Was gibt es Neues vom ESMO-Kongress 2018?

Unter dem Motto "Den Zugang zu optimaler Versorgung bei Krebs sicherstellen" ging vergangene Woche in München der größte europäische Krebskongress zu Ende. Für alle, die nicht dabei sein konnten, stellen wir hier einige der Highlights vor.

Für alle, die nicht dabei sein konnten, stellen wir hier einige der Highlights vor.

Unter dem Motto "Den Zugang zu optimaler Versorgung bei Krebs sicherstellen" ging vergangene Woche in München der größte europäische Krebskongress zu Ende.

Mechanismen erworbener Resistenzen auf Erstlinien-Osimertinib beim NSCLC

In der Phase‑III-Studie 'FLAURA' zeigte sich Osimertinib bei Patienten mit fortgeschrittenem, therapienaivem, EGFR-mutiertem NSCLC überlegen gegenüber der Standardtherapie mit EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKIs). Am ersten Kongresstag erhielt eine Präsentation besondere Aufmerksamkeit: eine Subgruppenanalyse derjenigen Patienten, die unter Osimertinib einen Tumorprogress erlebten (41% versus 57% unter Gefitinib oder Erlotinib).1,2

Nach Erstlinien-Therapie mit Osimertinib waren die häufigsten erworbenen Resistenzmechanismen eine MET‑Amplifikation (15%) und die EGFR-Mutation C797S (7%), gefolgt von HER2‑Amplifikation und PIK3CA- und RAS‑Mutation (2-7%). Im Vergleichsarm (unter Gefitinib oder Erlotinib) war dagegen die erworbene EGFR‑Mutation T790M am häufigsten (47%). Wie erwartet, ergab sich im Osimertinib-Arm kein Anhalt auf letztgenannte Mutation.
Dies deckt sich mit Daten der ebenfalls beim Kongress vorgestellten Phase‑III-Studie 'AURA3'. Die im Plasma am häufigsten nachweisbaren Mutationen nach Tumorprogress unter Zweitlinientherapie mit Osimertinib waren auch hier die EGFR‑Mutation C797S (15%), MET‑Amplifikation (19%), HER2‑Amplifikation (5%) und PIK3CA‑Mutation (5%).
 

Basierend auf diesen Resultaten hat AstraZeneca eine neue, offene, multi‑drug Studie an Patienten mit Tumorprogress unter Osimertinib bekannt gegeben (Osimertinib Resistance CoHorts, Addressing 1L Relapse Drivers 'ORCHARD').3

Alpelisib + Fulvestrant beim fortgeschrittenen Mammakarzinom

Wo wir eben von Mutationen sprachen: für den Verlauf bei Brustkrebs und auch die Resistenz auf Hormontherapien spielt die Kinase PI3KCA eine Rolle, die bei etwa 40% der Brustkrebs-Patienten aktivierende Mutationen aufweist. Alpelisib blockiert spezifisch den PI3K‑Signalweg.

Die am zweiten Tag des ESMO-Kongresses präsentierte Phase‑III-Studie 'SOLAR‑1' ist die erste, in der ein PI3K-Inhibitor eine klinisch bedeutsame Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS) bei Patienten mit fortgeschrittenem, Hormonrezeptor-positivem, HER2‑negativem Mammakarzinom erzielen konnte. Patienten, die unter einer Vortherapie mit einem Aromataseinhibitor einen Tumorprogress hatten, erhielten entweder Alpelisib + Fulvestrant oder Placebo + Fulvestrant.

Während sich das PFS bei Patienten mit Wildtyp-PI3KCA zwischen den Therapiegruppen nicht unterschied, zeigten sich Alpelisib + Fulvestrant bei Patienten mit mutiertem PI3KCA überlegen (PFS 11 vs. 5,7 Monate, p = 0,00065). Die Gesamtansprechrate war in diesem Arm ebenfalls höher (36% vs. 16%, p = 0,0002).
Dafür stieg durch Zusatz von Alpelisib die Rate schwerer Nebenwirkungen (≥ Grad 3, 76% vs. 36%) sowie die Rate von Therapieabbrüchen aufgrund von UAWs (25% vs. 4%). 4,5

Radiatio bei neu diagnostiziertem, metastasiertem Prostatakarzinom

Weg vom Mammakarzinom und hin zu einer der relevantesten Tumorentitäten der Männer: am dritten Kongresstag folgte eine spannende Subgruppen-Analyse der Studie 'STAMPEDE'.
Reichlich zweitausend Patienten mit neu diagnostiziertem, metastatischem Prostatakarzinom wurden 1:1 zu Androgendeprivationstherapie oder Radiatio des Primärtumors randomisiert. In beiden Kohorten kam bei vielen Patienten optional Docetaxel zum Einsatz.

Das Gesamtüberleben (OS) nach 3 Jahren unterschied sich insgesamt nicht zwischen den Kohorten (62% im Standard-Arm vs. 65% mit Radiatio). Auch verschiedene Strahlentherapie-Zeitpläne hatten hierauf keine Auswirkung (36 Gy/ 6 Fraktionen/ 6 Wochen oder 55 Gy/ 20 Fraktionen/ 4 Wochen).
Allerdings verbesserte sich bei den 42% der Patienten mit niedriger Metastasenlast (definiert als Fehlen von viszeralen Metastasen oder < 4 Knochenmetastasen) das 3‑Jahres-Überleben (73% vs. 81%, p < 0,007). 6,7

Vorhersage des Therapieerfolges mit Checkpoint-Inhibitoren: Tumormutationslast als prädiktiver Biomarker

Wir schließen (etwa) da, wo wir begonnen haben: beim NSCLC.
Die im Blut oder Gewebe bestimmbare Tumormutationslast (TMB) wird als vielversprechender Prädiktor für den Benefit von PD‑L1-/ PD‑1-Inhibitoren diskutiert. Ein Drittel der Patienten mit NSCLC haben bei Diagnose kein oder nicht ausreichend geeignetes Tumorgewebe für molekulare Analysen. Die Phase‑II-Studie 'B-F1RST' lieferte nun prospektive Daten zur klinischen Eignung der blutbasierten TMB (bTMB).

PD‑L1-unselektierte Patienten mit hoher bTMB (≥ 16) zeigten höhere Ansprech- und Überlebensraten nach Erstlinientherapie mit Atezolizumab bei lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem NSCLC.8,9 Diese Resultate stehen in Einklang mit den Ergebnissen einer Interimsanalyse, weitere Daten folgen jedoch.

Insgesamt gab es auch dieses Jahr wieder viel Spannendes aus einer großen Bandbreite von Themen. Der 44. ESMO-Kongress wird vom 27.9.–1.10.2019 in Barcelona ausgetragen.

Referenzen:
1. Ramalingam, S. S. et al. LBA50Mechanisms of acquired resistance to first-line osimertinib: Preliminary data from the phase III FLAURA study. Ann Oncol 29, (2018).
2. ESMO Congress 2018 | Advances in Precision Cancer Care. epgonline.org Available at: https://www.epgonline.org/global/esmo-2018.html. (Accessed: 28th October 2018)
3. New data on mechanisms of acquired resistance after 1st-line Tagrisso in NSCLC support initiation of ORCHARD trial to explore post-progression treatment options. Available at: https://www.astrazeneca.com/media-centre/press-releases/2018/new-data-on-mechanisms-of-acquired-resistance-after-1st-line-tagrisso-in-nsclc-support-initiation-of-orchard-trial-to-explore-post-progression-treatment-options-19102018.html. (Accessed: 28th October 2018)
4. André, F. et al. LBA3_PRAlpelisib (ALP) + fulvestrant (FUL) for advanced breast cancer (ABC): Results of the phase III SOLAR-1 trial. Ann Oncol 29, (2018).
5. ESMO 2018 | Day 2 highlights (Advances in Precision Cancer Care). epgonline.org Available at: https://www.epgonline.org/uk/blogs/post/esmo-2018-day-2-highlights.html. (Accessed: 28th October 2018)
6. Parker, C. C. et al. LBA5_PRRadiotherapy (RT) to the primary tumour for men with newly-diagnosed metastatic prostate cancer (PCa): Survival results from STAMPEDE. Ann Oncol 29, (2018).
7. ESMO 2018 | Day 3 highlights (Advances in Precision Cancer Care). epgonline.org Available at: https://www.epgonline.org/global/blogs/post/esmo-2018-day-3-highlights.html. (Accessed: 28th October 2018)
8. Primary efficacy results from B-F1RST, a prospective Phase II trial evaluating blood-based tumour mutational burden (bTMB) as a predictive biomarke... | OncologyPRO. Available at: https://oncologypro.esmo.org/Meeting-Resources/ESMO-2018-Congress/Primary-efficacy-results-from-B-F1RST-a-prospective-Phase-II-trial-evaluating-blood-based-tumour-mutational-burden-bTMB-as-a-predictive-biomarker-for-atezolizumab-atezo-in-1L-non-small-cell-lung-cancer-NSCLC. (Accessed: 28th October 2018)
9. B-F1RST Study Evaluates Blood-Based Tumour Mutational Burden as a Biomarker of Atezolizumab Activity in First-Line NSCLC Treatment | ESMO. Available at: https://www.esmo.org/Oncology-News/B-F1RST-blood-based-tumour-mutational-burden-atezolizumab-first-line-NSCLC-Kim. (Accessed: 28th October 2018)