Der lange Weg zum Zikavirus-Impfstoff

Das kongenitale Zika-Syndrom umfasst die Mikrozephalie, Veränderungen der Augen, eine redundante Kopfhaut, eine angeborene Gelenksteife sowie eine Klumpfuß-Fehlbildung. Im März 2015 gelangte das Virus zu trauriger Berühmtheit über die Zikavirus-Epidemie in Südamerika. Im März 2020 wurde eine wissenschaftliche Studie publiziert, die verschiedene Dosierungen einer optimierten Version eines ganz bestimmten Zikavirus-Impfstoffkandidaten untersucht hat.

Das kongenitale Zika-Syndrom umfasst die Mikrozephalie, Veränderungen der Augen, eine redundante Kopfhaut, eine angeborene Gelenksteife sowie eine Klumpfuß-Fehlbildung. Im Jahr 2013 begann sich das Zikavirus von Brasiliens Nordosten aus in die Karibik und nach Lateinamerika hin auszubreiten. Im März 2015 gelangte das Virus zu trauriger Berühmtheit über die Zikavirus-Epidemie in Südamerika.1,2 Dort führte das Virus bei den ungeborenen Kindern schwangerer Frauen zum kongenitalen Zika-Syndrom, dass vor allem durch die ausgeprägte Mikrozephalie auffiel.3 Bis Anfang Juli 2016 wurden im Nordosten Brasiliens insgesamt 8300 Verdachtsfälle von Mikrozephalie aktenkundig gemacht. 5171 dieser Fälle wurden genauer untersucht. Bei rund einem Drittel dieser Fälle bestätigte sich die Mikrozephalie. Bei 15,4 % waren serologische Biomarker einer Zikavirus-Infektion nachweisbar gewesen.4

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Zikavirus auch nach Europa ausbreitet?

In Europa wurden bisher -vor gut über einem Jahr- nur zwei Zikavirus-Infektionsfälle in Südfrankreich gemeldet. Die beiden betroffenen Personen zeigten eine klinische Symptomatik, die zu einer akuten Infektion mit dem Zikavirus passt. Das klinische Bild bestand aus Fieber, Asthenie, retroorbitalen Schmerzen und Hautausschlag. Dennoch wird die Gefahr weiterer vektorbasierter Zikavirus-Übertragung in Europa als eher gering erachtet. In Deutschland kam es im Jahr 2016 zudem auf sexuellem Wege zum ersten Mal zu einer autochthonen Übertragung des Zikavirus. Das Genom des Zikavirus kann selbst 62 Tage nach Infektion in der Samenflüssigkeit nachgewiesen werden, wobei vermutet wird, dass es vor allem in den ersten 41 Tagen zu einer Infektion bei der Sexualpartnerin bzw. beim Sexualpartner führen kann.5,6 

Das Zikavirus wird vor allem über seinen Hauptvektor, die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) übertragen. Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) kommt in Süddeutschland vor und könnte auch in der Lage sein das Zikavirus zu übertragen. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist jedoch aktuell sehr gering und muss noch weiter untersucht werden. Die Kompetenz europäisch ansässiger Asiatischer Tigermücken zur Übertragung des Zikavirus wird als minimal eingeschätzt.7,8,9

Woher stammt eigentlich das Zikavirus?

Das Zikavirus wurde erstmalig in Uganda im Zika-Wald im Jahr 1947 aus seinem natürlichen Wirt, dem Rhesusaffen isoliert. Das Zikavirus besitzt ein einzelsträngiges RNA-Genom, dass durch ein membranumhülltes Kapsid geschützt ist. Es besitzt eine geringe Stabilität gegenüber Desinfektionsmitteln. Im Jahr 2007 und 2008 wurde erstmalig von Zikavirus-Epidemien auf der mikronesischen Yap-Insel berichtet. Die asiatische Linie des Zikavirus breitete sich von dort aus und gelangte schließlich nach Südamerika.10,11

Ein ganz besonderes Virus

Bei 70-80% der Patientinnen und Patienten zeigt sich ein asymptomatischer Verlauf einer Infektion mit dem Zikavirus. Das klinische Bild einer Zikavirus-Infektion kann aus einer nicht purulenten Konjunktivitis, einem Hautausschlag sowie Schmerzen im Bereich des Kopfes, der Muskeln oder auch der Gelenke bestehen. Diese Symptomatik kann 3-12 Tage nach erfolgtem Mückenstich auftreten. Anders sieht es aus, wenn sich eine Frau, die im ersten Trimenon schwanger ist mit dem Zikavirus infiziert. Die durch dieses Virus hervorgerufenen Fehlbildungen bei Embryonen/Föten führten im Jahr 2016 dazu, dass die Weltgesundheitsorganisation die gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite erklärte. 2017 wurde dann eine Abnahme an Zikavirus-Erkrankungsfällen beobachtet. Dies könnte mit einer zunehmenden Immunität in der südamerikanischen Bevölkerung zusammenhängen.3 

Das Zikavirus besitzt eine weitere Besonderheit: Es zeigt im Gegensatz zu anderen Flaviviren einen Neurotropismus. In einigen Fällen wurde von Spätfolgen einer Zikavirus-Infektion in Form des Guillain-Barré-Syndroms sowie anderer neurologischer Erkrankungen berichtet.12,13

Welche Zikavirus-Impfstoffkandidaten werden aktuell erforscht?

Im Mausmodell und im nicht-humanen Primatenmodell riefen verschiedene Impfstoffkandidaten eine protektive Antikörperantwort gegenüber dem Zikavirus hervor. Hierzu zählt ChimeriVax-Zika von Sanofi Pasteur. Am Menschen untersucht wurde der DNA-Impfstoffkandidat von Inovio und dem National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) Vaccine Research Center (VRC, NIH) sowie eine gereinigte Formaldehyd-inaktivierte Vakzine von Walter Reed Army Institute of Research (WRAIR).14-19

3 erfolgreiche Phase-I-Studien und ein optimierter Impfstoffkandidat

Im März 2020 wurde eine wissenschaftliche Studie publiziert, die verschiedene Dosierungen einer optimierten Version eines ganz bestimmten Zikavirus-Impfstoffkandidaten untersucht hat. Bei dem Impfstoffkandidaten handelt es sich um eine gereinigte Formaldehyd-inaktivierte Vakzine, welche mit Aluminiumhydroxid als Adjuvans versehen ist. In insgesamt 3 Phase-I-Studien wurde dieser Zikavirus-Impfstoffkandidat vor seiner Optimierung als erster seiner Generation getestet. In allen 3 Phase-I-Studien zeigten sich hohe Serokonversationsraten nach Immunisierung mit dem neuen Impfstoffkandidaten bei den erwachsenen freiwillig teilnehmenden Personen. Zuvor war dieser an Mäusen und Rhesusaffen getestet worden. Der Impfstoffkandidat wurde gut toleriert und zeigte neutralisierende Antikörpertiter von 92%. Dieser Impfstoffkandidat, der durch das Forschungsinstitut der Walter Reed Army entwickelt wurde, wurde anschließend durch Sanofi Pasteur verbessert.18-20 Der optimierte Impfstoffkandidat zeigte ebenfalls eine robuste Antikörperantwort nach Immunisierung in immunkompetenten Mäusen. Er war damit in der Lage die Mäuse vor einer Infektion mit dem Zikavirus zu schützen.21

Im kommenden Beitrag erfahren wir, ob der optimierte Zikavirus-Impfstoffkandidat im non-humanen Primatenmodell erfolgreich war.

Referenzen:
1. Krauer F. et al. (2017). Zika virus infection as a cause of congenital brain abnormalities and Guillain-Barre Syndrome: systematic review. PLoS Med. 14, e1002203.
2. Lanciotti R. S. et al. (2016).  Holodniy, M., Saavedra, S. & Signor Ldel, C. Phylogeny of Zika virus in western hemisphere, 2015. Emerg. Infect. Dis. 22, 933–935 (2016).
3. Lecouturier, V. et al. (2020). An optimized purified inactivated Zika vaccine provides sustained immunogenicity and protection in cynomolgus macaques. npj Vaccines 5, 19.
4. https://www.g-f-v.org/node/438

5. Venturi G. et al. (2016). An autochthonous case of Zika due to possible sexual transmission, Florence, Italy, 2014. Euro Surveill. 2016;21(8):30148. 
6. Turmel JM. et al. (2016). Late sexual transmission of Zika virus related to persistence in the semen. Lancet. 2016 Jun 18;387(10037):2501.
7. Di Luca M. et al. (2016). Experimental studies of susceptibility of Italian Aedes albopictus to Zika virus. Euro Surveill.
8. Aliota MT. et al. (2016). Characterization of Lethal Zika Virus Infection in AG129 Mice [published correction appears in PLoS Negl Trop Dis. 2016 May;10(5):e0004750]. PLoS Negl Trop Dis. 2016;10(4):e0004682. Published 2016 Apr 19.
9. https://www.ecdc.europa.eu/en/news-events/epidemiological-update-second-case-locally-acquired-zika-virus-disease-hyeres-france
10. Gyawal N. et al. (2016).  The global spread of Zika virus: is public and 
11. media concern justified in regions currently unaffected?. Infect Dis Poverty 5, 37.
12. Dick G. W. et al. (1952). Zika virus. I. Isolations and serological specificity. Trans. R. Soc. Trop. Med. Hyg. 46, 509–520 (1952).
13. Cao-Lormeau V. M. et al. (2016). Guillain-Barre Syndrome outbreak associated with Zika virus infection in French Polynesia: a case-control study. Lancet 387, 1531–1539.
14. Dirlikov E. et al. (2018). Clinical features of Guillain-Barre Syndrome with vs without Zika virus infection, Puerto Rico, 2016. JAMA Neurol. 75, 1089–1097.
15. Abbink P. et al. (2018). Zika virus vaccines. Nat. Rev. Microbiol.16, 594–600.
16. Durbin, A. et al. (2017). An update on Zika vaccine developments. Expert Rev. Vaccines 16, 781–787.
17. Giel-Moloney M. et al. (2018). Chimeric yellow fever 17D-Zika virus (ChimeriVax-Zika) as a live-attenuated Zika virus vaccine. Sci. Rep. 8, 13206.
18. Gaudinski M. R. et al. (2018). Safety, tolerability, and immunogenicity of two Zika virus DNA vaccine candidates in healthy adults: randomised, open-label, phase 1 clinical trials. Lancet 391, 552–562.
19. Modjarrad K. et al. (2018). Preliminary aggregate safety and immunogenicity results from three trials of a purified inactivated Zika virus vaccine candidate: phase 1, randomised, double-blind, placebo-controlled clinical trials. Lancet 391, 563–571.
20. Tebas, P. et al. (2017). Safety and immunogenicity of an anti-Zika virus DNA vaccine - preliminary report. N. Engl. J. Med.
21. Lecouturier V. et al. (2020). An optimized purified inactivated Zika vaccine provides sustained immunogenicity and protection in cynomolgus macaques. npj Vaccines 5, 19.
22. Lecouturier V. et al. (2019). Immunogenicity and protection conferred by an optimized purified inactivated Zika vaccine in mice. Vaccine 37, 2679–2686.