Chemotherapie schwangerer Frauen – bei Mammakarzinom machbar?

Gegenstand der gynäkologisch-onkologischen Forschung ist unter anderem die Chemotherapie schwangerer Frauen. Die Möglichkeite der Therapie während einer aktiven Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch, Hinauszögern der Therapie bis nach der Geburt bzw. die vorzeitige Entbindung zum früheren Beginn der Therapie stehen hier zur Diskussion. Fokus ist hierbei vor allem die Auswirkung auf den noch ungeborenen Fetus in utero.

Arbeiten hierzu sind verständlicherweise schwierig durchzuführen, da die Akquise von Studienteilnehmern aufgrund der geringen Inzidenz von Tumoren während der Schwangerschaft sowie der nachvollziehbaren Angst vor Therapiekomplikationen erschwert ist. Eine am 16.08.2012 online publizierte Studie im Lancet-Oncology ( http://www.thelancet.com/journals/lanonc/article/PIIS1470-2045%2812%2970261-9/abstract ) zeigt nun, die bereits in einigen Arbeiten gefundenen, Anhaltspunkte, dass eine Chemotherapie bei intakter Schwangerschaft möglich und risikoärmer als vermutet ist. In die multizentrische europäische Studie wurden 447 Patientinnen eingeschlossen, 413 hiervon litten an einem Mammakarzinom. 197 hiervon erhielten eine Chemotherapie während der Schwangerschaft, dies waren v.a. Anthracycline. Die Chemotherapie erfolgte jeweils nach Vollendung des ersten Trimenons.

Die Forschungsgruppe konnte keine Unterschiede im Hinblick auf Frühgeburtlichkeit finden. Allerdings konnten in der Patientengruppe mit Chemotherapie niedrigere Geburtsgewichte registriert werden sowie eine höhere Anzahl an Komplikationen; statistisch aber nicht signifikant.

Weiterhin konnten keine statistisch signifikanten Unterschiede im Hinblick auf das krankheitsfreie Überleben sowie das Gesamtüberleben in den Gruppen mit Chemotherapie während der Schwangerschaft und Hinauszögerung der Therapie gefunden werden.

Die Autoren weisen darauf hin, dass vor allem hinsichtlich des Therapeutikums sowie der Dosisfindung keine Einigkeit und somit noch starker Forschungsbedarf bestehe.

In einem dem Paper anhänglichen Kommentar wird die Studie als weiterer Anhaltspunkt zur Notwendigkeit der Intensivierung der Forschung gewertet. Es wird weiterhin darauf hingewiesen, dass es keine ausreichenden Daten zu anderen Chemotherapeutika außer den hier vorwiegend verwendeten Anthracyclinen gäbe – wichtig seien vor allem Daten zu Taxanen. Die Ergebnisse seien insgesamt vor allem auf solide Tumoren bezogen, die Therapie hämato-onkologischer Erkrankungen während der Schwangerschaft gestalte sich wesentlich komplizierter, nicht zuletzt weil die Komplikationsrate für den Fetus schon durch die Grunderkrankung deutlich höher liege als bei soliden Tumoren, wie dem Mammakarzinom der vorliegenden Studie.

Mir stellt sich die Frage, ob überhaupt eine Notwendigkeit der Therapie schwangerer Frauen besteht, wenn doch, wie in der vorliegenden Studie gefunden, kein Unterschied im onkologischen Outcome zwischen Chemotherapie und Hinauszögerung bis nach der Geburt besteht. Wie sind Ihre Erfahrungen und Einstellungen hinsichtlich der Möglichkeit einer Chemotherapie schwangerer Frauen?