Therapiestrategien zur Vermeidung der Entstehung des Neovaskularisationsglaukoms

Diesen Sommer haben wir uns intensiv mit den Ursachen, den Risikofaktoren, den Messmethoden und den Folgen des Neovaskularisationsglaukoms auseinandergesetzt. Im heutigen Beitrag liegt der Fokus ganz bei der Therapie.

Diesen Sommer haben wir uns intensiv mit den Ursachen, den Risikofaktoren, den Messmethoden und den Folgen des Neovaskularisationsglaukoms auseinandergesetzt. Im heutigen Beitrag liegt der Fokus ganz bei der Therapie.

Im Jahr 2016 wurde ein wissenschaftlicher Artikel zur Therapie des Neovaskularisationsglaukoms mittels Anti-VEGF-Injektionen veröffentlicht. Das Neovaskularisationsglaukom ist unter den therapierefraktären Glaukomformen häufig anzutreffen. An seiner Entstehung kausal beteiligt sind Prozesse, die mit einer retinalen Ischämie und mit einer VEGF-Ausschüttung einhergehen. Die beiden häufigsten ophthalmologischen Erkrankungen, die in einem Neovaskularisationsglaukom resultieren können sind der ischämische Zentralvenenverschluss und die proliferative diabetische Retinopathie.

Die Vorerkrankungen des jeweiligen Patientenauges verkomplizieren die Therapie des Neovaskularisationsglaukoms. Eine kontinuierlich ausreichend suffiziente und stabile Drucksenkung ist schwer zu erreichen. Das Neovaskularisationsglaukom beginnt meist abrupt mit einer signifikanten Augeninnendrucksteigerung, die oft- falls zu spät diagnostiziert und therapiert-von einer funktionellen Beeinträchtigung begleitet wird.

Welche Folgen hat die VEGF-Ausschüttung für den Vorderabschnitt des betroffenen Auges?

Die endothelialen Wachstumsfaktoren erreichen den Vorderabschnitt über Diffusion durch den Glaskörper. Im Vorderabschnitt angelangt führen sie zu einer Neovaskularisation der Iris und des Kammerwinkels. Das Resultat sind Synechien der peripheren Iris und des Trabekelmaschenwerks. Dies kann zu einer schier unkontrollierbaren Augeninnendrucksteigerung mit konsekutiver Schädigung des Sehnervens und Visusverlust führen.1-4

Doch wie therapiert man das Neovaskularisationsglaukom auf lange Sicht optimal?

Die antiglaukomatösen Augentropfen reichen oft zur Drucksenkung nicht aus. Die Durchführung der operativen drucksenkenden Methoden gestaltet sich aufgrund der Menge an Neovaskularisationen im Bereich des Vorderabschnitts als riskant.

Operationen können mit intraoperativen Blutungen einhergehen. Durch eine Schädigung der Blut-Kammerwasser-Schranke und durch den Austritt von Plasmaproteinen kann die Bildung fibrovaskulärer Membranen, die den Abfluss behindern, gesteigert werden.

Wie sieht es aus mit der Cyclokryokoagulation und der Cyclophotokoagulation?

Auch destruktive drucksenkende Methoden wie die Cyclokryokoagulation/ Cyclophotokoagulation sind in der Anwendung im klinischen Alltag eher risikobehaftet. Wendet man zur Drucksenkung die Cyclokryokoagulation oder die Cyclophotokoagulation an, so kann es durch eine Überdosierung der applizierten Herde zu einer Bulbushypotonie und einem Visusverlust kommen.1, 5-8

Inwiefern helfen Anti-VEGF-Injektionen aus der Bredouille?

Das Problem bei der retinalen Ischämie ist die VEGF-Ausschüttung die zu Neovaskularisationen im Vorderabschnitt führen kann. Es macht also Sinn, dass Anti-VEGF-Injektionen den Wachstumsfaktor abfangen und so das Risiko für die Entstehung eines Neovaskularisationsglaukoms reduzieren. Die antiangiogenetischen Antikörper führen sogar zu einer Regression bereits entstandener Neovaskulsarisationen im Bereich der Retina, des Kammerwinkels und der Iris.1

Welche Anti-VEGF-Präparate können angewendet werden?

Aktuell findet Bevacizumab bereits Anwendung. Die Bevacizumab-Injektionen sollen die Entstehung irreversibler Synechien bei Patienten mit frischer Rubeosis iridis vermeiden und so einer Druckerhöhung entgegenwirken. Auch Patienten mit Neovaskularisationsglaukom im Frühstadium profitieren von einer Therapie mit Bevacizumab.1,6,7,9,11

Eine interessante Studie aus China

In der prospektiven chinesischen interventionellen Fallstudie hatte der Visuserhalt höchste Priorität. Die Patienten wurden mit panretinaler Laserkoagulation versorgt und erhielten Anti-VEGF-Injektionen sowie drucksenkende Operationen, sofern es zur Drucksenkung und zum Visuserhalt notwendig war. Welche die beste Strategie zur Therapie des Neovaskularisationsglaukoms ist sollte durch die Studie ans Licht gebracht werden.

Insgesamt wurden 50 Patienten (51 Augen) mit Neovaskularisationsglaukom für die Studie rekrutiert. 43 Patienten wurden über den Zeitraum von mindestens 6 Monaten untersucht. 19 Patienten waren zuvor an einem Zentralvenenverschluss (ZVV) und 24 an einer proliferativen diabetischen Retinopathie (PDRP) erkrankt.1

Welche drucksenkenden Therapien kamen zum Einsatz?

Zur sofortigen Drucksenkung erfolgte im Notfall eine Parazentese. Als antiglaukomatöse Medikamente fanden Carboanhydrasehemmer, Betablocker, Prostaglandine und a-Agonisten Anwendung. Direkt nach Diagnosestellung erhielten die Studienpatienten eine Bevacizumab-Injektion. Diese wurde, falls nötig nach 4 Wochen wiederholt. Zeigte sich weiterhin ein erhöhter Augeninnendruck so wurde dieser mittels Trabekulektomie mit Mitomycin C gesenkt. Der Eingriff wurde in einigen Fällen mit einer Phakoemulsifikation oder Vitrektomie zur Optimierung der Drucksenkung kombiniert. Die Patienten, die eine Vitrektomie erhalten hatten wurden zeitgleich intraoperativ mit Laserherden versorgt. Die restlichen Patienten erhielten, sofern notwendig, eine panretinale Laserkoagulationstherapie. Zuvor wurde dies mittels Fluoreszenzangiographie geprüft. War aufgrund von retinalen Blutungen nach Zentralvenenverschluss keine vollständige Laserkoagulation möglich, so erhielten die Patienten zuerst eine Anti-VEGF-Therapie. Anschließend wurde die Laserkoagulationstherapie vervollständigt. Das Ziel war in 2 Therapiesitzungen 500-700 Herde zu applizieren. Das Zeitintervall zwischen den Sitzungen betrug 3-7 Tage. Die Herdgröße lag bei 300 µm und die Expositionszeit bei 0,3 ms.1

Durch viel Arbeit konnte die gewünschte Augeninnendrucksenkung erreicht werden

39 Patienten mit einem durch antiglaukomatöse Augentropfen, Anti-VEGF-Injektionen und Laserkoagulation nicht kontrollierbaren Augeninnendruck erhielten eine Trabekulektomie (TE). Bei Residualglaukom kamen antiglaukomatöse Medikamente, die Vervollständigung der Laserherde auf insgesamt 1500-2800 Herde oder eine erneute Operation zum Einsatz. Der Augendruck der 39 Patienten konnte signifikant gesenkt werden. Anfänglich lagen die Werte bei ≤ 21mmHg und pendelten sich in den darauffolgenden Monaten zwischen 21 und 28 mmHg ein. Initial lag der Augendruck (Baseline) in der ZVV-Gruppe bei 45,58±8,15 mmHg und in der PDRP-Gruppe bei 41,04±8,95 mmHg. Zum letzten Kontrolltermin konnten Augeninnendruckwerte von 17,53 ± 5,21 mmHg in der ZVV-Gruppe und 16,04 ± 4,25 mmHg in der PDRP-Gruppe erhoben werden. 32 Studienaugen zeigten eine Visusverbesserung. Beim Großteil der Patienten konnte ein Rückgang der Neovaskularisationen beobachtet werden.1

Komplikationen

Durch die Vorbehandlung mit Bevacizumab konnten bei den drucksenkenden Operationen massive Blutungen vermieden werden. Es konnten dennoch milde Blutungen nach Iridektomie beobachtet werden. In einem vitrektomierten Auge kam es zu einer Glaskörperblutung. In einigen Fällen war nach TE eine Bulbusmassage notwendig. Hier kam es zu leichten Blutungen im Bereich der Filtrationswege. Lag keine Aderhautamotio/flache Vorderkammer vor so wurden die Patienten selbst zur Bulbusmassage angeleitet.1

Referenzen:
1. Sun Y. et al.(2016). Anti-VEGF treatment is the key strategy for neovascular glaucoma management in the short term. BMC Ophthalmol. 2016; 16(1): 150.
2. Wakabayashi T. et al. (2008). Intravitreal bevacizumab to treat iris neovascularization and neovascular glaucoma secondary to ischemic retinal diseases in 41 consecutive cases. Ophthalmology. 2008;115(9):1571–80.
3. Simha A. et al. (2013). Anti-vascular endothelial growth factor for neovascular glaucoma. Cochrane Database Syst Rev. 2013;10:CD007920. 
4. SooHoo J. R. et al. (2013). Recent advances in the management of neovascular glaucoma. Semin Ophthalmol. 2013;28(3):165–72.
5. Konareva-Kostianeva M. (2005). Neovascular glaucoma. Folia Med (Plovdiv) 2005;47(2):5–11. 
6. Park S. C. et al. (2012). Anti-VEGF therapy for the treatment of glaucoma: a focus on ranibizumab and bevacizumab. Expert Opin Biol Ther. 2012;12(12):1641–7.
7. Zhang X. L. et al. (2012). Current approaches in neovascular glaucoma. Zhonghua Yan Ke Za Zhi. 2012;48(6):488–91.
8. Soohoo J. R. et al. (2014). The link between intravitreal antivascular endothelial growth factor injections and glaucoma. Curr Opin Ophthalmol. 2014;25(2):127–33. 
9. Wittstrom E. et al. (2012). Clinical and electrophysiologic outcome in patients with neovascular glaucoma treated with and without bevacizumab. Eur J Ophthalmol. 2012;22(4):563–74.
10. Zhou M. et al. (2013). Levels of erythropoietin and vascular endothelial growth factor in surgery-required advanced neovascular glaucoma eyes before and after intravitreal injection of bevacizumab. Invest Ophthalmol Vis Sci. 2013;54(6):3874–9.
11. Zhou M. W. et al. (2013). Adjunctive with versus without intravitreal bevacizumab injection before Ahmed glaucoma valve implantation in the treatment of neovascular glaucoma. Chin Med J (Engl) 2013;126(8):1412–7.