Leichter gesagt als getan: Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung soll zu einem erhöhten Maß an Selbstbestimmung beitragen. Sie wirft aber auch existenzielle Fragen auf, worauf die Antworten nicht leicht fallen und sich ändern können.

Eine Patientenverfügung soll zu einem erhöhten Maß an Selbstbestimmung beitragen. Sie wirft aber auch existenzielle Fragen auf, worauf die Antworten nicht leicht fallen und sich ändern können.

Die Vorteile einer Patientenverfügung  gemäß § 1901a BGB liegen auf der Hand: Der Patient erhält die Möglichkeit, Entscheidungen über mögliche medizinische Eingriffe in der Zukunft selbstbestimmt zu treffen, so lange er hierzu in der Lage ist. Zugleich wird es für Ärzte leichter, den Willen des Patienten zu erkennen und zu befolgen. Damit nimmt die Handlungssicherheit in kritischen Fragen der lebenserhaltenden Maßnahmen zu.

Andererseits bedingt eine Patientenverfügung, dass sich Menschen mit einer kritischen Situation auseinandersetzen müssen, ohne zu wissen, ob diese so eintreten wird. Eine allgemein ablehnende Haltung gegenüber der "Apparatemedizin und Schläuchen" reicht nicht, um als Patientenverfügung Bestand zu haben. Der Bundesgerichtshof hat 2016 und 2018 nochmals deutlich gemacht, dass die Verfügung nur dann bindend ist, wenn ihr konkreten Entscheidungen entnommen werden können. Dies können  bestimmte ärztliche Maßnahmen sein oder Entscheidungen, die sich auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen beziehen.

Tritt eine solche Situation ein, muss der Arzt den Patientenwillen im Gespräch mit den Angehörigen bzw. gesetzlich Bevollmächtigen eruieren. Liegt keine bindende Patientenverfügung vor oder weicht die aktuelle von der vorab festgelegten Situation ab, gilt es den mutmaßlichen Willen des Patienten festzustellen. Hierzu werden frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten herangezogen (§ 1901a Abs. 2 BGB).

Im Zweifel fällt die Entscheidung zugunsten des Lebens. Besteht keine medizinische Indikation für eine Maßnahme mehr, rückt auch ohne Patientenverfügung die palliative Versorgung in den Vordergrund.

Lassen sich lebenskritische Phasen antizipieren?

Grenzsituationen im Sinne einer Patientenverfügung zu antizipieren, fällt vermutlich den meisten (gesunden) Menschen schwer. Selbst eine ablehnende Haltung gegenüber lebensverlängernden Maßnahmen kann sich ändern, wenn die Situation tatsächlich eingetreten ist. Vielleicht passt sich der Patient den Umständen an. Vielleicht ist es wichtig noch Abschied nehmen zu können oder ein Lebensthema zu klären. Vielleicht gibt es medizinische Optionen, die zum Zeitpunkt, als die Verfügung verfasst wurde, noch nicht denkbar waren.

Gespräche, ob im privaten Kontext oder mit dem Arzt, können hilfreich sein, Antworten zu finden. Insbesondere sollten Ärzte über die Relevanz einer Patientenverfügung aufklären und unterstützen, die Inhalte zu konkretisieren, beispielsweise wenn Patienten um ihre Krankheit und deren voraussichtlichen Verlauf wissen.  Letztendlich ist aber die Entscheidung, ob für oder gegen eine Patientenverfügung, sehr persönlich. Ein "richtig" oder "falsch" gibt es nicht.

Formales

Eine Patientenverfügung ist schriftlich zu verfassen. Eine notarielle Beglaubigung ist nicht erforderlich. Die Patientenverfügung kann jederzeit geändert oder formlos widerrufen werden. Angehörige sollten informiert sein.

Wenn ein Beratungsgespräch stattgefunden hat, empfiehlt sich ein Arztvermerk auf der Patientenverfügung. Ebenso sollte der Arzt bzw. eine andere Person bescheinigen, dass der Patient zum Zeitpunkt der Erstellung "im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte" war.

Dass eine Patientenverfügung vorliegt, kann im zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer hinterlegt werden.

Ergänzend sollte eine Vorsorgevollmacht vorliegen, aus der hervorgeht, wer für welche Lebensbereiche entscheiden soll, wenn eine Person hierzu nicht mehr in der Lage ist.

Download:
Broschüre des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz: Patientenverfügung [2019]