuberculosis und dem menschlichen Immunsystem auf der molekularen Ebene ist die Voraussetzung für die Entwicklung innovativer Therapiestrategien. Die aktuell erhältlichen Antituberkulotika sind in nur 85% der Fälle wirksam. Ein weiteres besorgniserregendes Faktum ist die Zunahme multiresistenter Bakterienstämme. Die Entwicklung genbasierter Therapien für die Tuberkulose ist ein wichtiger Schritt, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und auch zukünftig weiterhin eine Therapie der Tuberkulose gewährleisten zu können. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Die präklinischen Studienergebnisse der Forschungsgruppe um Rastogi S. ebnen diesen Weg der Entwicklung neuer Therapeutika.1

Die zentrale Rolle des Inflammasoms bei der Bekämpfung des Mycobakteriums tuberculosis

Inflammasome sind ein wesentlicher Bestandteil des angeborenen Immunsystems. Bei dem Inflammasom handelt es sich um einen intrazellulären Proteinkomplex, dessen Aufgabe die Überwachung des Zellinneren ist. Dieser zytosolische Multiproteinkomplex ist für die Ingangsetzung von Entzündungsprozessen verantwortlich. Wird das Inflammasom aktiviert, so kommt es zur proteolytischen Spaltung und Sekretion der Zytokine IL-1β und IL-18. Die IL-1β-Produktion erfolgt abhängig von NLRP3, dem Adaptorprotein ASC und der Protease Caspase-1. Die Spaltung des Gasdermin-D induziert die Pyroptose. Diese soll die Ausbreitung intrazellulärer Infektionen verhindern. Das Mycobakterium tuberculosis kann die Funktionalität des Inflammasoms beeinträchtigen und sich so vor dem angeborenen Immunsystem schützen. Die Forschungsgruppe kam zu dieser Beobachtung, nachdem sie eine Makrophagenzelle mit dem Mycobakterium tuberculosis und eine andere Makrophagenzelle mit einer nichtvirulenten Mutante infiziert hat. Diejenigen Makrophagenzellen, die mit dem Mykobakterium tuberculosis infiziert worden waren zeigten eine drastische Abnahme des Inflammasoms. 

Die Serin/Threonin-Kinase PknF hemmt das Inflammasom 

Das Forschungsteam wollte herausfinden, welches spezielle Gen des Genoms des Mycobakterium tuberculosis für die Hemmung des Inflammasoms verantwortlich ist. Hierfür pflanzte sie unterschiedliche verdächtigte Gene in das Genom eines nichtvirulenten Bakteriums ein und infizierte erneut die Makrophagenzelle. Auf diese Weise fanden sie heraus, dass das Gen mit dem Namen PknF für die Hemmung des Inflammasoms in den Abwehrzellen des menschlichen Wirtsorganismus verantwortlich ist. Die Forschungsgruppe hat die Serin/Threonin-Kinase PknF im Mycobakterium tuberculosis identifiziert und deren entscheidende immunmodulative Mitwirkung beim Infektionsprozess nachweisen können. Diese Serin/Threonin-Kinase PknF ist an der NLRP3-Inflammasom-Hemmung beteiligt. Einen Beweis hierfür liefert die PknF-Deletionsmutante des Mycobakterium tuberculosis. Eine Infektion mit dieser Mutante ging in vitro mit einer erhöhten IL-1β-Produktion der Makrophagenzelle einher.1

Referenzen:
1. Rastogi S. et al. (2021). Mycobacterium tuberculosis inhibits the NLRP3 inflammasome activation via its phosphokinase PknF. PLoS Pathog. 2021 Jul 29;17(7):e1009712. 
2. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Tuberkulose.html