Verstrahlt durch den Tag

In den letzten beiden Beiträgen haben wir auf dem Gebiet der ophthalmologischen Stammzelltherapie Schattenseiten sowie Hoffnungsschimmer kennengelernt. Die ophthalmologische Stammzelltherapie gibt Hoffnung auf Therapie sonst unheilbarer Krankheiten. Sie bedarf jedoch noch der Optimierung der Implantationsmethoden und weiterer Studien, bevor sie uns im klinischen Alltag zur Seite stehen kann.

In den letzten beiden Beiträgen haben wir auf dem Gebiet der ophthalmologischen Stammzelltherapie Schattenseiten sowie Hoffnungsschimmer kennengelernt. Die ophthalmologische Stammzelltherapie gibt Hoffnung auf Therapie sonst unheilbarer Krankheiten. Sie bedarf jedoch noch der Optimierung der Implantationsmethoden und weiterer Studien, bevor sie uns im klinischen Alltag zur Seite stehen kann.

Mit dem heutigen Beitrag starten wir in eine ganz neue Themenreihe. Natürliches Licht stellt ja schon lange nicht mehr die Hauptlichtquelle für das menschliche Auge im Alltag dar. Welchen Einfluss das von verschiedenen Monitoren (Mobiltelefon, Computer etc.) oder künstlichen Leuchtmitteln emittierte Licht auf die verschiedenen anatomischen Strukturen des menschlichen Auges hat, erfahren wir in den Blog-Beiträgen diesen Monats.

Let´s get digital, digital….

Mittlerweile gehört die Verwendung von technischen Geräten mit Monitor zum täglichen Leben. Kaum wegzudenken sind die Smartphones in den Händen von gebannt auf sie starrenden U-Bahn-Fahrgästen am frühen Morgen. Selbst für die Passage einer Straße werden die Blicke kaum vom digitalen Begleiter gelöst. Mit künstlichem Licht gezeichnete Gesichtssilhouetten sind das einzige, das wir dann nach Sonnenuntergang von unseren Mitmenschen wahrnehmen. Welche Auswirkungen dieser digitale Lebensstil auf unsere Augen hat, war Thema verschiedener wissenschaftlicher Arbeiten. Wir arbeiten uns von "vorne nach hinten" durch und schauen uns erstmal die Auswirkung des chronischen Gebrauchs lichtemittierender Monitore auf die Hornhaut an.

Fast 70% der 3-Jährigen sitzt vorm Monitor!

Einer multinationalen europäischen Studie zufolge verbringen bereits im Alter von 3 Jahren 68% der Kinder regelmäßig Zeit vorm Computer und über die Hälfte (54%) ist online aktiv! In Großbritannien verwenden Erwachsene Schätzungen zufolge im Schnitt 4 h und 45 min täglich vor den Monitoren ihrer digitalen Gerätschaften. Ähnliche Daten lieferte eine amerikanische Studie. Hier verbringen 2/3 der Erwachsenen im Alter von 30-49 Jahren ≥ 5 h vorm Monitor. Auch bei der älteren Bevölkerungsgruppe findet ein technischer Wandel statt. Zwischen 2011 und 2017 hat sich der Anteil von Internetusern bei den über 75-Jährigen verdoppelt. Amerikanischen Daten zufolge nutzen 37% der über 60-Jährigen für mehr als 5 Stunden täglich digitale Geräte. Dieser Lebenswandel geht jedoch nicht symptomlos an den Betroffenen vorbei.1-4

Computer Vision Syndrom (CVS) / Digital Eye Strain / Visual Fatigue

Es wird geschätzt, dass 50% der User von Computern an dem "Computer Vision Syndrom“ (CVS) leiden. Doch was ist die Ursache, was die Symptomatik dieses mit der Modernisierung zusammenhängenden Syndroms? Im klinischen Alltag kristallisieren sich zwei Kategorien von Symptomen heraus: Stress durch längere Akkomodation/den binokulären Sehakt und Symptome des trockenen Auges. Die Symptomatik kann nur vorübergehend, immer wieder in Erscheinung treten oder persistieren.1

Was führt zum CVS?

Zu den Auslösern des CVS gehören u.a. eine überblendete Oberfläche der Displays/Monitore, eine ungeeignete Raumbeleuchtung und eine schädliche Sitzhaltung. Bemerkbar machen sich die Symptome bei den Betroffenen wie folgt: Die User digitaler Geräte berichten von Problemen beim Fokussieren, hier vor allem vom Nahbereich in die Ferne. Das Ganze wird begleitet von übermüdeten Augen, die sich durch Augenbrennen, erhöhte Blendempfindlichkeit und Trockenheit bemerkbar machen. Hinzutreten können dann noch Kopfschmerzen und Schwindel. Laut der “American Optimetric Association“ zählen die aufgeführten Symptome zu den häufigsten CVS-Symptomen. Verstärkend wirkt das Tragen von Kontaktlinsen. Pathogenetisch relevant ist die reduzierte Lidschlagfrequenz. Schon bei einem täglichen Gebrauch digitaler Geräte von ≥ 2 h liegt das Risiko für das CVS bei 90%. Das CVS hat Einfluss auf die Produktivität der arbeitenden Bevölkerung und wird immer mehr auch ein Grund für das Aufsuchen eines Augenarztes.1

Welche Untersuchungs-Tools haben wir?

Es gibt verschiedene Untersuchungskriterien mit denen der Ophthalmologe die visuelle Fatigue bei den betroffenen Patienten diagnostizieren kann. Mittels spezieller Fragebögen kann der Patient seine Symptome subjektiv angeben. Die Bestimmung der Lidschlagfrequenz, die Flimmerfusionsfrequenz, die akkomodative Funktion sowie die Beurteilung der Pupillen helfen ebenfalls, objektiv die Symptome festzuhalten.1

2016 “Digital Eye Strain“ Report

Seit zwei Jahrzehnten beschäftigt sich die Literatur bereits mit dem DES. Der neueste DES-Report berichtet, dass über 60% der Monitoruser unter CVS-Symptomen leiden. Frauen waren etwas häufiger als Männer betroffen (69% versus 60%). Zur Erhebung der Daten wurden 2016 die von 10.000 Amerikanern ausgefüllten DES-Fragebögen ausgewertet.1

Prophylaxe und therapeutisches Herangehen bei CVS

Was kann man tun, um dem DES entgegen zu wirken? Eine Möglichkeit dem CVS entgegenzuwirken ist es, die tägliche Monitorzeit zu reduzieren und regelmäßige Monitorpausen einzulegen. Bei vorhandenem Sehfehler unterstützt die refraktive Korrektur mittels Brille das Auge in seiner Funktion und kann helfen den akkomodativen/binokulären Stress reduzieren. Es ist wichtig, auf den richtigen Abstand zum Monitor zu achten. Dieser sollte mindestens 50 cm sein. Auch eine angemessene Arbeitsplatzbeleuchtung und das Einhalten der 20-20-20-Regel können helfen die Symptome zu minimieren. Die Regel besagt, dass während der Bildschirmarbeit alle 20 min für 20 sec in die Ferne (20 Fuß) geschaut werden soll. Im Abstand von 2 h ist auch eine 10-minütige Pause empfehlenswert.1

Die Anzahl der CVS-Fällen wird in naher Zukunft sicher weiterhin stetig zunehmen. Daher ist es wichtig prophylaktische, dauerhafte Maßnahmen gemeinsam mit dem Patienten zu ergreifen. Vielleicht achten in Zukunft die Entwickler von Computer, Smartphone und Co. auch darauf, dass ihre Geräte weniger schädliches Licht emittieren,  indem sie z.B. Filter in das Display der Geräte integrieren. Es gibt mittlerweile Programme, die das blaue Licht unserer Monitore "herausfiltern". Die Ergebnisse zum Tragen von Blaulicht-filternden Brillen unterscheiden sich bei den verschiedenen Forschungsgruppen. Mehr dazu nächstes Mal.

Referenzen:
1. Sheppard A. L. et al. (2018). Digital eye strain: prevalence, measurement and amelioration. BMJ Open Ophthalmol. 2018; 3(1): e000146 
2. eMarketer (2017). Digital set to take majority share in UK time spent with media in 2016. 2016. https://www.emarketer.com/Article/Digital-Set-Take-Majority-Share-UK-Time-Spent-with-Media-2016/1013039 (accessed 10 Mar 2017)
3. Palaiologou I. (2016). Children under five and digital technologies: implications for early years pedagogy. European Early Childhood Education Research Journal 2016;24:5–24
4. eMarketer (2017). Mobile takes majority share of UK time with digital media. 2016. https://www.emarketer.com/Article/Mobile-Takes-Majority-Share-of-UK-Time-with-Digital-Media/1014676 (accessed 10 Aug 2017)
5. The Vision Council (2018). Eyes overexposed: The digital device dilemma: digital eye strain report. 2016. https://www.thevisioncouncil.org/content/digital-eye-strain (accessed 10 Mar 2018)