Online Biosensoren bei Diabetes: der erste Glucosesensor

Ein völlig neues Biosensor-Konzept stammt von Professor Adam Heller (USA), der mit seinem Sohn Ephraim den FREESTYLE-online Glucose monitor entwickelt hat.

Ein völlig neues Biosensor-Konzept stammt von Professor Adam Heller (USA), der mit seinem Sohn Ephraim den FREESTYLE-online Glucose monitor entwickelt hat.  

Das System benutzt statt Glucoseoxidase (GOD das PQQ-Enzym Glucosedehydrogenase (GDH). Das Enzym wird durch einen Redox-Mediator auf Osmium-Basis von dem Sensor “abgeschöpft”: die Mediator-Moleküle sind im direkten Kontakt mit dem aktiven Zentrum der GOD und leiten Elektronen von der Glucose über Mediator-Moleküle direkt zum Sensor-Chip. 

 

Neu ist, dass man das Biosensor-Signal über eine App eines normalen  Handys  ablesen kann.

Das von der Firma Abbott vermarktete "FreeStyle® Libre"-System ist das einzige System, das derzeit kommerziell erhältlich ist (siehe ausführlich die Arbeit von Dr. Wolfgang Rank, 2017). 

 

Ein Bild, das Elektronik enthält.Automatisch generierte Beschreibung

Das Mess-System besteht aus zwei Hauptkomponenten: einem Lesegerät sowie einem Einweg-Sensor, der aber nur alle 14 Tage gewechselt werden muss. Der Sensor hat einen Durchmesser von 35mm, ist 5mm hoch, bei einem Gewicht von 5g. An der zum Körper gewandten Seite befindet sich eine Klebe-Folie, die den Sensor auf der Haut befestigt und im Zentrum eine kleine, flexible Sensornadel, die im Interstitium der Haut zu liegen kommt. 

Er wird durch die Patient:innen selbst auf die Rückseite des Oberarms mit einer Applikationshilfe angebracht. 

Nach dem Starten eines neuen Sensors mit Hilfe des Lesegeräts zeigt dieser nach 60 Minuten den ersten Glucosewert an. Der Messbereich für die interstitielle Glukose liegt zwischen 40 und 500mg/dl. Der Sensor kann 14 Tage lang verwendet werden, danach stellt er automatisch seine Funktion ein und muss ersetzt werden. Das Datenspeichervolumen des Sensorkörpers ist auf 8 Stunden begrenzt (bei automatischer Speicherung des Glukosewertes alle 15 Minuten). Somit muss der Sensor für eine vollständige Blutzuckerverlaufskurve wenigstens alle 8 Stunden abgelesen werden, um die gespeicherten Daten vollständig auf das Lesegerät zu übertragen. Der minimale Zeitabstand, in dem der Sensor gescannt werden kann und ein neuer Wert verfügbar ist, beträgt 3 Minuten. Das Lesegerät ist ein wenig größer und schwerer als aktuell verfügbare Blutzucker-Messgeräte. Ein Lithium-Ionen-Akku liefert Strom für bis zu einer Woche, die Speicherkapazität umfasst 90 Tagesverläufe. Danach werden alte Daten zugunsten neuer automatisch überschrieben. Mittels Micro-USB-Kabel lassen sich die Daten auf einen Computer übertragen und durch eine spezielle Software grafisch darstellen. Der Glucosespiegel kann in mg/dl oder in mmol/l angezeigt werden.

Der Biosensor wird mit dem Lesegerät gescannt, indem dieses in einem Abstand von 1-4 cm über den Sensor gehalten wird. Der Sensor sendet nun die gespeicherten Daten an das Lesegerät. 

Die gescannten Daten können nicht nur auf einem Computer, sondern auch auf dem Gerät selbst eingesehen werden.

Eine zusätzliche Funktion ist der Rechner für schnellwirksames Insulin, ein so genannter Bolus-Rechner. Dieses Programm muss von medizinischem Fachpersonal mit Hilfe eines Codes eingeschaltet werden und ermöglicht eine Empfehlung der zu spritzenden Dosis schnellwirksamen Insulins. Dazu muss der Blutzucker durch Fingerstich gemessen werden und anschließend Detailinformationen zum bisherigen gespritzten Insulin angegeben werden. Daraus wird die empfohlene Insulindosis berechnet, die gespritzt werden sollte. Man kann sich Detailinformationen anzeigen lassen, aus denen hervorgeht, wie sich die errechnete Dosis zusammensetzt. Einkalkuliert werden hier der aktuelle Blutzuckerspiegel, Mahlzeiten, und noch vorhandenes Insulin im Körper. Diese Empfehlung kann durch den/die AnwenderIn manuell korrigiert werden. Die Verwendung des Rechners setzt eine invasive Blutzuckermessung innerhalb der letzten 15 Minuten voraus. Bei einem Blutzuckerspiegel von < 60mg/dl kann der Bolusrechner nicht verwendet werden. 

Einige Funktionen sind nur durch das betreuende medizinische Fachpersonal einzustellen oder anzuwenden, da diese durch einen Code geschützt sind. 

Das System ist dafür konzipiert, die invasive kapilläre Blutzuckermessung außer in Ausnahmefällen grundsätzlich ersetzen zu können. 

 

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Bild: Der Autor RR im Selbstversuch,  mit seiner Kollegin Dr. cand. med Susanne Kreimer und dem Biochipsensor 

Ich selber habe den Biochip auf meiner Haut befestigt, der einen Monat lang in meiner interstitiellaren Flüssigkeit ß-D-Glucose maß. Ein Vergleich mit einem kommerziellen Glucose-Sensor zeigte die Korrektheit der Messungen an. Es gab keine Störungen durch andere redoxaktive Substanzen wie Vitamin C (Ascorbinsaeure). Hochinteressant war zu verfolgen, wie sich die Aufnahme verschiedener Nahrungsmittel auf den Glucose-Wert auswirkte.

Fazit: eine hochinteressante Technologie an der Schnittstelle von Elektronik und Biotechnologie!

Referenzen:
1. Rank, W. (2017): Einfluss der semikontinuierlichen subkutanen Glukosemessung auf das invasive Blutzuckermessverhalten bei PatientInnen mit Diabetes mellitus Typ 1 - eine Pilotstudie - eingereicht von Wolfgang Rank zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.) an der Medizinischen Universität Graz ausgeführt an der Universitätsklinik für Innere Medizin unter der Anleitung von 1. Priv.-Doz. Dr. med. univ. Gerd Köhler 2. Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dr. med. univ. Julia K. Mader
Der Autor RR dankt Dr. Wolfgang Rank und seinen Betreuern herzlich fuer die generösen Nutzungsrechte an dieser Arbeit!
2. Renneberg R, Süssbier  D., Renneberg C. (2.Auflage, 2021) Bioanalytik für Einsteiger: Diabetes, Drogen und DNA, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg