Podcast: Nie wieder das Ziel aus den Augen verlieren dank synthetischer Immunität gegen Tumorzellen

"Entscheidend für das Funktionieren des Immunsystems ist die Aktivierung von T-Zellen, die auf einem komplexen intrazellulären Signal-Netzwerk beruht." So äußerte sich im Jahr 2009 Wolfgang Schamel im Forschungsbericht des Max-Planck-Instituts für Immunologie und Epigenetik über die entscheidende Funktion der T-Zellen.

Der chimäre Antigenrezeptor als Ortungsgerät des patienteneigenen Immunsystems

"Entscheidend für das Funktionieren des Immunsystems ist die Aktivierung von T-Zellen, die auf einem komplexen intrazellulären Signal-Netzwerk beruht." So äußerte sich im Jahr 2009 Wolfgang Schamel im Forschungsbericht des Max-Planck-Instituts für Immunologie und Epigenetik über die entscheidende Funktion der T-Zellen.1

Doch was tun wir, wenn der Feind Mechanismen entwickelt hat, um vor dem Immunsystem unsichtbar zu bleiben.  Tumorzellen können sich durch Immune-escape-Mechanismen vor den tapferen Kriegern des Immunsystems verstecken. Durch gentechnische Modifikation von patienteneigenen T-Zellen sollen diese Immune-escape-Mechanismen überwunden werden. Aus blind navigierenden T-Zellen werden durch den chimären Antigenrezeptor -als eine Art Ortungsgerät für Tumorzellen- wieder körpereigene Tumorkillermaschinen.2

Was haben feuerspeiende Fabelwesen und der chimäre Antigenrezeptor gemeinsam?

In der Medizin wird ein Organismus, der sich aus genetisch unterschiedlichen Zellen aufbaut, als Chimäre bezeichnet. Diese Bezeichnung hat ihren Ursprung aus der griechischen Mythologie. In der Ilias ist die Chimaira ein feuerspeiendes Mischwesen, welches sich aus drei Tieren- dem Löwen, der Ziege und einem Reptil- zusammensetzt.1 Eine echte Killermaschine sozusagen. Der chimäre Antigenrezeptor spielt die Hauptrolle bei der CAR-T-Zell-Therapie. Durch ihn werden T-Zellen, die bisher die Tumorzellen nicht erkennen konnten zu körpereigenen Killermaschinen. Er ist in gewisser Weise ihr Ortungsgerät bei der Suche nach Tumorzellen. So sollen die gentechnisch modifizierten patienteneigenen T-Zellen nie wieder ihr Ziel aus den Augen verlieren. Diese Modifikation bleibt selbst nach der Zellteilung im Genom der T-Zellen erhalten.2-4

Wie ist denn eigentlich der chimäre Antigenrezeptor aufgebaut?

Wie sein mythologischer Namensgeber setzt sich auch der chimäre Antigenrezeptor aus mehreren Bauelementen zusammen. Die extrazelluläre Bindungsdomäne besteht aus einem künstlich hergestellten Antiköperfragment (single-chain variable fragment). Dieses für die Erkennung der Tumorzellen essentielle Einzelketten Antikörper-Fragment ist über eine Linkerregion und eine verankernde Transmembrandomäne mit dem Zellinneren der T-Zelle verbunden. Im Zellinneren der T-Zelle führt die Bindung eines Tumorantigens durch den chimären Antigenrezeptor zur Ingangsetzung einer intrazellulären Signalsequenz. Diese resultiert in der gewünschten Aktivierung der T-Zellen.4-5

Mit jeder neuen Generation wird die T-Zellaktivierung noch weiter optimiert

Es gibt verschiedene CAR-T-Zelltherapien. Diese unterscheiden sich durch die intrazelluläre Signalsequenz des jeweiligen chimären Antigenrezeptors. Bei dem chimären Antigenrezeptor der ersten Generation erfolgt die T-Zellaktivierung über die auf der Zellinnenseite befindliche Signaldomäne CD3ζ. Bei den chimären Antigenrezeptoren der zweiten und der dritten Generation wird die Signaldomäne CD3ζ mit weiteren Signalstrukturen kombiniert. Diese leiten sich von CD28 oder von CD137 - auch bekannt als 4-1 BB-  ab. Eine Kombination mit dem Induzierbaren Kostimulator (ICOS) dient ebenfalls der Optimierung der T-Zellaktivierung. Hierbei soll die T-Zellaktivierung durch Antigen-Präsentierende-Zellen nachgeahmt werden. Durch eine Kombination mit den Signaldomänen für Zytokinrezeptoren und durch die induzierbare Expression inflammatorischer Zytokine wurden chimäre Antigenrezeptoren der vierten und fünften Generation geschaffen.4-5 Ein wichtiges Problem für die CAR-T-Zelltherapie stellen Antigen-negative Tumorrezidive dar.6

Im nächsten Blog-Beitrag befassen wir uns intensiv mit den klinischen Studien zu den unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien.

Referenzen:
1. https://www.mpg.de/403104/forschungsSchwerpunkt1
2. Paul Dräger (2014). Götter- und Heldensagen. Apollodor.
3. June C. H. et al. (2018). Chimeric Antigen Receptor Therapy. N Engl J Med. 2018 Jul 5;379(1):64-73. 
4. Milotou A. N. et al. (2018). CAR T-cell Therapy: A New Era in Cancer Immunotherapy. Curr Pharm Biotechnol. 2018; 19(1):5-18.
5. Benmebarek M. R. et al. (2019). Killing Mechanisms of Chimeric Antigen Receptor (CAR) T Cells. Int J Mol Sci. 2019 Mar 14;20(6).
6. Boyiadzis M.M. et al. (2018). Chimeric Antigen Receptor (CAR) T Therapies for the Treatment of Hematologic Malignancies: Clinical Perspective and Significance. J. Immunother. Cancer. 2018;5:1–12.