Suprachoroidale Axitinib-Therapie bei feuchter AMD geht in weitere Runde

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist die häufigste Ursache für Sehbehinderung und Erblindung bei der älteren Bevölkerungsgruppe in den Industrienationen. Nun wurde Axitinib zur Behandlung der feuchten AMD getestet.

Axitinib fand bisher Anwendung bei Nierenzellkrebs

Bisher fand Axitinib Anwendung als Therapeutikum bei fortgeschrittenem Nierenzellkrebs. Genau wie das ebenso aus der Onkologie bekannte Bevacizumab blockiert Axitinib die Angiogenese. Es gibt jedoch auch einige wichtige Unterschiede zu Bevacizumab. Bevacizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der die Angiogenese durch Bindung und Neutralisierung von VEGF-A blockiert. Axitinib hingegen ist ein selektiver Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) der 2. Generation, der als Small Molecule die Signaltransduktion über die Rezeptoren VEGFR-1, -2 und -3 hemmt.1-3

Suprachoroidal angewendet konnte Axitinib in der Phase-I/IIa-Studie durch ein ausgezeichnetes Sicherheitsprofil glänzen. Bei der Behandlung der feuchten altersbedingten Makuladegeneration war dies für alle geprüften Dosierungen der Fall gewesen. Dieser Wirkstoff besitzt das Potenzial, die Behandlungslast der betroffenen Patienten zu senken. Bei der Behandlung der feuchten AMD stellen TKI ein neues molekulares Ziel dar. Bisherige AMD-Therapeutika zielten auf extrazellulär vorkommendes VEGF-A und -B ab. Der Nachteil dieser Therapeutika ist eine potentielle Hochregulierung von VEGF-C und -D. Als Folge dessen kann es zu einer verminderten Wirksamkeit bei AMD kommen. Der Einsatz von TKI bei feuchter AMD stellt damit eine noch nie dagewesene Therapieoption dar.1

Axitinib bahnt sich seinen Weg aus der Onkologie in die Ophthalmologie

Bereits im Jahr 2016 wurde die Wirksamkeit von Axitinib bei feuchter AMD in in vivo und in vitro Modellen untersucht. Schon damals war ein wichtiger Kritikpunkt an den aktuell angewendeten Anti-VEGF-Medikamenten, dass nur etwa 40 % der Patienten in vollem Umfang von der Anti-VEGF-Therapie profitieren können. Die Forschungsgruppe um A. Giddabasappa wies auch auf die Risiken der intravitrealen Applikation hin. Anders als die intravitreal verabreichten Anti-VEGF-Medikamente kann Axitinib suprachoroidal appliziert werden. Ein weiterer Vorteil dieses niedermolekularen Multi-Rezeptor-Tyrosinkinase-Inhibitors ist die gleichzeitige Hemmung der Rezeptoren des Plättchenwachstumsfaktors (PDGF), der ebenfalls bei der Angiogenese eine wichtige Rolle spielt.3

Synergistische Hemmung von PDGFR und VEGFR durch Axitinib

Giddabasappa et al. untersuchten die Wirkung von Axitinib auf die Neovaskularisierung in vitro (in humanen retinalen mikrovaskulären Endothelzellen (HRMVECs), in humanen vaskulären Perizyten des Gehirns (HBVRs) und in einem 3D-Co-Kultur-Gefäßsprossen-Assay) sowie und in vivo in einem Modell der laserinduzierten choroidalen Neovaskularisierung (CNV) bei Ratten. Verglichen mit den monoklonalen, gegen VEGF gerichteten Antikörpern hemmte Axitinib in den In-vitro-Modellen die Neovaskularisation effizienter. Dies führte die Forschungsgruppe auf die synergistische Wirkung durch Hemmung der VEGF- und PDGF-Signalwege zurück.3

OASIS zeichnet sich durch ein exzellentes Sicherheitsprofil aus

Die Axitinib-Suspension wird über den patentierten SCS®-Mikroinjektor in den suprachoroidalen Raum verabreicht. Dies stellt einen noch nie dagewesenen Zugang zum Augenhintergrund dar. Die Sicherheit und Verträglichkeit der Axitinib-Suspension bei feuchter AMD wurde in der Phase-I/II-a-Studie OASIS (NCT05131646) und ihrer Erweiterungsstudie untersucht. Die Studienteilnehmer erhielten zu Studienbeginn 2 mg Aflibercept in das Studienauge. Einen Monat später erfolgte die suprachoroidale Applikation von CLS-AX. Die Studie umfasste insgesamt vier Dosis-Eskalations-Kohorten (0,03 mg, 0,1 mg, 0,5 mg und 1 mg). Die Nachbeobachtungszeit lag bei 6 Monaten. Es erfolgten monatliche Kontrollen. Bei Krankheitsaktivität erhielten die Studienteilnehmer Aflibercept. Es zeigte sich ein exzellentes Sicherheitsprofil. Es traten keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse auf - noch Entzündungen oder Vaskulitis. Auch die Behandlungslast konnte bei stabiler Sehschärfe gesenkt werden. Die zentrale Netzhautdicke war ebenso bis zum sechsten Monat stabil.1

ODYSSEY wird in Gang gesetzt

Am 01. Juni 2023 hat das biopharmazeutische Unternehmen Clearside Biomedical die Rekrutierung für die klinische Phase-2b-Studie ODYSSEY mit CLS-AX (Axitinib-Suspension) bei feuchter AMD eröffnet. Dieser Studie gingen die erfolgreichen Ergebnisse der Phase-I/II-a-Studien voraus. Clearside Biomedical hat durch die Behandlung der feuchten AMD durch den neuen Verabreichungsweg über den suprachoroidalen Raum (SCS®) revolutioniert. Dies könnte zukünftig das Behandlungsspektrum bei feuchter AMD durch eine neue wirksame und weniger belastende Behandlungsoption bereichern.4

Senkung der Behandlungslast als neues Ziel 

Ziel der ODYSSEY-Studie ist es zu zeigen, dass eine Aufrechterhaltung der Sehschärfe bei reduzierter Behandlungslast durch Axitinib möglich ist. Bei der ODYSSEY-Studie handelt es sich um eine randomisierte, doppel-maskierte, aktiv-kontrollierte, multizentrische, parallele, klinische Phase-2b-Studie mit einer Dauer von insgesamt 36 Wochen. Der CLS-AX-Arm wird mit dem Aflibercept-Arm verglichen. Zu den Einschlusskriterien zählen neben der Diagnose einer feuchten AMD mit Krankheitsaktivität, dass 2 bis 4 Anti-VEGF-Behandlungen in den letzten 6 Monaten vor dem Screening stattgefunden haben. Die bestkorrigierte Sehschärfe (BCVA) bei Studieneinschluss sollte bei Werten zwischen 20 bis 80 Buchstaben liegen.4

Die Studienteilnehmer beider Therapie-Arme erhalten zunächst drei monatliche Aflibercept-Injektionen (2 mg). Im Aflibercept-Arm wird Aflibercept in einem festen Dosierungsschema alle 8 Wochen injiziert. Bei Vorliegen von Krankheitsaktivität erfolgen die Aflibercept-Injektionen im 4-Wochenrhythmus. Im CLS-AX-Arm erhalten die Studienteilnehmer bei der zweiten Loading-Dosis 1,0 mg Axitinib. Bei der zweiten Ladedosis (Baseline-Besuch) erhalten die Teilnehmer in der CLS-AX-Gruppe eine Dosis Axitinib. Dann erhalten die Studienteilnehmer Axitinib in der Woche 24, wenn sie seit dem Baseline-Besuch keine zweite Dosis erhalten haben. Bei Krankheitsaktivität kann Axitinib auch bereits 12 Wochen nach der letzten Dosis verabreicht werden. Sollte sich Krankheitsaktivität bereits in weniger als 12 Wochen nach der letzten Dosis zeigen, so kann Aflibercept als Zusatzbehandlung gegeben werden.4

Wir sind gespannt auf die Studienergebnisse der ODYSSEY, die wir im Q3 2024 erwarten können.

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