Kalorienrestriktion mit erneuter Nahrungszufuhr kann dem Körper schaden

Eine amerikanische Forschungsgruppe hat einige immunologische Besonderheiten des Fastens entdeckt. Sie konnte eine durch das Fasten ausgelöste Umstellung der Leukozytenmigration identifizieren.

Kortikosteron führt zu Zunahme des CXCR4-Chemokinrezeptors

Die Forscher ließen Mäuse für bis zu 24 Stunden fasten, bevor sie ihnen erneut Nahrung zur Verfügung stellten. Sie konnten zeigen, dass das Fasten während der aktiven Phase die schnelle Rückkehr von Monozyten aus dem Blut in das Knochenmark auslösen konnte. Der Wiedereintritt der Monozyten wurde durch die Freisetzung von Kortikosteron gesteuert. Das freigesetzte Kortikosteron ging mit einer Zunahme des CXCR4-Chemokinrezeptors einher. Dieser Regulationsmechanismus erfolgt abhängig von der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA).1 

Entzündungsfördernde Monozyten nach erneuter Nahrungszufuhr im Blut

Die Forschungsgruppe konnte eine Besonderheit des Fastens beobachten: Die Ernährung hatte einen modulierenden Effekt auf die Lebensdauer der Monozyten sowie deren Anpassung an externe Stressfaktoren. Unter Nährstoffmangel stellt das Knochenmark zwar einen sicheren Hafen für Monozyten dar, doch eine erneute Fütterung der Versuchstiere ging mit der Mobilisierung von chronologisch älteren und transkriptionell unterschiedlichen Monozyten einher. Die Zellen, die sich zuvor unter Nährstoffmangel im Knochenmark versteckt hielten, gelangten innerhalb weniger Stunden erneut in den Blutkreislauf. Dies führte zu einem Anstieg von Monozyten und einem daraus resultierenden erhöhten Entzündungsgrad. Die Forschungsgruppe kam zu dem Schluss, dass die Wiederaufnahme von Nahrung zu einer unter Umständen problematisch werdenden Flut von Monozyten im Blut führen kann. Anstatt vor Infektionen zu schützen, besaßen die veränderten Monozyten entzündungsfördernde Eigenschaften. Dies ging mit einer Abnahme der Widerstandsfähigkeit des Organismus gegenüber Infektionen einher.1

Vorteile des Fastens für den Körper

Einige Jahre zuvor hatten sich bereits verschiedene Forschungsgruppen mit den immunologischen Vor- und Nachteilen des Fastens auseinandergesetzt. Es war bekannt, dass Fasten die autoimmunen Prozesse im Körper reduzieren konnte. Damals konnte in wissenschaftlichen Studien beobachtet werden, dass Fastenzyklen mit erneuter Nahrungsaufnahme die Aktivierung hämatopoetischer Stammzellen und die Regeneration von Immunzellen fördern konnten. Darüber hinaus wurde ihnen eine Modulation des Darmmikrobioms und eine Verbesserung der Autoimmunität bei Mäusen zugesprochen. Die Kalorienrestriktion mit gefolgter erneuter Kalorienzufuhr hatte sogar die T-Zell-abhängige Abtötung von Krebszellen gefördert.2

Gefährliches Wasserfasten schädigt den Darm und reduziert die Immunantwort

Die Forschungsgruppe um Nagai et al. konnte 2019 zeigen, dass mehrere und häufige Zyklen des reinen Wasserfastens die normale Immunantwort von Mäusen auf eine orale Immunisierung abschwächen konnte. Dies lag u. a. an einem apoptotisch verursachten Verlust eines großen Teils der Keimzentren und der IgA+ B-Zellen in den Payer's Patches (PPs). Schon damals wusste man, dass Fasten den CXCL13-CXCR5-Signalweg in naiven B-Zellen der PPs und den CCL2-CCR2-Signalweg in Monozyten des Knochenmarks herunterregeln konnte. Auch wusste man, dass eine erneute Fütterung die beiden Signalwege wiederherstellen konnte und in einer größeren Veränderung in der Zellzusammensetzung resultieren konnte. Reine Wasserfasten-Zyklen führten zu einer erhöhten Leakage im Darm und einer Veränderung des Darmmikrobioms. Es konnte beobachtet werden, dass 48-stündiges reines Wasserfasten mit einer reduzierten Mobilisierung von Monozyten nach einer Listerieninfektion oder Wundheilung einhergehen konnte. Die Forscher kamen bereits 2019 zu dem Schluss, dass ein vollständiger Nährstoffmangel das Immunsystems beeinträchtigen konnte.2-6 Wir wissen nun dank der Studie des Forschungsteam um Janssen H. et al., dass nicht nur der vollständige Nährstoffmangel beim Wasserfasten, sondern auch die erneute Nährstoffzufuhr nach 24-stündigen Kalorienrestriktion dem Körper schaden kann.1 

Quellen:
  1. Janssen H. et al. (2023) Monocytes re-enter the bone marrow during fasting and alter the host response to infection, Immunity (2023).
  2. Buono R. et al. (2019). When Fasting Gets Tough, the Tough Immune Cells Get Going-or Die. Cell. 2019 Aug 22;178(5):1038-1040. 
  3. Rangan P. et al. (2019). Fasting-Mimicking Diet Modulates Microbiota and Promotes Intestinal Regeneration to Reduce Inflammatory Bowel Disease Pathology. Cell Rep. 26, 2704–2719.
  4. Nagai M. et al. (2019). Fasting-Refeeding Impacts Immune Cell Dynamics and Mucosal Immune Responses. Cell 178, this issue, 1072–1087.
  5. Jordan S. et al. (2019). Dietary Intake Regulates the Circulating Inflammatory Monocyte Pool. Cell 178, this issue, 1102–1114.
  6. Collins N. et al. (2019). The Bone Marrow Protects and Optimizes Immunological Memory during Dietary Restriction. Cell 178, this issue, 1088–1101.