Deep Learning Algorithmen verraten mehr als ein Blick in die Kristallkugel

In Deutschland ist die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) -bei einem Lebensalter von über 50 Jahren- einer der häufigsten Gründe für einen Sehverlust im zentralen Gesichtsfeld. Die demografische Entwicklung wird dazu führen, dass die Anzahl an Personen mit einer AMD noch weiter zunehmen wird.

In Deutschland ist die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) -bei einem Lebensalter von über 50 Jahren- einer der häufigsten Gründe für einen Sehverlust im zentralen Gesichtsfeld. Die demografische Entwicklung wird dazu führen, dass die Anzahl an Personen mit einer AMD noch weiter zunehmen wird. Die verschiedenen Formen und Stadien der AMD benötigen unterschiedliche Therapieansätze. Ein Vorhersagemodell, welches eine präzise Aussage zum Fortschreiten der Erkrankung in die trockene oder feuchte Spätform der AMD treffen könnte, würde eine optimierte Therapiesteuerung im Rahmen der Personalisierten Medizin ermöglichen.

Künstliche neuronale Netze befassen sich mit der ARED-Studie

Der medizinische Fortschritt des 21. Jahrhunderts ist untrennbar verbunden mit der Künstlichen Intelligenz. Die Bilderkennung ist einer der wohl bekanntesten Einsatzgebiete von Deep Learning Algorithmen. Deep Learning Algorithmen sind äußerst lernfähig. Es genügt das Training mittels Big Data. Je größer die Datenmenge ist, desto präziser ist dieses Training der "Deep Neural Networks". Das Dataset der ARED-Studie eignet sich daher optimal als Trainingslab für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Risikostratifizierung der altersbedingten Makuladegeneration. Eine erst kürzlich publizierte wissenschaftliche Studie hat sich mit genau dieser Thematik auseinandergesetzt. Verschiedene Deep Learning Screening Methoden wurden anhand von 116.875 Fundusaufnahmen von insgesamt 4.139 Personen trainiert, die Krankheitsprogression bei Vorliegen einer altersbedingten Makuladegeneration für die nachfolgenden 1-2 Jahre vorauszusagen.1

Der Weg zu den Spätformen der AMD hat 12 ARED-Stufen

Die ersten 9 Stufen der ARED-12-Schweregradskala befassen sich mit der frühen und der intermediären Form der AMD. Die letzten 3 Stufen dieser Skala dienen der Bewertung der Spätformen der AMD. So liegt das Risiko für die Progression einer AMD der Stufe 1 in eine Spätform der AMD für die kommenden 5 Jahre bei rund 2%. Eine AMD der Stufe 9 hingegen ist für den Zeitraum von 5 Jahren mit einem 50%-igen Risiko assoziiert, in eine der Spätformen der AMD überzugehen.1

Das ARED-Trainingslager für KIs

Die verschiedenen Deep Learning Algorithmen wurden darauf trainiert, zu erkennen, ob eine altersbedingte Makuladegeneration (AMD) auf dem Fundusbild vorliegt oder ob es sich um einen Normalbefund handelt. In einem weiteren Trainingsschritt haben die verschiedenen Deep Learning Algorithmen gelernt, eine frühe von einer intermediären sowie von einer fortgeschrittenen Makuladegeneration unterscheiden zu können. Anschließend wurden die Fundusbilder durch die Künstliche Intelligenz anhand der für die Beurteilung einer AMD entwickelten ARED-12-Schweregradskala bewertet. Die so gewonnen Daten wurden in einem weiteren Schritt mit Informationen aus einem soziodemographischen klinischen Datenset sowie mit automatisch extrahierten Bilddaten kombiniert.1

Die Algorithmen des Deep Learning und Machine Learning arbeiten Hand in Hand

In der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit bilden mehrere Deep Learning Netzwerke das erste Modul des Vorhersagemodells.  Die Funktion der ersten Gruppe von Deep Learning Netzwerken ist das Erkennen einer altersbedingten Makuladegeneration auf einem Fundusbild. Eine weitere Gruppe von Deep Learning Netzwerken ist für die Einteilung des vorliegenden Fundusbildes in eine frühe, intermediäre oder späte Form der AMD zuständig. Die Deep Learning Netzwerke orientieren sich bei der Unterteilung der verschiedenen AMD-Formen an der ARED-12-Schweregradskala.

Das Vorhersagemodell erhält seinen Input über dieses aus mehreren Netzwerken bestehende Deep Learning Modul. Das zweite Modul des Vorhersagemodells ist ein Machine Learning Algorithmus. Dieser Algorithmus nutzt den Output des ersten Moduls und kombiniert diese Informationen mit soziodemografischen Daten, um eine individuell angepasste Vorhersage über das Fortschreiten einer frühen oder intermediären AMD in eine späte Form der AMD abgeben zu können. Die Vorhersage bezieht sich auf einen Zeitraum von 1-2 Jahren.

Das Vorhersagemodell der Künstlichen Intelligenz besitzt eine Genauigkeit von über 80%

Das Vorhersagemodell konnte mit einer Genauigkeit von 99,2% das Vorliegen einer AMD sowie die verschiedenen Formen und Stadien der AMD erkennen. Das künstliche neuronale Netzwerk lieferte ein sehr präzises Vorhersagemodell für das Fortschreiten der AMD in die verschiedenen Spätformen für den Zeitraum von 2 Jahren. Diese Vorhersagemodell konnte mit einer Genauigkeit von 86,36% prognostizieren, ob es zu einer Spätform der AMD innerhalb der folgenden 2 Jahre kommen wird. Mit einer Genauigkeit von 66,9% war die Vorhersage für die trockene Spätform der AMD möglich. Die feuchte Spätform der AMD wurde mit einer Genauigkeit von 67,15% vorhergesagt.1

Das Software Tool ,,iPredict-AMD“ ist auf der Webseite von ,,ihealthscreen“ mit dem Nutzernamen "ipredict-amd" und dem Passwort "ipredict#test2019" zugänglich.

Referenzen:
1. Bhuiyan A. et al. (2020). Artificial Intelligence to Stratify Severity of Age-Related Macular Degeneration (AMD) and Predict Risk of Progression to Late AMD. Translational Vision Science & Technology April 2020, Vol.9, 25.