Asthma: erhöhtes Infektionsrisiko, nicht nur in den Atemwegen

Wussten Sie schon, dass Asthma-Patienten in ähnlichem Ausmaß wie Diabetiker durch ein allgemein erhöhtes Infektionsrisiko – auch außerhalb des Respirationstrakts – gefährdet sind? Wenn ja, wäre interessant zu wissen, woher. Aus der eigenen klinischen Erfahrung?

Wussten Sie schon, dass Asthma-Patienten in ähnlichem Ausmaß wie Diabetiker durch ein allgemein erhöhtes Infektionsrisiko – auch außerhalb des Respirationstrakts – gefährdet sind? Wenn ja, wäre interessant zu wissen, woher. Aus der eigenen klinischen Erfahrung?

Aus der medizinischen Literatur kann es kaum sein, denn es gab bisher nur wenige Studien zu dieser Thematik. Eine größere Bevölkerungsstudie mit solider Evidenz für diese Erkenntnis ist nun hinzugekommen. Präzisierend muss man sagen: Es geht um das infektionsbedingte Hospitalisations- und Mortalitätsrisiko. Der Praxisrelevanz tut das keinen Abbruch, im Gegenteil.

Dänische Kohortenstudie liefert fundierte Evidenz

Dänische Wissenschaftler bezogen in ihre prospektive Kohortenstudie1 105.519 Teilnehmer aus der Kopenhagener Bevölkerung ein. Diese füllten Fragebögen über ihren Gesundheitszustand und Lebensstil aus und wurden bei Studieneintritt körperlich und spirometrisch untersucht. Studienendpunkt waren Infektionen, die zu einer Hospitalisierung führten und anhand der ICD-Kodierung erfasst wurden. Das war bei einer medianen Beobachtungsdauer von sechs Jahren (zwischen 0 und 23 Jahren) bei 11.160 Personen der Fall.

6.750 von ihnen litten laut Selbstauskunft an Asthma. Ihr Infektions- bzw. Hospitalisierungsrisiko war gegenüber Teilnehmern ohne atopische Erkrankung um 44% erhöht. Bei Patienten mit atopischer Dermatitis und/oder allergischer Rhinitis, aber ohne Asthma, war dagegen keine gesteigerte Gefahr feststellbar.

Eine begleitende oder fehldiagnostizierte COPD, Rauchen und das Alter könnten in diesem Kontext als potenzielle Störgrößen für Verzerrungen sorgen. Deshalb differenzierten die Forscher vom Universitätsklinikum Kopenhagen in weiteren Analysen zwischen (Ex-) Rauchern und Nichtrauchern und zwischen einer Asthma-Diagnose vor und nach dem 50. Lebensjahr.

"Frühes" Asthma erhöht nichtrespiratorische Infektgefahr

Bei "frühem" Asthma war das relative Hospitalisationsrisiko (gemäß Hazard Ratio) unter Nichtrauchern gegenüber Personen ohne Asthma oder anderen Atopien folgendermaßen erhöht:

Die Beobachtungen stellten sich über die nach diversen klinischen Parametern stratifizierten Subgruppen hinweg als ziemlich konsistent heraus. Außerhalb der Atemwege traten die Infektionen vor allem an der Haut und in den Harnwegen sowie als Sepsis und Durchfallerkrankungen in Erscheinung.

Ohne Differenzierung in frühe und späte Asthma-Diagnose war nur die Risikoerhöhung bezüglich Infektion allgemein (44%) und Pneumonie (99%) statistisch signifikant.

Beruht der gefundene Zusammenhang vielleicht darauf, dass Patienten mit Asthma bei Infektionen möglicherweise schneller ins Krankenhaus eingewiesen werden? Dagegen spricht, dass auch das Mortalitätsrisiko der tabakabstinenten Asthmatiker erhöht war. Sie liefen zudem stärker Gefahr,  an einer Pneumonie zu versterben. Bei Asthma-Patienten mit Raucheranamnese war die Mortalität gegenüber Nicht-Atopikern aufgrund beliebiger Infektionen (77%), Pneumonie (87%) und nichtrespiratorischer Infekte (62%) jeweils signifikant erhöht.

Asthma und Diabetes: ähnlich starke Risikofaktoren

Nach den Berechnungen der dänischen Autoren ist das Hospitalisationsrisiko aufgrund von Infektionen für Patienten mit Asthma-Diagnose vor dem 50. Lebensjahr ähnlich hoch wie für Diabetiker: 70 vs. 79%, jeweils unter Nie-Rauchern.

Hochgerechnet auf die Bevölkerungsebene (population attributable fractions, PAF) sind laut der Studie 2,2% der infektionsbedingten Krankenhauseinweisungen auf Asthma und 2,9% auf Diabetes zurückzuführen.

Young Juhn von der Mayo-Klinik in Rochester (USA), der ebenfalls zu dieser Thematik forscht, lobt in seinem begleitenden Editorial2 die Studie für ihren Evidenzbeitrag. Die Ergebnisse stehen im Einklang mit der bisherigen (noch überschaubaren) Literatur, wonach mit Asthma ein erhöhtes Risiko für ein breites Spektrum an Infektionen und Inflammationen assoziiert zu sein scheint: etwa mit Keuchhusten, Windpocken als Durchbruchinfektion, Infektionen mit Streptococcus pyogenes, Herpes zoster, ambulant erworbener E. coli-Bakteriämie, Appendizitis, Herzinfarkt, Diabetes mellitus und Rheumatoider Arthritis.

Im Kontext von Asthma und erhöhtem Infektionsrisiko standen bisher vor allem die Pneumokokken im Fokus. Eine retrospektive Koreanische Bevölkerungsstudie mit Abrechnungsdaten offenbarte zuletzt, dass Kinder und Erwachsene mit Asthma dreimal häufiger an invasiven Pneumokokken erkranken. Auch dieses Ergebnis passt mit der dänischen Studie zusammen. Juhn vermutet, dass der Asthma-Einfluss auf die Entwicklung einer Pneumonie deutlich größer sein dürfte als der des Diabetes.

Fazit für die Praxis

Über die pathophysiologischen Mechanismen, die dem erhöhten Infektions- und Inflammationsrisiko bei Asthma zugrunde liegen, ist man sich noch nicht im Klaren. Festzuhalten bleiben die praxisrelevanten Botschaften:

Die erhöhte Infektanfälligkeit bei Asthma sollte man auch differenzialdiagnostisch im Kopf haben. Bei einem Asthma-Patienten liegt es nahe, einen hartnäckigen chronischen Husten dem bekannten Atemwegsleiden zuzuschreiben. Es kann sich dahinter aber auch eine infektiöse, gezielt behandelbare Ursache verstecken.

Referenzen:
1. Helby J et al. Asthma, other atopic conditions and risk of infections in 105 519 general population never and ever smokers. J Intern Med 2017;282:254-67. doi:10.1111/joim.12635.
2. Juhn YJ. The health threats to people with asthma through asthma-associated infectious disease comorbidities are largely under-recognized. J Intern Med 2017;282:268-71. doi:10.1111/joim.12650