Die okuläre Graft-versus-Host-Disease nach allogener Blutstammzelltransplantation

Im letzten Beitrag haben wir die Anwendung der Amniontransplantation bei ophthalmologischen Problemfällen kennengelernt. Der heutige Beitrag widmet sich der Graft-versus-Host-Disease am Auge.

Im letzten Beitrag haben wir die Anwendung der Amniontransplantation bei ophthalmologischen Problemfällen kennengelernt. Der heutige Beitrag widmet sich der Graft-versus-Host-Disease am Auge.

Bei malignen hämatologischen Erkrankungen stellt die allogene Stammzelltransplantation die einzige potenziell kurative Therapiemethode dar. Besonderes Augenmerk muss hierbei auf die HLA-Übereinstimmung gelegt werden, da sonst eine Graft-versus-Host-Reaktion resultieren kann. Die Graft-versus-Host-Disease ist eine systemische entzündliche Erkrankung und kann in verschiedenen Organen vorkommen wie der Haut, der Lunge, dem Gastrointestinaltrakt, dem Bewegungsapparat und vor allem an den Augen. Hauptmanifestationsorte sind die Haut, die Leber und der Darmtrakt. 40-60% der Patienten, die eine allogene Stammzelltransplantation erhalten haben erleiden eine Graft-versus-Host-Disease.1

Zeit versus Phänotyp

Tritt die Graft-versus-Host-Disease innerhalb der ersten 100 Tage nach allogener Stammzelltransplantation ein, so liegt eine klassische akute Graft-versus-Host-Disease vor. Von einer "late-onset" Graft-versus-Host-Disease spricht man, wenn sie erst nach 100 Tagen nach Transplantation auftritt. Neben diesen beiden Formen gibt es noch die persistierende und rekurrierende akute Graft-versus-Host-Disease. Seit 2005 wird die Graft-versus-Host-Disease laut National Institutes of Health nach ihrem Erscheinungsbild und nicht nur nach ihrem zeitlichen Auftreten definiert. Hierbei wird die akute von der chronischen Form unterschieden. Diese beiden Formen werden in zwei weitere Subkategorien unterteilt. Der National Institutes of Health Consensus unterscheidet die akute von der chronischen Graft-versus-Host-Disease. Zur Diagnosestellung einer chronischen Graft-versus-Host-Disease muss mindestens ein klinisches Zeichen wie z.B. die Keratokonjunktivitis sicca oder Poikilodermie vorliegen, welches durch eine Biopsie oder einen weiteren Test wie z.B. dem Schirmer-Test bestätigt werden soll. Der National Institutes of Health Consensus stellte im Jahr 2005 ein klinisches Scoring-System für die chronische Graft-versus-Host-Disease (0-3) vor, welches der Abgrenzung der verschiedenen Schweregrade der Erkrankung dient. 1,2,3

Welche okulären Veränderungen treten auf?

Rund 40-90% der Patienten mit Graft-versus-Host-Disease zeigen eine okuläre Beteiligung. Die Graft-versus-Host-Disease ist häufig mit ophthalmologischen Beschwerden vergesellschaftet. Eine chronische Benetzungsstörung der Augen kommt häufig vor und geht mit einer ausgeprägten Symptomatik einher. Das klinische Bild wird geprägt von einer Bindehautchemosis in Verbindung mit einer pseudomembranösen oder hämorrhagischen Konjunktivitis. Der Entstehungsprozess des Keratokonjunktivitis sicca ist multifaktoriell. Durch Vernarbung der Bindehaut kommt es zu einem Fehlen der muzinösen Phase des Tränenfilms. Dadurch verdunstet die wässrige Phase des Tränenfilms schneller und das trockene Auge wird symptomatisch. Der Patient klagt häufig über ein Fremdkörpergefühl, Photophobie, eine Visusminderung und brennende Augenschmerzen. Der mit der Krankheit einhergehende destruktive und fibröse Umbau der Tränendrüse trägt ebenfalls zum trockenen Auge bei. Desweiteren kann es auch zu Trübungen im Bereich der Hornhaut, der Linse sowie zu retinalen Blutungen und auch ischämischen Veränderungen der Netzhaut kommen. Das Fundusbild ist in so einem Fall geprägt von Cotton-wool-Herden. Ein Papillenödem kann ebenfalls beobachtet werden. Je nach Schweregrad der Symptomatik kann die okuläre Graft-versus-Host-Disease die Lebensqualität enorm einschränken.1

Immunologische Grundlagen der Graft-versus-Host-Disease

Hervorgerufen wird die Graft-versus-Host-Disease durch Spender-T-Lymphozyten (CD4+ und CD8+). Diese erkennen die Minor- und Major-Histokompatibilitätsantigene des Gewebes des Empfängers als fremd an und schädigen es. Die Spender-T-Lymphozyten zerstören jedoch auch verbliebene maligne Zellen des Empfängers. Um diesen gewünschten Effekt beizubehalten wird auf eine Depletion von T-Lymphozyten aus dem Transplantat verzichtet.1

Die Graft-versus-Host-Disease zeigt einen dreiphasigen Verlauf. Mehr dazu sowie zu Therapieoptionen besprechen wir im kommenden Beitrag.

Referenzen:
1. Munir S. Z. et al. (2017). A Review of Ocular Graft-Versus-Host Disease. Optom Vis Sci. 2017 May;94(5):545-555.
2. Filipovich AH, Weisdorf D, Pavletic S, Socie G, Wingard JR, Lee SJ, et al. National Institutes of Health consensus development project on criteria for clinical trials in chronic graft-versus-host disease: I. Diagnosis and Staging Working Group report. Biol Blood Marrow Transplant. 2005;11:945–956.
3. Jagasia M. H. et al. (2015).National Institutes of Health Consensus Development Project on Criteria for Clinical Trials in Chronic Graft-versus-Host Disease: I. The 2014 Diagnosis and Staging Working Group report. Biol Blood Marrow Transplant. 2015 Mar;21(3):389-401.e1.