Was Stress in der Schwangerschaft mit Krebs zu tun haben könnte

Perinatale Stresshormone schwächen das Immunsystem und erhöhen das Krebsrisiko des Kindes möglicherweise lebenslänglich.

Perinatale Stresshormone schwächen das Immunsystem und erhöhen das Krebsrisiko des Kindes möglicherweise lebenslänglich.

Stress frühzeitig im Leben, insbesondere in der vorgeburtlichen Phase, hat einen langfristigen Effekt auf die Entwicklung des Organismus und seiner Physiologie. Der biologische Sinn dieses Phänomens liegt in der Anpassung an die zu erwartenden Umwelteinflüsse.
Wie weitreichend die Auswirkungen von perinatalem Stress auf das Immunsystem und dessen Fähigkeit, Infektionen und Neubildungen zu bekämpfen, sein könnten, verdeutlicht eine Anfang März in der Zeitschrift Cell veröffentlichte Arbeit von Forschern der Universität Yale.1,2

Assoziation zwischen perinataler Exposition gegenüber schädlichen Umwelteinflüssen und Störungen im Erwachsenenalter

Verschiedene externe Stressoren führen zur Freisetzung von Glukokortikoiden. Dies veranlasste eine Gruppe von Wissenschaftlern dazu, die physiologischen Veränderungen an Mäusen, die sie intrauterin und kurz nach der Geburt Glukokortikoiden aussetzten, über die gesamte Lebensspanne nachzuverfolgen.
Was sie entdeckten, liefert eine Erklärung dafür, warum sich die Fähigkeit, Infektionen und Tumoren in Schach zu halten, zwischen Individuen so stark unterscheidet.
"Mäuse werden für den Rest ihres Lebens reprogrammiert und neu verdrahtet, auf eine Art und Weise, die sich fundamental von Mäusen unterscheidet, die keinen Glukokortikoiden ausgesetzt waren", erklärt Koautor Ruslan Medzhitov.2 

Stresshormone in frühen Lebensphase eichen die Aktivität der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse

Die exponierten Mäuse zeigten eine ganze Bandbreite von Auffälligkeiten, die erhebliche Konsequenzen für den Rest ihres Lebens hatten. Im Erwachsenenalter waren diese Tiere anfälliger für bakterielle Infektionen als Mäuse ohne Exposition. Auch die Kontrolle des Wachstums von Tumoren war eingeschränkt. 
Eine zentrale physiologische Alteration bei diesen erwachsenen Tieren war eine herabgesetzte Funktion von CD8‑T‑Zellen durch Veränderungen des Chromatins an Schlüsselstellen.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass perinatale Glukokortikoide bleibende krankhafte Veränderungen an der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA‑Achse) hinterlassen und deren Sollwerte verstellen. Dadurch blieben ACTH und Cortisol auch im Erwachsenenalter erniedrigt, was in einer verminderten Aktivität von CD8‑T‑Zellen resultierte.

"In allen Kulturen gibt es Bemühungen, Frauen vor Stress in der Schwangerschaft zu schützen", schließt Medzhitov. "Die Auswirkungen von Stress in frühen Lebensphasen verschwinden nicht einfach wieder."

Referenzen:
1. Hong, J. Y. et al. Long-Term Programming of CD8 T Cell Immunity by Perinatal Exposure to Glucocorticoids. Cell 180, 847-861.e15 (2020).
2. The harmful effects of stress during pregnancy can last a lifetime. ScienceDaily https://www.sciencedaily.com/releases/2020/03/200305132154.htm.