Inflammatorische Zytokine sind maßgeblich an der Immunantwort beteiligt. Doch eine Überproduktion dieser Botenstoffe kann in einer Autoimmunerkrankung resultieren. Körpereigene Strukturen des humanen Organismus werden zur neuen Zielscheibe für ein aus der Kontrolle geratenes Immunsystem.1
Viele Autoimmunerkrankungen gehen mit der Produktion von Autoantikörpern einher:
Autoantikörper |
Lokalisation des Antigens |
Antigen |
Erkrankung |
ACA |
Zytoplasma, Mitochondrien |
Cardiolipin |
Systemischer Lupus erythematodes, Antiphospholipid Syndrom |
ACPA |
Veränderte Proteinstruktur |
Citrullinierte Peptide |
Rheumatoide Arthritis |
ANCA |
Zytoplasma, Mitochondrien |
Myeloperoxidase (p-ANCA) und Proteinase 3 (c-ANCA) |
Vaskulitis, Wegener-Granulomatose |
Anti-Carp |
Veränderte Proteinstruktur |
Carbamyliertes Protein |
Rheumatoide Arthritis |
Anti-centromere |
Nukleus |
Centromer |
Systemische Sklerose/CREST-Syndrome |
Anti-dsDNA |
Nukleus |
dsDNA |
Systemischer Lupus erythematodes |
Anti-histone |
Nukleus |
Histon |
Medikamenten-induzierter Systemischer Lupus erythematodes |
Anti-centromere |
Nukleus |
Centromer |
Systemische Sklerose/CREST-Syndrome |
Anti-dsDNA |
Nukleus |
dsDNA |
Systemischer Lupus erythematodes |
Anti-histone |
Nukleus |
Histon |
Medikamenten-induzierter Systemischer Lupus erythematodes |
Anti-La |
Nukleus |
La Antigen |
Systemischer Lupus erythematodes, Sjögren-Syndrom |
Anti-Ro |
Nukleus |
Ro-RNP Komplex |
Systemischer Lupus erythematodes, |
Anti-Scl-70 |
Nukleus |
Topoisomerase I |
Systemische Sklerose |
Anti-Sm |
Nukleus |
Small nuclear RNP |
Systemischer Lupus erythematodes |
Basalmembran-Antikörper |
Extrazellulär |
NC1-Domäne der alpha3-Kette des Kollagen Typ IV |
Goodpasture-Syndrom |
Lupus-Antikoagulans |
Extrazellulär |
Phospholipide |
Antiphospholipid-Syndrom |
Tabelle 1: Autoantikörper bei Autoimmunerkrankungen (eigene Abbildung modifiziert nach2)
Ein exzessives Zellsterben oder eine ineffektive Beseitigung von apoptotischem Zellmüll kann mit der Freisetzung enormer Mengen an intrazellulären Antigenen einhergehen. Auch molekulares Mimikry oder eine Abänderung der Autoantigene können Initiatoren von Autoimmunerkrankungen sein. In einem aus dem Jahr 2015 stammenden Review wird vermutet, dass autoreaktive B-Zellen spezifisch gegen bestimmte Autoantigene, Toll-like Rezeptor-Liganden, wirksam sind.2 Durch Selbsttoleranzverlust kommt es zur Bildung von Autoantikörper. Diese wiederum aktivieren myleoische Zellen, die für ein proinflammatorisches Milieu sorgen, in welchem eine erneute Selbsttoleranzentwicklung durch B- und T-Zellen fast unmöglich scheint.2
Die Toll-like Rezeptoren (TLR) befinden sich funktionell im Zentrum der angeborenen Immunität. Die TLR befinden sich auf der Zelloberfläche oder der Membran der Endosomen (TLR3 und TLR7-9). Sie sind "Pattern-Recognition"-Rezeptoren (PRRs) und erkennen PAMPs (Pathogen-Associated Molecular Patterns). TLR sind Transmembranproteine, die sich durch unterschiedliche Nutzung von Adaptormolekülen voneinander unterscheiden. Jeder TLR kann einen bestimmten bakteriellen oder viralen Baustein erkennen. Bei TLR-Aktivierung kommt es zur Ausschüttung von Zytokinen. Im Rahmen der Immunreaktion können TLR Fremd- von Selbstantigenen unterscheiden.3
Die inflammatorischen Zytokine besitzen eine Schlüsselposition in der Steuerung von Immunantworten. Eine persistierende und exzessive Produktion von inflammatorischen Zytokinen legt das Fundament für die Entstehung von Autoimmunerkrankungen.
Bei der Entwicklung von modernen Therapieverfahren setzen sich Forschungsgruppen zum Ziel, die inflammatorischen Zytokine zu neutralisieren und ihre Rezeptoren zu blockieren.1 Die hierbei wichtigsten inflammatorischen Antikörper sind Tumor-Nekrose-Faktor α (TNFα), Interleukin-6 (IL-6), IL-23 und IL-17. Ein Review aus dem Jahr 2016 setzt sich damit auseinander, wie eine Dysregulation dieser Zytokine zu Autoimmunerkrankungen führen kann.1
Unter physiologischen Bedingungen führt eine Verletzung/Infektion dazu, dass Keratinozyten, Makrophagen und dendritischen Zellen aktiviert werden und proinflammatorische Zytokine ausschütten. Diese wiederum stimulieren Makrophagen und dendritische Zellen noch mehr Zytokine und Chemokine zu produzieren und heizen die Entzündungsreaktion richtig an. Die Chemokine locken myeloische dendritische Zellen, T-Zellen und Neutrophile an.1
Bei genetischer Prädisposition und dem Vorliegen bestimmter Umweltfaktoren kommt es durch autoreaktive T-Zellen zu unkontrollierter Zytokinproduktion. Eine besondere Rolle haben hier die Typ17-T-Helferzellen.1
Dies ist auch der Fall bei der Psoriasis: Interleukin-6 und TGFβ führen dazu, dass sich naive CD4+ T-Zellen zu Typ17-T-Helferzellen differenzieren. Eine anhaltende TNFα-Produktion aktiviert Makrophagen und Keratinozyten, welche wiederum CCL20 und CCL27 ausschütten und so weitere myeloische dentritische Zellen, Neutrophile und Typ17-T-Helferzellen anlocken. Die myeloischen dendritischen Zellen produzieren IL-23, welches die Pathogenität der Typ17-T-Helferzellen erhöht.1 Das Interleukin-23 hat noch weitere Auswirkungen: Es stimuliert Makrophagen und dendritische Zellen zur TNFα-und IL-1-Produktion und aktiviert γδ T-Zellen. Dies resultiert in einer Ausschüttung von IL-17A, IL-17F, IL-6 und TNFα. Interleukin-17 geht mit einer Produktion von Chemokinen und Zytokinen durch Keratinozyten, Endothelzellen und Fibroblasten einher.
Der ganze Prozess verstärkt sich immer und immer wieder und es kommt zu einer Amplifikation der Entzündungsantwort und zu den für die Psoriasis typischen Hautläsionen. Die Fehlregulierung der TNFα/IL-6/IL-23/IL-17-Signalkaskade spielt eine wichtige Rolle in der Entwicklung autoimmuner Erkrankungen wie der Psoriasis.1
Im nächsten Beitrag setzen wir uns mit verschiedenen Therapiekonzepten, die TLR/TLR-Liganden und inflammatorische Zytokine zur Zielstruktur haben, auseinander.
Referenzen:
1. Lai Y. et al. (2016).Therapeutic antibodies that target inflammatory cytokines in autoimmune diseases. International Immunology, Vol. 28, No. 4, pp. 181-188.
2. Suurmond J. et al. (2015). Autoantibodies in systemic autoimmune diseases: specificity and pathogenicity. J Clin Invest. 125(6):2194-2202.
3. Akira S. et al. (2006). TLR signaling. Curr Top Microbiol Immunol. 311:1-16.