Chronischer Husten oder Belastungsdyspnoe: Frühzeitig zum Pneumologen!

Werner K. (52) kommt wegen folgender Beschwerden in die pneumologische Praxis: "Ich huste seit acht Wochen, meist kommt dabei schleimig-gelbliches Sekret heraus. Früher war ich immer sportlich, kann mich aber nicht mehr richtig belasten. Ich habe zweimal ein Antibiotikum bekommen, das hat immer nur ganz kurz gewirkt." Kommt Ihnen das bekannt vor?

Werner K. ist selbständiger Gastronom und 52 Jahre alt. Er kommt wegen folgender Beschwerden in die pneumologische Praxis: "Ich huste seit acht Wochen, meist kommt dabei schleimig-gelbliches Sekret heraus. Eigentlich war ich früher immer sportlich, in letzter Zeit kann ich mich aber nicht mehr richtig belasten. Ich habe zweimal ein Antibiotikum bekommen, das hat immer nur ganz kurz gewirkt."

"Eigentlich war ich früher immer sportlich"

Kommt Ihnen ein solcher Patient bekannt vor? Vermutlich. Auch die Anamnese ist durchaus typisch: Bisher sind dem Mann keine besonderen Krankheiten aufgefallen. Mit 15 Jahren hat er mit dem Rauchen angefangen, aktuell sind es 10 Zigaretten am Tag, früher waren es mehr. Insgesamt dürfte es sich so um die 40-50 Packungsjahre handeln. Der Vater war lungenkrank und hat auch geraucht. Als Bedarfsmedikation hat Herr K. einen Inhalator mit SABA/SAMA-Kombination erhalten.

Die Diagnostik:

Ein klassischer COPD-Patient. Da stellen sich zwei Fragen, wobei mit der zweiten Frage im Prinzip schon die erste beantwortet wird: Warum kommt der Patient so spät in die (pneumologische) Praxis? Und warum hat er so wenig Beschwerden – angesichts der dürftigen Lufu-Werte, die einem fortgeschritten GOLD-Schweregrad (II-III) entsprechen?

Die COPD-Behandlung ist komplex

Die dritte Frage lautet natürlich: Wie vorgehen? Der Berliner Pneumologe Dr. Thomas Schultz empfiehlt:

Mit Schritt 4 sollte man nicht unbedingt anfangen, auch wenn es eigentlich naheliegt. Bei erhobenem Zeigefinger besteht immer die Gefahr, dass der Patient nicht wiederkommt. Dagegen sorgt die Verordnung eines geeigneten Inhalators zur Dauertherapie für einen erhöhten Atemfluss und damit auch für erhöhte Chancen, den Patienten wiederzusehen.

Im beschriebenen Fall, den Schultz im Rahmen eines Industrie-Pressegesprächs präsentierte, wurde nach drei Monaten unter dualer Bronchodilatation mit einer LABA/LAMA-Kombination ein um 400 ml höherer FEV1-Wert gemessen.

Die COPD-Behandlung ist jedoch bekanntermaßen komplexer als dem Patienten einen neuen Inhalator in die Hand zu drücken. Sie sollte es zumindest sein. Ziele sind die langfristige Stabilisierung, die Erhöhung der Lebensqualität, die Vermeidung von Exazerbationen und die Verlängerung der Lebensdauer.

Körperliche Aktivität ist ein entscheidender Prognosefaktor

Die Verordnung einer geeigneten Medikation ist nur der erste, wenngleich ein wichtiger Schritt. Er dient nicht nur der Linderung akuter Beschwerden, sondern auch der statischen und dynamischen Lungenentblähung – als Voraussetzung für mehr körperliche Aktivität des Patienten in seinem Lebensalltag. Dabei können smarte Schrittzähler und mobiles, App-basiertes Telecoaching helfen. Mehr Bewegung heißt weniger Exazerbationen, weniger Rehospitalisationen und weniger Todesfälle. Erst dann wird die Behandlung auch wirklich prognosefördernd. 

Die größte Abnahme an Aktivität erfolgt bei COPD-Patienten laut Studienerkenntnis schon beim Übergang vom GOLD-Stadium II zu III, wenn es – wie im geschilderten Fall – noch keine starken Symptome gibt. Eine dänische Bevölkerungsstudie hat gerade gezeigt, dass das Risiko für Exazerbationen und Pneumonien bereits bei noch unentdeckten, asymptomatischen COPD-Patienten erhöht ist.

Medikation und Motivation gehören zusammen

Umgekehrt können bei niedrigem Aktivitätslevel schon kleine Schritte relevante Veränderungen zum Positiven bewirken. Je früher die Diagnosestellung und die Interventionen erfolgen, desto besser. Medikation und Motivation des Patienten gehören dann zusammen:

Eine verbesserte Motivation zur Überweisung wünschte sich Schultz als Pneumologe von den Hausärzten, die 80 Prozent der COPD-Patienten behandeln (ob nun diagnostiziert oder nicht): Sie sollten sich beim Differenzieren einer Atemwegserkrankung auch mal den Rat des Facharztes einholen und die (potenziellen) COPD-Patienten "doch mal frühzeitig" schicken. "Haben Sie keine Angst vor der Wegnahme des Patienten, die Weiterbehandlung kann ggf. auch wieder in der Hausarztpraxis erfolgen."

Abkürzungen:
GOLD = Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease
LABA = langwirksames Anticholinergikum
LAMA = langwirksamer Beta-2-Agonist
Lufu = Lungenfunktionsprüfung
SABA = kurzwirksamer Beta-2-Agonist
SAMA = kurzwirksames Anticholinergikum
VC = Vitalkapazität

Referenz:
Schultz T. COPD: Therapie, Lungensport und TheraKey in der Praxis. Vortrag im Rahmen eines Sommerworkshops der Berlin-Chemie AG. Berlin, 29.08.2017.