Podcast: Das Mysterium der γδ-T-Zellen

"Ein neues gentechnisch modifiziertes Maussystem zur Untersuchung" der Funktion der γδ-T-Zellen ist die Tcrd-GDL-Mauslinie. Im heutigen Beitrag lernen wir dieses Mausmodell kennen und befassen uns mit dem aktuellen Wissenstand zu den γδ-T-Zellen.

Ende Januar haben wir erfahren, dass die γδ-T-Zellen im Mausmodell an der Bekämpfung einer Infektion mit dem Influenza-A-Virus beteiligt sind. In diesem Modell konnten sie sogar durch eine ketogene Diät positiv beeinflusst werden. Im Blog-Beitrag vom 26.02.2019 haben wir bereits die Rolle der γδ-T-Zellen im Kampf gegen Krebserkrankungen kennengelernt. In vitro und in klinischen Studien konnten die γδ-T-Zellen erfolgreich gegen Tumorerkrankungen wie das Lungenkarzinom, das Multiple Myelom und das Prostatakarzinom eingesetzt werden. Die γδ-T-Zellen sind in der Mukosa und in der Haut anzutreffen. Über ihre Funktion ist zum jetzigen Zeitpunkt noch relativ wenig bekannt. Aktuell wird in diesem Bereich intensiv geforscht. "Ein neues gentechnisch modifiziertes Maussystem zur Untersuchung" der Funktion der γδ-T-Zellen ist die Tcrd-GDL-Mauslinie. Im heutigen Beitrag lernen wir dieses Mausmodell kennen und befassen uns mit dem aktuellen Wissenstand zu den γδ-T-Zellen.1

Das schwächste Glied der delta-Kette

Mit Hilfe der Tcrd-GDL-Mauslinie soll das Mysterium rund um die γδ-T-Zellen zukünftig gelüftet werden können. Tcrd ist ein Akronym für "T-cell receptor delta chain". Der T-Zellrezeptor besteht bekanntlich aus zwei Ketten und kommt in zwei Formen vor. Er ist als gamma/delta-T-Rezeptor oder als alpha/beta-T-Zellrezeptor anzutreffen. Die letztere Version kommt mit 95% am häufigsten vor. Die unterschiedlichen Ketten werden von 2 Chromosomen codiert. Das Chromosom 14 codiert die alpha/beta-Ketten und das Chromosom 7 die gamma/delta-Ketten.2 Die delta-Kette des T-Zellrezeptors ist die Zielstruktur für die gentechnische Modifikation des Mausmodells.

Mäuse der Tcrd-GDL-Mauslinie leuchten grün

Die Tcrd-Knock-Out-Mäuse haben einen Gendefekt für die delta-Kette des T-Zellrezeptors. Sie eignen sich daher, um die noch weitestgehend unbekannte Funktion der γδ-T-Zellen zu studieren. Mäuse der Tcrd-GDL-Mauslinie besitzen noch eine weitere Besonderheit. Die γδ-T-Zellen der Tcrd-GDL-Mauslinie exprimieren GFP- und Luziferase-Reportergene sowie den humanen Diphterie-Toxin-Rezeptor. In diesem Mausmodell kann die Funktion der γδ-T-Zellen in vivo und ex vivo untersucht werden. Mit diesem Reportergen-System können intrazelluläre Vorgänge, wie die Signaltransduktion, sichtbar gemacht werden. Die Luziferase ist ein Enzym, welches zur Biolumineszenz führt. Sie katalysiert Sauerstoff und Luciferine zu instabilen Dioxetanen. Sobald diese instabilen Stoffe zerfallen, kommt es zur Biolumineszenz. Im Mausmodell wird das induzierbare Luziferase-Gen bei Bindung seines Liganden aktiviert. Die enzymatische Aktivität der Luziferase kann dann mit einem speziellen Assay bestimmt werden.3,4 Das GFP-Rezeptorgen dient ebenfalls der Visualisierung der γδ-T-Zellen. GFP steht hierbei für "Grün fluoreszierendes Protein". Dieses aus einer besonderen Qualle stammende Protein fluoresziert grün bei Anregung durch blaues oder ultraviolettes Licht. Durch Fusion mit der zu untersuchenden Struktur, kann diese Struktur sogar in lebenden Zellen sichtbar gemacht werden.5 Durch die Expression des humanen Diphterie-Toxin-Rezeptors können γδ-T-Zellen in den Mäusen der Tcrd-GDL-Mauslinie durch Gabe des Diphterie-Toxins in vivo ausgeschaltet werden. Dies liegt daran, dass die γδ-T-Zellen den transgenen Rezeptor für das Diphterie-Toxin tragen. Dies macht sie als einzige Zellen in dem murinen Organismus empfindlich gegenüber der Toxinwirkung.6 Durch die Möglichkeit der Visualisierung und durch diesen Diphterie-Toxin-Rezeptor eignet sich dieses Modell ganz gut für die Untersuchung der Funktion von γδ-T-Zellen. Kommen wir nun zu unserem aktuellen Wissenstand zu der Funktion von γδ-T-Zellen.

γδ-T-Zellen sind janusköpfig

Die γδ-T-Zellen besitzen verschiedene Gesichter, so wie der römische Gott Janus. Wir wissen aus den vorherigen Beiträgen, dass die γδ-T-Zellen unserem Schutz dienen können. Heute lernen wir ein weiteres Gesicht der γδ-T-Zellen kennen. Die gute Seite der γδ-T-Zellen kennen wir ja bereits: γδ-T-Zellen spielen eine wichtige Rolle bei der Infektabwehr. Bereits im Jahr 2010 konnte eine Forschungsgruppe im Mausmodell zeigen, dass γδ-T-Zellen durch ihre Zytokinproduktion wesentlich an der Abwehr einer bakteriellen Infektion mit Staph. aureus im Hautbereich beteiligt sein können. In diesem Mausmodell war die Rekrutierung von Neutrophilen zum Läsionsort Interleukin-17-abhängig. Weitere Studien legen folgendes nah: Die Interleukin-17-produzierenden γδ-T-Zellen könnten die Hauptquelle der proinflammatorischen Zytokine IL-17A und IL-17F sein. Diese Zytokine spielen eine wichtige Rolle bei der Abwehr von oberflächlichen Mykosen und bakteriellen Infekten.7-12 Vor etwa 2 Jahren fand die Forschungsgruppe um Kohlgruber heraus, dass IL-17A-produzierende γδ-T-Zellen an der Regulation der Homöostase des Fettgewebes und an der Thermogenese beteiligt sind.13 IL-17-produzierende γδ-T-Zellen können jedoch auch an der Pathogenese von Autoimmunerkrankungen beteiligt sein, wie der autoimmunen Enzephalomyelitis, der Psoriasis und der Spondylarthritis.14-17 Das wäre dann die andere Seite der Janus-Münze. Wer mehr über IL-17A erfahren möchte, kann dies gerne im Beitrag vom 13.02.2019 nachlesen.

Referenzen:
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3. https://www.jax.org/strain/002120
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