COVID-19-Impfung bei Immunsuppression bei chronisch-entzündlicher Darmerkrankung

In Zeiten der Pandemie ist es besonders wichtig vulnerable Patient:innengruppen zu beschützen. Zwei deutsche Studien behandeln Effektivität und Sicherheit von COVID-19-Impfstoffen bei immunsupprimierten Patient:innen.

COVID-19-Impfung bei Immunsuppression bei chronisch-entzündlicher Darmerkrankung

In Zeiten der Pandemie ist es besonders wichtig vulnerable Patient:innengruppen zu beschützen. Wissenschaftliche Daten zur Effektivität und Sicherheit von COVID-19-Imfpstoffen liegen uns erst seit Kurzem vor. Im heutigen und im kommenden Blog-Beitrag gehen wir, wie letztes Mal versprochen, auf die Inhalte der beiden deutschen Studien zur Effektivität und Sicherheit von COVID-19-Impfstoffen bei immunsupprimierten Patient:innen ein.1

Was erwartet die immunsupprimierten Patient:innen nach einer Immunisierung mit einer mRNA-Vakzine gegen SARS-CoV-2?

Die Forschungsgruppe um Geisen hat erst kürzlich eine Studie zur Effektivität und Sicherheit von mRNA-Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 bei 26 immunsupprimierten Personen publiziert. Die Patient:innen erhielten eine immunsuppressive Therapie aufgrund einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung. Das mediane Alter der überwiegend weiblichen - 64,3% waren Frauen - immunsupprimierten Patient:innengruppe lag bei 50,5 Lebensjahren. Die Kontrollgruppe bestand aus insgesamt 42 gesunden Personen mit einem medianen Alter von 37,5 Jahren. In der Kontrollgruppe überwog das weibliche Geschlecht mit rund 70%. Zum Baseline-Zeitpunkt sowie 7 Tage nach der Zweitimpfung wurde der Antikörperstatus gegen SARS-CoV-2 erhoben. Bisher war unklar gewesen, ob immunsupprimierte Personen ausreichend anti-SARS-CoV-2-Antikörper produzieren.1

Bei allen Proband:innen konnten ausreichend hohe anti-SARS-CoV-2-Antikörpertiter gemessen werden

In der vorliegenden Studie konnten bei allen Studienteilnehmer:innen anti-SARS-CoV-2-Antikörper mittels ELISA gemessen werden. Einen wichtigen Unterschied gab es jedoch zwischen den beiden Versuchsgruppen. Die Kontrollgruppe besaß einen signifikant höheren IgG (Immunglobulin G)-Titer. 7 Tage nach der zweiten Immunisierung betrug der anti-SARS-CoV-2-Antikörper-Titer in der Kontrollgruppe im Durchschnitt 2685 (±1102, 793–3840) BAU/ml (Binding antibody units pro milliliter). Bei der immunsupprimierten Patient:innengruppe lag der mittlere anti-SARS-CoV-2-Antikörper-Titer bei 2053 (±1218, 98.2–3840) BAU/ml. Die Signifikanz der Ergebnisse des Gruppenvergleichs ging jedoch verloren als die Forschungsgruppe die beiden Gruppen nach ihrem Altersspektrum in weitere Subgruppen unterteilte und miteinander verglich.1

Kein signifikanter Unterschied der Immuntherapeutika hinsichtlich der anti-SARS-CoV-2-Immunisierung

Das Level der neutralisierenden Antikörper zeigte in der immunsupprimierten Patient:innengruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe etwas geringere Werte. Die hemmende Wirkung lag in der immunsupprimierten Patient:innengruppe bei 87,42% (±17.94, 37-97) und in der Kontrollgruppe bei 96,04% (±1.551, 91–97). anti-SARS-CoV-2 IgA-Antikörper waren bei allen Studienteilnehmer:innen nachweisbar. Die Forschungsgruppe unterteilte die immunsupprimierten Patient:innengruppe in weitere Subgruppen abhängig von ihrem immunsuppressiven Therapeutikum. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Patient:innen, die TNF-Blocker, konventionelle krankheitsmodifizierende Antirheumatika oder Interleukin-17-Hemmer erhielten.1

Milde Nebenwirkungen in beiden Versuchsgruppen

Das Nebenwirkungsprofil der Impfung war in beiden Gruppen vergleichbar gewesen (siehe Tabelle 1). In der immunsupprimierten Patient:innengruppe überwogen milde systemische Reaktionen auf die Immunisierung. Die Patient:innen berichteten von Fatigue und Myalgie. 53,8% der immunsupprimierten Patient:innen litten unter Fatigue. In der Kontrollgruppe waren es hingegen 43,2% der Patient:innen. Ähnlich verhielt es sich mit der Myalgie. Sie kam in der Kontrollgruppe bei 31,6% der Personen vor und in der immunsupprimierten Patient:innengruppe bei 42,3% der Studienteilnehmer:innen. Kopfschmerzen kamen bei 35-38,5% der Proband:innen vor. In beiden Versuchsgruppen berichteten die Patient:innen von Arthralgie.

Eine interessante Beobachtung konnte hinsichtlich des Auftretens von Fieber gemacht werden. In der immunsupprimierten Patient:innengruppe zeigte keine einzige Patientin/kein einziger Patient Fieber. In der Kontrollgruppe hingegen waren 13,5% von dieser Nebenwirkung betroffen. Bei einigen Patient:innen kam es zur Exazerbation eines bekannten Asthma bronchiale, zu Thoraxschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen. Die Daten wurden mittels online-Fragebogen erhoben. Insgesamt kann man sagen, dass es zu keinen schwerwiegenden unerwünschten Effekten nach Immunisierung mit der mRNA-Vakzine gegen SARS-CoV-2 gekommen ist. Auch wurde bei keinem bzw. keiner der Patient:innen ein Schub der zugrundeliegenden Autoimmunerkrankung ausgelöst. In der immunsupprimierten Patient:innengruppe zeigte sich ein stabiler Krankheitsverlauf der zugrundeliegenden autoimmunen Erkrankung.2

Symptome

Gesunde Kontrollgruppe
n=38/42 (%)

Immunsupprimierte Patient_innen
n=26/26 (%)

n

%

n

%

Lokaler Schmerz an der Einstichstelle

25

65,8

17

65,4

Lokale Rötung

2

5,6

2

7,7

Lokale Schwellung

4

11,1

4

15,4

Fatigue

16

43,2

14

53,8

Kopfschmerz

13

35,1

10

38,5

Fieber >38°C

5

13,5

0

0

Fieber>40°C

0

0

0

0

Lymphknotenschwellung

4

10,8

3

11,5

Schüttelfrost

8

21,6

1

3,8

Arthralgie

6

16,2

4

15,4

Myalgie

12

31,6

11

42,3

Andere Nebenwirkung

7

18,4

5

19,2

Notwendigkeit für den Einsatz von nichtsteroidalen Antirheumatika

10

26,3

9

34,6

Tabelle 1: Dargestellt ist das Nebenwirkungsprofil 7 Tage nach Zweitimpfung mit einer mRNA-Vakzine in der Kontrollgruppe und in der immunsupprimierten Patient:innengruppe. (Übersetzung der englischen Originalversion1)

Im kommenden Beitrag lernen wir die Inhalte der Studie um Simon D. kennen und gehen auf die Thematik Hashimoto und COVID-19-Immunisierung ein.2

Referenzen:
1. Geisen U. M. et al. (2021). Immunogenicity and safety of anti-SARS-CoV-2 mRNA vaccines in patients with chronic inflammatory conditions and immunosuppressive therapy in a monocentric cohort. Annals of the Rheumatic Diseases 2021.

2. Simon D. et al. (2021). SARS-CoV-2 vaccination responses in untreated, conventionally-treated and anti-cytokine-treated patients with immune-mediated inflammatory diseases. Ann Rheum Dis Epub ahead of print.