Perimetrische Defekte bei Myopia magna

Seit Ende Januar 2021 beschäftigen wir uns mit der Glaukomdiagnostik bei gleichzeitigem Vorliegen einer Myopie. Im heutigen Beitrag lernen wir einige interessante Studien zu dieser Thematik kennen.

Eine hohe Myopie kann mit progressiven perimetrischen Defekten einhergehen

Seit Ende Januar 2021 beschäftigen wir uns mit der Glaukomdiagnostik bei gleichzeitigem Vorliegen einer Myopie. Wir haben erfahren, dass einige anatomische Besonderheiten die sichere Diagnosestellung eines Glaukoms bei höherer Myopie erschweren können. Auch gibt es aktuell noch keine auf myope Augen angepasste normative Referenzdatenbank, die eine sensitive und spezifische Auswertung der mittels optischer Kohärenztomographie gewonnen Bilddaten ermöglichen würde. Im heutigen Beitrag lernen wir einige interessante Studien zu dieser Thematik kennen.

Eine retrospektive Studie aus dem Jahr 2011 hat untersucht, welche perimetrischen Defekte bei Myopie -auch ohne Vorliegen eines Glaukoms- auftreten können. In diese Studie miteinbezogen wurden 492 Augen von 308 PatientInnen mit hoher Myopie. Die Axiallänge lag bei ≥ 26.5 mm und der myope refraktive Fehler bei > 8 Dioptrien. Die Follow-up-Zeit betrug mehr als 5 Jahre. Die perimetrischen Untersuchungen erfolgten mittels Goldmann-Perimetrie. 13,2% der hochmyopen StudienteilnehmerInnen entwickelten signifikante perimetrische Defekte. Bei rund 74% der betroffenen Augen zeigte sich eine signifikante Progression dieser perimetrischen Defekte. Das Vorliegen einer ovalen Papille war im Vergleich zu dem Vorliegen einer runden Papille mit einem deutlich erhöhten Risiko assoziiert gewesen einen signifikanten perimetrischen Defekt zu entwickeln. Zudem war ein Staphylom vom Typ VII und IX nach Curtin mit einer Zunahme der perimetrischen Defekte vergesellschaftet gewesen. Ein Grund für die perimetrischen Defekte bei hoher Myopie und deren Zunahme könnte die Kombination aus einer Dehnung und Distorsion des Sehnervens sein, zu der es an Stellen mit einer abrupten Veränderung der skleralen Kurvatur kommen kann.1

Tilted disc bei Myopie und seine perimetrischen Konsequenzen

Beim tilted optic disc wird zwischen der kongenitalen und erworbenen Form unterschieden. Die letztere Form ist assoziiert mit der Myopie. Bei rund einem Fünftel der Personen mit einer Myopie von ≥ 5 Dioptrien liegt ein tilted disc. 20% dieser myopen Personen mit tilted disc zeigen zudem bitemporale superiore perimetrische Defekte. Studien zufolge ist es schon öfters vorgekommen, dass solche Defekte als glaukomatös bedingte Defekte fehldiagnostiziert worden sind. Ein wichtiger Unterschied zu glaukomatösen Defekten ist, dass die perimetrischen Defekte bei tilted disc die vertikale und horizontale Mittellinie nicht berücksichtigen. Für das Glaukom hingegen ist es typisch, dass zu Beginn der Optikusschädigung die horizontale Mittellinie berücksichtigt wird und eine nasale Stufe entsteht, bevor sich der perimetrische Defekt weiter ausdehnt.2-4

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Abbildung 1: Das Forschungsteam um Marja-Liisa Vuori hat bereits im Jahr 2008 eine Studie publiziert, die den Effekt eine refraktiven Korrektur bei Myopie auf die bei tilted disc vorkommenden Gesichtsfelddefekte untersucht hat. Sie kamen zu dem Schluss, dass die refraktive Korrektur während der Durchführung der Perimetrie das Untersuchungsergebnis bei hoher Myopie enorm beeinflussen kann. Bei der Hälfte der PatientInnen führte die refraktive Korrektur der Myopie dazu, dass die zuvor ohne refraktive Korrektur gemessenen perimetrische Defekte verschwanden. In der Abbildung 1 ist dargestellt, wie sich eine zunehmende refraktive Korrektur der Myopie auf solche Gesichtsfelddefekte auswirken kann.5

Im kommenden Beitrag erfahren wir, was es mit der Beta- und Delta-Zone auf sich hat und welche Rolle diese Zonen bei der Glaukomdiagnostik bei Myopie spielen.

Referenzen:
1. Ohno-Matsui K. et al. (2011). Long-term development of significant visual field defects in highly myopic eyes. Am J Ophthalmol. 2011 Aug;152(2):256-265.e1.
2. https://eyewiki.aao.org/Tilted_Disc_Syndrome
3. Gurlu V. P. et al. (2002). Topographical analysis of the visual field in tilted disk syndrome. Retina2002; 22:366-368.
4. Shoeibi N. et al. (2017). Visual field assessment in high myopia with and without tilted optic disc. Clin Exp Optom 2017; 100: 690–694.
5. Vuori M.-L. et al. (2008). Tilted disc syndrome may mimic false visual field deterioration. Acta Ophthalmol. 2008 Sep;86(6):622-5.