Eosinophile Ösophagitis: Pathogenese einer Seltenen Erkrankung

Seltene Erkrankungen sind oft nicht leicht zu diagnostizieren. Im heutigen Beitrag befassen wir uns mit der eosinophilen Ösophagitis. Wir lernen die pathogenetischen Hintergründe kennen sowie die Symptome, die im klinischen Alltag die Warnleuchten anspringen lassen sollten.

Seltene Erkrankungen sind oft nicht leicht zu diagnostizieren. Im heutigen Beitrag befassen wir uns mit der eosinophilen Ösophagitis. Wir lernen die pathogenetischen Hintergründe kennen sowie die Symptome, die im klinischen Alltag die Warnleuchten anspringen lassen sollten.

Epidemiologischer Hintergrund

Die eosinophile Ösophagitis ist eine chronische Erkrankung des Ösophagus. Ihr liegt ihr eine allergische Genese zugrunde. Im letzten Jahrzehnt kam es zu einer regelrechten Epidemie dieser seltenen Erkrankung. Vor allem Kinder und junge Erwachsene sind von ihr betroffen. Der Altersgipfel der eosinophilen Ösophagitis liegt zwischen 30 und 50 Jahren. Männer sind in einem Verhältnis von 3:1 häufiger betroffen als Frauen. Die eosinophile Ösophagitis kann bei Individuen afrikanischen, asiatischen und hispanischen Ursprungs vorkommen, ist jedoch am häufigsten bei Individuen kaukasischer Herkunft anzutreffen. In Europa liegt die Prävalenz für die eosinophile Ösophagitis bei 50/100.000.1

Hand in Hand mit Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis

Allergische Symptome sind den betroffenen Patienten nicht unbekannt: Sie leiden meist zusätzlich an Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis. Meist ist ein bronchiales Asthma, eine allergische Rhinokonjunktivitis oder eine Lebensmittelallergie bekannt. Inwieweit eine atopische Diathese die Voraussetzung für eine eosinophile Ösophagitis darstellt konnte noch nicht ans Licht gebracht werden.1

Dysphagie und Bolusobstruktion

Die eosinophile Ösophagitis wird symptomatisch durch Dysphagie, eine akute Bolusobtruktion, Regurgitation und Sodbrennen. Die betroffenen Patienten berichten oft von thorakalen Schmerzen, welche auch schluckunabhängig auftreten können. Tritt eine eosinophile Ösophagitis bei Kindern auf, so kann sie durch die reduzierte Nahrungsaufnahme zu Wachstumsstörungen führen. Die eosinophile Ösophagitis kann auch bei Säuglingen auftreten, jedoch mit einer unspezifischeren Symptomatik. Die Kleinen haben Bauchweh, ihnen ist schlecht, sie können sogar Erbrechen oder unter Reflux leiden. Bei ihnen ist die Diagnosestellung am schwersten. Dabei ist die esoniophile Ösophagitis die zweithäufigste chronische Ösophagitis.1

EREFS-Score, EoE-Scoring-System und morphologisches Bild

Endoskopisch lässt sich eine ösophageale Eosinophilie darstellen, welche zuvor nicht auf einen Therapieversuch mit Protonenpumpeninhibitoren angesprochen hat. Für den Kliniker ist es wichtig, den EREFS-Score zu kennen mit dem die eosinophile Ösophagitis graduiert und klassifiziert werden kann. EREF steht hierbei für Exsudate, Ringe, Ödem, Furchen und Strikturen. Das sagt schon alles zum endoskopischen Erscheinungsbild dieser seltenen Erkrankung. Zur Diagnosesicherung sollten ≥ 6 Biopsien erfolgen. Zu den histologischen Zeichen zählen eine fibrosierte Lamina propria, eine Papillenelongation, eine Basalzonenhyperplasie sowie durch Eosinophile bedingte Mikroabszesse. Bei der Betrachtung der HE-Färbung (falls es im klinischen Alltag dazu kommt) sollte der Kliniker das EoE-Scoring-System im Hinterkopf haben. Serologisch korreliert die eosinophile Ösophagitis natürlich mit einer Eosinophilie des Blutes.1

Die 3 Kriterien zur Diagnosestellung

Die Diagnose der eosinophilen Ösophagitis wird gestellt, wenn die folgenden 3 Kriterien vorliegen: Ösophageale Dysfunktion, ≥ 15 Eosinophile pro Hauptgesichtsfeld des Mikroskops in mindestens 1 ösophagealen Biopsie sowie eine auf den Ösophagus örtlich begrenzte Eosinophilie. Die eosinophile Ösophagitis ist eine Ausschlussdiagnose. So darf z.B. die auf eine Protonenpumpentherapie ansprechende ösophageale Eosinophilie nicht ätiologisch beteiligt sein.1

Die Pathogenese des "Asthmas des Ösophagus"

Die eosinophile Ösophagitis ist eine chronische, antigenvermittelte Immunreaktion des Ösophagus. Bei genetischer Prädisposition kann die Exposition des Ösophagus gegenüber Aeroallergenen und Nahrungsmittel-Allergenen die Erkrankung in Gang setzen. Der exakte, dahinterstehende Mechanismus ist noch unerschlossen.1

Doch welche Nahrungsmittel stehen denn im Verdacht eine eosinophile Ösophagitis auslösen zu können?

Die "Bad Boys" unter den Lebensmitteln

Milch, Ei, Weizen, Soja, Erdnüsse (aus botanischer Sicht eigentlich eine Hülsenfrucht), Bohnen, Roggen und Rindfleisch. Das mit der Milch ist so eine Sache. Auf dem EAACI Kongress (Symposium: Country roads to allergy prevention) in München hat Prof. Dr. Dick Heederik berichtet, dass der Konsum nicht homogenisierter Milch der Entwicklung von Erkrankungen aus dem atopischen Formenkreis entgegenwirken könnte. Die Studienergebnisse kann man in der GABRIELA Studie2 nachlesen. Wie so oft in der Medizin besteht Kontroversität beim Thema Milch.

GWAS: Ein Blick ins Detail

Zurück zur Pathogenese der eosinophile Ösophagitis. Laut der GWAS (Genome-wide association analysis) wird CAPN14 auf dem Lokus 2p23 bei epithelialen Kontakt mit Interleukin 12 hochreguliert. CAPN14 ist eine calciumabhängige nicht-lysosomale Cysteinprotease, eine Calpain-Protease, welche ubiquitär im menschlichen Organismus vorkommen kann. Viele Erkrankungen beruhen auf einer genetischen Störung von Calpain-Proteasen. Auch das TSLP-Gen (epithelial-derived cytokine thymic stromal lymphopoietin gene) auf dem Lokus 5q22 könnte ursächlich an der Entstehung einer eosinophile Ösophagitis beteiligt sein. Die betroffenen Patienten zeigen oft eine erhöhte TSLP-Expression. TSLP aktiviert dendritische Zellen, deren Funktion die Antigenpräsentation ist. Sie präsentieren naiven CD4-Zellen das Nahrungsmittel-Allergen, wodurch sich die CD4-Zellen in TH1- und TH2-Zellen differenzieren. Die TH1-Zellen wiederum sezernieren Interferon-gamma und TGF-beta. Die TH2-Zellen produzieren eine ganze Menge an Interleukinen (IL-4, IL-5 und IL-13). Das Interleukin-5 ist Hauptverantwortlicher für die Infiltration des Ösophagus mit Eosinophilen. Im Ösophagus angekommen produzieren die Eosinophilen diverse Entzündungsfaktoren. Der Umbau des Ösophagus kommt durch die Wirkung von TGF-beta zustande. Die Folgen sind oft schwerwiegend - Strikturen, ein enges Lumen, und Dysmotilität das Resultat. Die Exposition gegenüber Aeroallergenen scheint ebenfalls pathogenetisch eine wichtige Rolle zu spielen. So konnte die Diagnose öfter in Umgebungen mit hoher Pollen-Belastung gestellt werden.1

Im nächsten Beitrag widmen wir uns der therapeutischen Möglichkeiten.

Referenzen:
1. Ahmed M. et al. (2016). Eosinophilic esophagitis in adults: An update.World J Gastrointest Pharmacol Ther. 2016 May 6; 7(2): 207–213. 
2. Loss. G. et al. (2011). The protective effect of farm milk consumption on childhood asthma and atopy: The GABRIELA study. J ALLERGY CLIN IMMUNOL. doi:10.1016/j.jaci.2011.07.048