Der Tragödie zweiter Teil – Jeder kennt den Namen, aber nicht jeder weiß, was dahintersteckt: Glyphosat

Als im April 2018 die Erlaubnis zum Zusammenschluss von Bayer und Monsanto bekanntgegeben wurde, sprachen Viele von "schlechten Nachrichten für den Planeten", da beide Unternehmen individuell immensen Schaden an Mensch und Umwelt angerichtet haben. Ein kurzer Abriss.

Als im April 2018 die Erlaubnis zum Zusammenschluss von Bayer und Monsanto bekanntgegeben wurde, sprachen Viele von "schlechten Nachrichten für den Planeten", da beide Unternehmen individuell immensen Schaden an Mensch und Umwelt angerichtet haben. Ein kurzer Abriss.

Geschichte von Monsantos Chemikalien

Monsanto profitierte zum ersten Mal nennenswert im ersten Weltkrieg von der Herstellung des ältesten synthetischen Süßstoffes, Saccharin. Dieses war 1911 vom United States Department of Agriculture verboten worden, doch die Restriktionen wurden aufgrund der Zucker-Knappheit von der Regierung aufgehoben, sodass es Einzug in zahllosen verarbeiteten Lebensmitteln hielt.1

Monsanto expandierte und genoss ein vier Dekaden dauerndes Monopol der PCB‑Produktion (polychlorierte Biphenyle). PCBs wurden seinerzeit als Wunder angesehen: ein Öl, das nicht verbrannte, resistent gegenüber Zersetzung war und fast grenzenlose Anwendungen kannte. Heute gelten PCBs als eine der verheerendsten chemischen Bedrohungen des Planten. Weit verbreitet eingesetzt als hydraulische Flüssigkeiten, Schmiermittel, wasserfeste Beschichtungen, Dichtungsmittel und Kühlflüssigkeiten, gelten sie als potente Karzinogene und werden mit Störungen in Reproduktion, Entwicklung und Immunsystem in Zusammenhang gebracht.1 Das weltweite Zentrum der PCB-Produktion in St. Louis weist die höchste Rate von intrauterinem Fruchttod und Frühgeburten im Bundesstaat auf.2 Tausende Seiten interner Dokumente mit Aufschriften wie "vertraulich – lesen und vernichten", offenbarten später, dass Monsanto sich der tödlichen Effekte vollkommen bewusst war, doch beschloss, dies vor der Öffentlichkeit zu verbergen, wie in zahlreichen anderen Fällen.
Monsanto entsorgte routinemäßig toxischen Abfall in einen Bach bei Anniston und schüttete Millionen Pfunde von PCBs in sickernde offene Müllgruben. 1966 entdeckten Monsanto-Manager, dass Fische, die man in diesen Bach tauchte, sich innerhalb von 10 Sekunden mit dem Bauch nach oben drehten, Blut spuckten und ihre Haut sich ablöste, als ob man sie in kochendes Wasser geworfen hätte. Doch sie beschlossen, dies niemandem mitzuteilen. "Es hat wenig Zweck, zu teuren Extremen zu greifen, um den Austrag zu begrenzen." 1975 zeigte eine Studie des Unternehmens, dass PCBs bei Raten Tumore verursachen. Doch anstatt die Funde anzuerkennen, wies Monsanto an, die Schlussfolgerung von "leicht tumorigen" auf "nicht krebserregend" zu ändern.3

PCBs wurden 1979, nach 50 Jahren, durch die EPA verboten, doch bis dahin waren sie so ubiquitär, dass sie auch heute im Gewebe von Menschen und Wildtieren weltweit zu finden sind.4

1944 wurde Monsanto einer der ersten Hersteller des zur Bekämpfung Malaria-übertragender Moskitos eingesetzten Insektizides DDT. Auch hier wurde, nach breitem Einsatz, festgestellt, dass es hochwahrscheinlich karzinogen ist und 1972 wurde es in den USA verboten.5

Die US­‑Regierung setzte im Vietnam-Krieg die chemische Kriegswaffe Agent Orange der von Bayer und Monsanto gegründeten Firma Mobay ein. Zwischen 1961 und 1971 versprühten die USA über 73 Mio. Liter Chemikalien über Vietnam, um die Vegetation zu zerstören, die den Vietcong-Truppen Deckung gab. Das US‑Militär nahm auch bewirtschaftete Flächen uns Visier, vernichtete Ernten und legte die Produktion und Distribution von Reis lahm. Der Konzern hatte auch hier vorab Kenntnis über die Auswirkungen des Nebenproduktes von Agent Orange, Dioxin, welches die vietnamesische Bevölkerung unmittelbar beeinträchtigte, indem es in die Nahrungskette gelangte. Es verursachte Geburtsfehler und Krebserkrankungen bei geschätzt 2.1 bis 4.8 Mio. vietnamesischen Menschen und die schädlichen Effekte sind noch Jahrzehnte später nachweisbar.1

Eine andere Idee von Monsanto war rBGH (Rinderwachstumshormon), welches ab 1974 zur Steigerung der Milchproduktion verkauft wurde. Leider verursachte es bei den Tieren reproduktive Störungen und eine hohe Mastitis-Rate. Daher wurde dem Hormon eine große Bandbreite von Antibiotika zugesetzt, die in der Milch verblieben und von den Konsumenten aufgenommen wurden. Später ließ sich nachweisen, dass rBGH substanzielle Erhöhungen von Insulin-like Growth Factor 1 verursacht, welches mit Brust- und Prostatakrebs in Verbindung steht. Laut Richard Burroughs, Whistleblower der FDA, unterdrückte der Konzern auch hier Daten, um die Zulassung zu erhalten. Als Burroughs die Manipulationen bemerkte und Monsanto zurück ans Reißbrett schickte, wurde ihm die Verantwortung für das Projekt Stück für Stück entzogen und er wurde schließlich entlassen. Die FDA war später gezwungen, ihn wieder einzustellen, doch bis dahin war das Hormon bereits zugelassen.5

1995 kaufte Monsanto die Firma Searle, welche den kontroversen künstlichen Süßstoff Aspartam patentiert hatte. Obwohl die meisten inzwischen von den ernsthaften gesundheitlichen Gefahren wissen, flutet Aspartam, teils nur unter neuem Namen ("Aminosweet"), weiterhin als Bestandteil tausender verarbeiteter Lebensmittel, Diätprodukte und Softdrinks den Markt.1,6

Bayer: von Aspirin bis Zyklon B

Auch Bayer ging für Profite immer wieder über Leichen.7 Das Unternehmen produzierte Farbstoffe, Pharmaprodukte, Pestizide, Photochemikalien, Sprengstoffe und Giftgase und die Entsorgung giftiger Produktionsabfälle führte zu großen Umweltschäden.

Zum wirtschaftlichen Aufstieg verhalfen ab 1899 nicht nur Aspirin, sondern auch das "Beruhigungsmittel bei Husten", Heroin. Als Wissenschaftler auf das Suchtpotential hinwiesen, forderte der spätere Vorstand Carl Duisberg, die Querulanten "mundtot zu schlagen". Unter seiner Leitung wurden für den ersten Weltkrieg chemische Kampfstoffe produziert, darunter (aber nicht nur) Chlorgas, Phosgen und Senfgas (oder Schwefellost). Duisberg forderte vehement die Deportation von Belgiern als Zwangsarbeiter sowie den Einsatz der Kampfstoffe: "Die einzig richtige Stelle aber ist die Front, an der man so etwas heute probieren kann und auch für die Zukunft nicht sobald wieder Gelegenheit hat, so etwas auszuprobieren. [...] Ich kann deshalb nur noch einmal dringend empfehlen, die Gelegenheit dieses Krieges nicht vorübergehen zu lassen".

Die aus dem Zusammenschluss von Bayer, BASF, Hoechst und einigen kleineren Firmen gegründete IG Farben wurde zu einem der engsten Kollaborateure des Dritten Reiches und war während des zweiten Weltkrieges an einigen der schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte beteiligt. Der Konzern folgte der Wehrmacht in die eroberten Länder und übernahm dortige Chemie-Industrien, Kohlentagebaue und Ölquellen.
Degesch, eine Tochterfirma von IG Farben und Degussa, lieferte das Zyklon B für die Gaskammern. Im Auftrag der IG wurden tödliche Experimente an KZ‑Häftlingen durchgeführt, insbesondere mit Impfstoffen. Otto Ambros, Vorstandsmitglied des Technischen Ausschusses der IG sagte: "Unsere neue Freundschaft mit der SS wirkt sich sehr segensreich aus." Ohne die IG hätte Auschwitz nicht seine Bedeutung als größtes Todeslager der Geschichte erlangen können. Die IG Farben ließen in Auschwitz eine riesige Fabrik von Zwangsarbeitern bauen und im konzerneigenen Konzentrationslager Auschwitz-Monowitz kamen rund 30.000 Zwangsarbeiter ums Leben. Doch Bayer, BASF und Hoechst kamen nach dem Krieg zu einem Wiederaufstieg.7

In den 80ern wurden etwa die Hälfte aller Bluter weltweit mit HIV oder Hepatitis C infiziert, die Mehrheit durch Produkte des Weltmarktführers Bayer. Bestehende Inaktivierungsverfahren setzte der Konzern aus finanziellen Gründen über Jahre nicht ein. Nachdem unbehandelte Blutprodukte in den USA und Europa verboten wurden, exportierte der Konzern die übriggebliebenen Chargen nach Lateinamerika und Asien, was tausende Hämophiler ihr Leben kostete.7

Aus der Giftgas-Forschung stammen auch viele Agrogifte. Mit einem Weltmarktanteil von 20% ist Bayer der zweitgrößte Pestizidhersteller der Welt und damit für einen erheblichen Teil der von der WHO geschätzten 20 Mio. Pestizidvergiftungen jährlich (davon 200.000 letal verlaufend) verantwortlich.

Pharma-Skandale der jüngsten Zeit rankten sich um den Cholesterinsenker Lipobay, dessen Markteinführung trotz interner Warnungen gepusht wurde und der den Konzern über 1 Mrd. Entschädigungszahlungen kostete, sowie orale Kontrazeptiva der Yasmin-Gruppe, deren Einnahme mit einem deutlich erhöhten Thrombose- und Apoplex-Risiko assoziiert ist. Allein in den USA musste Bayer über 1 Mrd. Dollar an Geschädigte und Hinterbliebene zahlen.7

Im Blog letzter Woche gehen wir auf die aktuellen Gerichtsverfahren zu Krebsfällen durch das Herbizid Glyphosat ein und schließen mit der übergreifenden Frage, ob Klagen, Aktieneinbrüche oder Geldstrafen hier zu einer generellen Änderung verhelfen.

Referenzen:
1. How Agro-Chemical Giant Monsanto Has Been Destroying Environment, Human Lives for Decades | Analysis | teleSUR English. Available at: https://www.telesurenglish.net/analysis/How-Agro-Chemical-Giant-Monsanto-Been-Destroying-Environment-Human-Lives-for-Decades-20180419-0013.html. (Accessed: 16th May 2019)
2. The Complete History of Monsanto, ‘The World’s Most Evil Corporation’. Global Research (2019). Available at: https://www.globalresearch.ca/the-complete-history-of-monsanto-the-worlds-most-evil-corporation/5387964. (Accessed: 16th May 2019)
3. Monsanto Hid Decades Of Pollution. Common Dreams Available at: https://www.commondreams.org/headlines02/0101-02.htm. (Accessed: 16th May 2019)
4. PBS : Trade Secrets : PCBs. Available at: http://www.pbs.org/tradesecrets/problem/popup_group_02.html. (Accessed: 18th May 2019)
5. Monsanto’s Hunger Games |. Available at: https://www.thehardtruthmag.com/monsantos-hunger-games/. (Accessed: 16th May 2019)
6. Verbrauchertäuschung: Das giftige Aspartam heißt jetzt auf einmal „Aminosweet“ | connectiv.events. Available at: https://connectiv.events/das-schaedliche-aspartam-heisst-jetzt-aminosweet/. (Accessed: 19th May 2019)
7. CBG - STICHWORT BAYER 04/2013. Available at: http://www.cbgnetwork.org/5416.html. (Accessed: 18th May 2019)