Gibt es das optimale Therapiemanagement bei unkontrolliertem Glaukom?

Bisher war das Augenmerk der Glaukomchirugen beim unkontrolliertem Glaukom vor allem auf filtrierende Operationen und MIGS gerichtet. Neben diesen beiden Pfaden der Glaukombehandlung steht uns auch die operative Beeinflussung des uveoskleralen Abflussweges zur Verfügung.

Potentiell neuer Behandlungsalgorithmus in der Glaukomtherapie 

Ein großes Problem in der Glaukomchirurgie ist die Beschaffenheit der Bindehaut. Eine langjährige Therapie mit antiglaukomatösen Augentropfen kann zu Vernarbungen führen. Daher ist es umso wichtiger, rechtzeitig zu intervenieren. Operative Verfahren, die weniger invasiv als die Trabekulektomie sind, können bereits beim frühen Glaukom ihren Einsatz finden. Voraussetzung dafür ist eine Progression der perimetrischen Defekte unter antiglaukomatöser Therapie. Hoffmann E. et al. haben bereits im Jahr 2021 im Ophthalmologen einen dementsprechenden Behandlungsalgorithmus vorgeschlagen (siehe Abbildung 1). 

Abbildung 1: Dargestellt ist ein möglicher zukünftiger Behandlungsalgorithmus, der verschiedene Therapieoptionen nach Intensitätsgrad der jeweiligen Intervention beinhaltet.1

Bisher gute Ergebnisse mit MIGS-Verfahren doch Langzeitdaten fehlen

Bei den MIGS wird zwischen trabekulären und und subkonjunktivalen Verfahren unterschieden. Der iStent® inject ist unter den trabekulären Verfahren der wohl bekannteste Vertreter und wird häufig in Kombination mit einer Katarakt-Operation durchgeführt. Mit dieser Methode kann eine Drucksenkung von 15-25 % erreicht werden. Auch mit dem Hydrus® microstent ist eine 20 %-ige Drucksenkung möglich. Dieses Operationsverfahren wird ebenso mit einer Katarakt-Operation kombiniert. Der iStent® besteht aus ferromagnetischem, mit Heparin beschichteten Titan. Dem Hydrus® microstent liegt ein Nitinol-Gerüst zugrunde. XEN® ist ein kollagenbasiertes subkonjunktivales Gelimplantat. XEN® wird ab interno implantiert. Auch diese Methode ist mit einer Katarakt-Operation kombinierbar. Der Antimetabolit MMC findet hier gleichermaßen Einsatz. Durch das nicht abbaubare XEN® Implantat können 1,2 μl/min abfließen. In Kombination mit einer Katarakt-Operation kann mittels XEN® Implantation eine Drucksenkung von 30-45 % erreicht werden. Bei dieser Methode kann ein „primäres Needling“ notwendig werden, falls die zu erwartende Drucksenkung nicht einsetzt. Preserflo®/SIBS zählt genauso zu den subkonjunktivalen MIGS-Verfahren. Hierbei handelt es sich um einen Shunt, der aus einem thermoplastischen Elastomer besteht. Mit dieser Shunt-geführten Trabekulektomie ist eine Drucksenkung von bis zu 53 % möglich.

Langzeitdaten werden zeigen, ob die MIGS-Verfahren über Jahrzehnte eine stabile Drucksenkung beibehalten können und so mit dem Goldstandard auf lange Sicht hin konkurrenzfähig sind.

10-Jahresdaten des SOLX® Gold MicroShunts enttäuschen

Es gibt weitere Ansätze zur Verbesserung Kammerwasserabflusses. Hier kommt der uveosklerale Abflussweg des Auges ins Spiel. Prostaglandine nutzen bereits diesen Weg, um den Augeninnendruck zu senken. Das uveale Segment des uveoskleralen Abflussweges ist jedoch durch den muskulären Teil des Ziliarkörpers der geschwindigkeitsbeschränkende Anteil dieser Route. Anders sieht es im suprachoroidalen Raum aus. Sobald die Flüssigkeit das uveale Segment durchquert hat und diesen Bereich erreicht hat, gibt es kaum noch Widerstand. Aufgrund der hohen Komplikationsrate wird die Zyklodialyse nur noch selten eingesetzt. Vor genau einem Jahr wurden die 10-Jahresdaten des SOLX® Gold MicroShunts bei therapierefraktärem Glaukom vorgestellt. Leider erreichte keiner der Patientinnen und Patienten 5 Jahre nach Einsatz des SOLX® Gold MicroShunts einen vollständigen Erfolg.2,3

Ein neuer Bestreiter des uveoskleralen Abflussweges

Ein ganz neuer Ansatz kommt von Ciliatech: Bei dem CID-Implantat von Ciliatech handelt es sich um eine zilio-sklerale Zwischenpositionierungsvorrichtung aus hydrophilem Hydrogel. Es besitzt ein plattenförmiges Format, ist faltbar und passt dadurch selbst durch kleine Inzisionen hindurch. Es passt sich an die umgebende Anatomie an, ohne hierbei Druck auszuüben. Das Akronym CID steht für "Cilio-Scleral Inter-positioning Device". Es ist das erste Implantat seiner Art, das zu einer wirksamen Augeninnendrucksenkung führt ohne die Vorderkammer zu durchdringen oder eine subkonjunktivale Filtration zu erzeugen. Damit hat diese Methode einen Vorteil gegenüber manchen anderen Operationstechniken, die schwerwiegende Komplikationen mit sich bringen können. Durch das plattenförmige Format ist eine Trennung von Sklera und Ziliarmuskel möglich.4

Positive klinische Ergebnisse nach CID-Implantation 

In der SAFARI 1 Studie wurden insgesamt 20 Patientinnen und Patienten mit einem CID-Implantat versorgt. In der SAFARI 2 Studie erhielten 22 Patienten 2 CID-Implantate. SAFARI steht hierbei für "SuprAciliary Filtration Alone Reduces IOP". Nach 12 Monaten zeigten beide Studien übereinstimmende Ergebnisse (n=30):

Gleichzeitig zeigte sich ein sehr gutes Sicherheitsprofil. Die 24-monatige Nachbeobachtungsphase schloss an die beiden Studien SAFARI 1 (12 Monate Follow-up) und 2 (6 Monate Follow-up) an. Bei den Patienten der SAFARI 1-Studie zeigten sich selbst nach 24 Monaten stabile Augeninnendruckwerte von 15,6 mmHg. Der IOD konnte um 33 % gesenkt werden. Das CID-Implantat zeigte Wirkung ohne die Notwendigkeit eines Filterkissens und eines Antimetabolitens und ohne mit Hypotonie oder Endothelzellverlust einherzugehen. Aktuell ist bereits die Studie SAFARI 4 (NCT05625958) mit einer Nachbeobachtungsphase von 36 Monaten in Planung.5,6

Mit dem CID-Implantat könnte sich nun eine neue innovative Operationsmethode zum Behandlungsalgorithmus des Glaukoms dazu gesellen, die in ihrer Beschaffenheit bisher einzigartig ist. Sie wirkt über den uveoskleralen Abflussweg und lässt den vorderen Abschnitt des Auges gewissermaßen unberührt.4-6

Referenzen:
  1. Hoffmann EM. et al. (2021). Aktuelle Glaukomchirurgie [Glaucoma surgery today]. Ophthalmologe. 2021 Mar;118(3):239-247. German. 
  2. Kent C. (2010). Uveoscleral Outflow: A Better Way to Go? Review of Ophthalmology. https://www.reviewofophthalmology.com/article/uveoscleral-outflow-a-better-way-to-go. Zugriff im Mai 2023.
  3. Figus M, Loiudice P, Passani A, Perciballi L, Agnifili L, Nardi M, Posarelli C. Long-term outcome of supraciliary gold micro shunt in refractory glaucoma. Acta Ophthalmol. 2022 May;100(3):e753-e759.
  4. https://www.cilia.tech
  5. https://www.eyenews.uk.com/news/post/ciliatech-reports-positive-clinical-results-on-novel-glaucoma-implant-cid-in-24-month-post-operative-follow-up
  6. https://ichgcp.net/clinical-trials-registry/NCT05625958