Stammzelltherapie: Klinische Studienergebnisse und Chancen

Eine Forschungsgruppe aus Los Angeles führte zwei prospektive klinische Studien durch, um die Effektivität und das Sicherheitsprofil von hESCs in der Ophthalmologie zu prüfen. Die hESCs wurden subretinal transplantiert. Heute lernen wir diese erste klinische Studie mit therapeutischem Einsatz beim Menschen kennen.

Eine Forschungsgruppe aus Los Angeles führte zwei prospektive klinische Studien durch, um die Effektivität und das Sicherheitsprofil von hESCs in der Ophthalmologie zu prüfen. Die Studienpatienten litten unter einer trockenen Makuladegeneration oder an einer Stargardt´schen Makuladystrophie. Die hESCs wurden subretinal transplantiert. Heute lernen wir die erste klinische Studie mit therapeutischem Einsatz der von hESC-abstammenden RPE-Zellen beim Menschen kennen.

Ein- und Ausschlusskriterien der Studie

Teilnehmen an der Studie durften Patienten mit trockener AMD oder Morbus Stargardt im Endstadium. Der zentrale Visusverlust war ein weiteres Einschlusskriterium. Bei den Studienpatienten durften keine weiteren klinisch relevanten ophthalmologischen Erkrankungen sowie keine Krebserkrankungen in der Vergangenheit vorhanden sein. Auch sollten keine Kontraindikationen für Immunsuppressiva vorliegen.

Zum Studienbeginn wurde die bestkorrigierte Sehschärfe, eine Goldmann-Perimetrie sowie eine Untersuchung mittels Fluoreszenzangiographie und mittels optischer Kohärenztomographie durchgeführt. Die verschiedenen diagnostischen Verfahren wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Studie wiederholt.

Der Plan zur Rettung der RPE-Zellen

Mittels pars plana Vitrektomie schaffte man sich Zugang zum Transplantationslokus. Der für die Transplantation optimale anatomische Bereich war zuvor mittels OCT-Diagnostik selektiert worden. Voraussetzung für die Eignung als Transplantationsort war, dass keine komplette Atrophie mit Verlust der Bruchmembran vorlag.

Am Transplantationslokus zeigte sich vor Transplantation ein beeinträchtigtes RPE mit zugehörigen darüber liegenden beeinträchtigten Photorezeptoren. Hier bat sich die größte Chance für die Integration der hESC-RPE-Zellen. Insgesamt wurden 150 μL von 5×104 hESC-RPE-Zellen submakulär im perizentralen Makulabereich injiziert. Nun musste nur noch auf die Regeneration gewartet werden.

Wertvolles wird geschützt: Tacrolimus und Mycophenolat-Mofetil

Die Studienpatienten erhielten trotz des Immunprivilegs des Auges einen immunsuppresiven Schutz. Ihnen wurde Tacrolimus in geringer Dosierung, Mycophenolat-Mofetil eine Woche vor der hESC-RPE-Zell-Transplantation sowie für die nachfolgenden 6 Wochen verabreicht.

Das Sicherheitsprofil überzeugt

In den ersten 4 Monaten zeigten sich bei den Patienten keine Anzeichen für eine Hyperproliferation, abnormes Wachstum oder eine Abstoßungsreaktion. Spaltlampenmikrospisch waren keine klinisch signifikanten intraokulären Entzündungszeichen detektierbar. In der postoperativen Phase zeigte sich kein Anhalt auf eine Uveitis, eine Katarakt, ein Makulaödem, ein sekundäres Glaukom oder eine seröse Ablatio. Auch berichteten die Patienten nicht von Schmerzen oder Photophobie. Bei keinem Studienpatienten konnte eine hESC-RPE-Zellproliferation außerhalb des Transplantationsbereichs festgestellt werden.

Ein von Erfolg gekröntes Therapiekonzept

Die bestkorrigierte Sehschärfe verbesserte sich bei dem Patienten mit Morbus Stargardt von Handbewegung auf 20/800 und von 0 auf 5 ETDRS-Buchstaben. Bei dem Patienten mit trockener Makuladegeneration führte die hESC-Transplantation zu einem ETDRS-Buchstabengewinn von 21 auf 28 Buchstaben. Kein einziger Patient verlor seine Sehkraft während des Studienzeitraums.

Höhen und Tiefen im postoperativen Verlauf

Bei dem Patienten mit trockener AMD zeigte sich am ersten postoperativen Tag in der biomikroskopischen Untersuchung des Auges eine hyperpigmentierte Basis im Transplantationsbereich. Leider befolgte der Patient die immunsuppressive Therapie in der ersten postoperativen Woche nicht korrekt. Die therapeutischen Blutkonzentrationen für die beiden Immunsuppressiva konnten daher nicht erreicht werden. Trotz fehlender anatomischer Evidenz für die Eingliederung der hESC-RPE-Zellen zeigte sich bei dem Patienten eine Verbesserung der Ausgangssehschärfe.

Bei dem Patienten mit Morbus Stargardt zeigte sich ein anatomisch evidentes Anwachsen der transplantierten hESC-RPE-Zellen. Ab der ersten postoperativen Woche konnte klinisch eine Zunahme des Pigmentierungsgrades im Transplantationsbereich beobachtet werden. Die transplantierten Zellen waren sogar in den Bereichen aufzufinden, die vorher einen kompletten RPE-Verlust erlitten hatten. Am 3. postoperativen Monat erfolgten morphologische Kontrollen mit optischer Kohärenztomografie. Hier zeigte sich, dass die transplantierten Zellen nicht nur überlebt hatten, sondern sich in den bereits vorhandenen RPE-Zellverbund als funktionierende Einheit eingegliedert hatten.

Die hESC-RPE-Zellen sind zu Recht Hoffnungsträger für Patienten mit degenerativen ophthalmologischen Erkrankungen. Eine Therapie der Zukunft, die bald für Patienten greifbar sein könnte.

Referenzen:
Schwartz S.D. et al. (2012). Embryonic stem cell trials for macular degeneration: a preliminary report. The Lancet. DOI:10.1016/S0140- 6736(12)60028-2