Präventive Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen im Mausmodell

Effektor-Gedächtnis-T-Zellen können für die Entwicklung chronisch entzündlicher Darmkrankheiten pathogenetisch relevant sein. Eine Forschungsgruppe aus Birmingham hat eine Möglichkeit entdeckt, präventiv dagegen vorzugehen. Hierfür kombinierte sie Checkpoint-Inhibitoren der Zellaktivierung und des Zellmetabolismus miteinander. Mehr dazu im heutigen Beitrag.

Im Rahmen von gastrointestinalen Infektionen und Entzündungsprozessen können CD4+ T-Gedächtniszellen entstehen, die gegen das Mikrobiom gerichtet sind. Bei den T-Gedächtniszellen wird zwischen Effektor-Gedächtnis-T-Zellen und zentralen Gedächtnis-T-Zellen unterschieden. Solche Effektor-Gedächtnis-T-Zellen können für die Entwicklung chronisch entzündlicher Darmkrankheiten pathogenetisch relevant sein. Eine Forschungsgruppe aus Birmingham hat mit ihrem wissenschaftlichen Projekt eine Möglichkeit entdeckt präventiv gegen chronisch entzündliche Darmkrankheiten im Mausmodell vorzugehen. Hierfür kombinierte sie Checkpoint-Inhibitoren der Zellaktivierung und des Zellmetabolismus miteinander.Mehr dazu im heutigen Beitrag.

Auf den Metabolismus kommt es an

Verglichen mit den Effektor-Gedächtnis-T-Zellen haben T-Gedächtniszellen einen deutlich langsameren Metabolismus. Treffen T-Gedächtniszellen jedoch auf ein ihnen bekanntes Antigen, so zeigen sich Veränderungen ihrer metabolischen Eigenschaften. Die Zielstrukturen der präventiven Therapie chronisch entzündlicher Darmkrankheiten sind die metabolischen Schlüsselregulatoren mTORC (mammalian target of rapamycin complex) und AMPK (AMP-aktivierte Proteinkinase). Das zuletzt genannte heterotrimere Protein ist ein für biosynthetische Zellvorgänge essentielles Enzym. Es ist mitverantwortlich für die Aufrechterhaltung des Energiehaushaltes durch den Schutz vor einem ATP-Mangel. Die Inhibition dieser Schlüsselregulatoren führt zur Anergie und zum Zelltod. Durch eine gleichzeitige Förderung regulatorischer Prozesse konnte die Forschungsgruppe ihr Ziel –die Prävention chronisch entzündlicher Darmerkrankungen- erreichen.1

Reduktion pathogener CD4+ Effektor-Gedächtnis-T-Zellen auf ein Zehntel

Die parenterale Gabe der beiden metabolischen Checkpoint-Inhibitoren in Kombination mit einem ganz speziellen synthetischen Peptid führte im Mausmodell zur Hemmung der Entstehung einer CD4+ T-Zell-vermittelten Kolitis. Das Besondere an dem synthetischen Peptid war das Vorhandensein multipler Flagellin-T-Zellepitope. Flagellin ist in den bakteriellen Geißeln enthalten. Es ist ein Pathogenitätsfaktor, der auch als H-Antigen oder Geißelantigen bezeichnet wird.

In der Entstehung chronisch entzündlicher Darmkrankheiten spielt die abnorme Immunantwort auf Flagelline des Mikrobioms eine zentrale Rolle. Flagellin ist das immundominante Antigen bei Kolitis. Es setzt sowohl die adaptive als auch die humorale Immunantwort in Gang. Bei Personen mit Morbus Crohn konnte bei über der Hälfte eine serologische Reaktivität gegenüber CBir1 und auch gegnüber anderen Flagellinen beobachtet werden. Dieser serologische Tatbestand geht mit einer klinisch schwereren Verlaufsform einher. Nach parenteraler Gabe der beiden metabolischen Checkpoint-Inhibitoren in Kombination mit dem speziellen synthetischen Peptid konnte Forschungsgruppe innerhalb der intestinalen Lamina propria der Versuchstiere eine Reduktion der pathogenen CD4+ Effektor-Gedächtnis-T-Zellen um den Faktor 10 beobachten.1

Neue serologische Biomarker gehen mit schwerem klinischem Verlauf bei Kindern einher

Die CBir1-Antikörper zählen zu den neuen serologischen Biomarkern bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Bei Kindern konnte beobachtet werden, dass das Vorhandensein von Antikörpern gegen Flagellin mit einem strikturierenden und auch perforierenden Phänotyp des Morbus Crohns assoziiert sein kann. Bei Kindern mit Colitis ulcerosa ist ein hoher CBir1-Antikörpertiter mit einer erhöhten Pouchitisneigung bei Zustand nach ileoanaler Anastomose vergesellschaftet.2

Das Mikrobiom des Menschen steht nicht ohne Grund in der letzten Zeit im wissenschaftlichen Rampenlicht. Es ist essentiell beteiligt an der Gesundheit jedoch auch an der Entstehung von Krankheiten des menschlichen Organismus. Je besser wir das Mikrobiom und seine Funktionen innerhalb des menschlichen Körpers kennenlernen, desto eher können wir Erkrankungen behandeln, bevor diese entstehen.

Im Mausmodell hat die parenterale Gabe der beiden metabolischen Checkpoint-Inhibitoren in Kombination mit einem synthetischen Peptid zu einer deutlichen Reduktion pathogener Effektor-T-Gedächtniszellen geführt. Die bahnbrechenden wissenschaftlichen Ergebnisse der Forschungsgruppe aus Birmingham könnten die Wegbereiter für eine präventive und damit auch lebensverlängernde Therapie chronisch entzündlicher Darmkrankheiten sein. Wir warten gespannt auf weitere Forschungsergebnisse.

Referenzen:
Zhao Q. et al. (2020). CD4+ T cell activation and concomitant mTOR metabolic inhibition can ablate microbiota-specific memory cells and prevent colitis. Science Immunology 11 Dec 2020. Vol. 5, Issue 54, eabc6373.
Hauer A. C. (2020). Labordiagnostik bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Monatsschr Kinderheilk 168, 314-322 (2020).