Bessere Prävention durch ehrlichen Umgang mit Fehlern im Klinikalltag

Dass auch Ärztinnen und Ärzte bei der Behandlung von Patienten Fehler machen, ist nichts Neues. Die Nachricht des Präsidenten der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. med. Frieder Hessenauer ist es aber: Kaum ein anderer Beruf habe eine so hohe Bereitschaft, offen mit seinen Fehlern umzugehen und aus diesen Fehlern zu lernen.

Ärztinnen und Ärzte setzten beim Fehlermanagement mit ihrer Offenheit vorbildliche Signale: Sie haben ein großes Interesse daran, Fehler künftig zu vermeiden und Patientensicherheit weiter auf sehr hohem Niveau zu gewährleisten.

Patienten in Rheinland-Pfalz, die vermuten, dass ein ärztlicher Behandlungsfehler vorliegt, können sich kostenfrei an die Schlichtungsstelle der Landesärztekammer in Mainz wenden. Seit fast 35 Jahren erhalten sie dort ärztlichen Sachverstand und objektive Gutachten, um ihrem Verdacht auf den Grund zu gehen.

Zur Bilanz 2012: 441 Patienten haben den Schlichtungsausschuss angerufen. 397 Verfahren wurden bearbeitet. 266 Sachentscheidungen wurden getroffen. Bei 68 Entscheidungen bejahte der Schlichtungsausschuss einen Behandlungsfehler. Damit wurde im Vorjahr jeder vierte Sachentscheid zugunsten der Patienten entschieden, so, wie auch im Jahr 2011 - und es wurde kein Anstieg ärztlicher Behandlungsfehler verzeichnet.

"Jeder Arztfehler ist tragisch, aber wenn man die Zahl der Behandlungsfehler ins Verhältnis zu der Anzahl der tatsächlichen Behandlungsfälle stellt, dann liegt der Fehlerquotient bei ärztlichen Behandlungen nur im Promillebereich", mahnt Prof. Hessenauer zu einem sorgsamen medialen Umgang mit den Erkenntnissen. "In etwa 90 Prozent der Fälle werden die Entscheidungen der Schlichtungsstelle von beiden Parteien akzeptiert und die Streitigkeiten beigelegt. Und wird nach der Begutachtung doch noch der Rechtsweg beschritten, dann werden die Gutachten überwiegend bestätigt. All dies spricht für die neutrale und faire Arbeit im Schlichtungsausschuss."

Fehlerhäufigkeiten zu erkennen und Fehlerursachen auszuwerten, bringt wichtige Erkenntnisse für Fortbildung und Qualitätssicherung: "Der ehrliche Umgang mit Fehlern und unsere Bereitschaft daraus zu lernen, bietet große Präventionschancen", erklärt der Kammerpräsident. "Hohe Qualität und Sicherheit lassen sich längerfristig nur erhalten, wenn jeder konsequent versucht, aus vermeidbaren Fehlern und vor allem aus Beinahe-Fehlern zu lernen", betont Prof. Dr. Frieder Hessenauer. Dazu gehöre auch, dass Fehler und Beinahe-Fehler nicht verschwiegen werden, sondern dass darüber gesprochen wird. Nur dies helfe, Schwachstellen aufzudecken und wirksame Strategien zur Fehlerprävention aufzubauen.

Leider ist dieser offene Umgang mit Fehlern in den meisten Krankenhäusern de facto tabu. Die Gründe darin sind vielseitig: Angst, eigene Schwächen einzugestehen, v.a. vor Kollegen; Angst davor, dass Patienten Anklage erheben könnten; hierarchische Arbeitsbedingungen, die Ärzte zu Einzelentscheidungen anstatt Teamentscheidungen drängen, und last but not least pure Arroganz und Selbstüberschätzung.

Liebe Kollegen, wie gehen Sie mit Ihren Schwächen und gemachten Fehlern um? Belesen Sie sich rechtzeitig und/oder fragen Sie Kollegen, sofern Sie sich in einer Sache unsicher sind? Wie beugen Sie Behandlungsfehler vor?