Künstliche Intelligenz in der Augenheilkunde

Unter dem Motto "Augenheilkunde - Unser Fach mit Zukunft" startete heute der 117. Kongress der DOG in Berlin. Klar, dass bei diesem Motto auch das Thema Künstliche Intelligenz im Vordergrund steht und mit ihm die Ängste, Befürchtungen und Hoffnungen, die es auslöst.

Ängste, Hoffnungen und was gestern noch Zukunftsmusik war

Unter dem Motto "Augenheilkunde - Unser Fach mit Zukunft" startete heute der 117. Kongress der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft (DOG) in Berlin. Klar, dass bei diesem Motto auch das Thema Künstliche Intelligenz im Vordergrund steht und mit ihm die Ängste, Befürchtungen und Hoffnungen, die es auslöst. Eine Einführung in das Thema und seine Bedeutung für das Fach gab Prof. Dr. med. Nicole Eter, Direktorin der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Münster im Rahmen des Symposiums "Künstliche Intelligenz (KI) in der Hornhautdiagnostik". 

Die Angst durch den Computer ersetzt zu werden, ist unter Augenärztinnen und Augenärzten und in der ophthalmologischen Forschung bekannt - wenn sie auch am Ende eines Spektrums von Fragen steht. Denn selbst, wenn es nicht gleich darum geht, den Arbeitsplatz für eine Maschine mit besserer Rechenleistung als dem menschlichen Gehirn zu räumen, so hat die rapide Entwicklung auf dem Gebiet des algorithmenbasierten Deep Learnings doch Konsequenzen für Klinik und Forschung. Und sicherlich auch für Patientinnen und Patienten. Die Befürchtungen richten sich hier vor allem gegen den Verlust von Menschlichkeit - Empathie, Berührung, emotionaler Intelligenz - gegen eine immer unpersönlicher werdende Medizin.

Hingegen weist Prof. Eter auf die Vorteile hin, die der Einsatz von KI mit sich bringt. Nicht nur ermöglicht KI eine Steigerung der Präzision, sondern führt auch zu effizienteren Arbeitsprozessen, geringerem Workload, mehr Zeit für Patientinnen und Patienten, geringeren Kosten und einem besseren Monitoring. Auch die Work-Life-Balance kann so positiv verändert werden. Andere Fächer, so Eter, wie die Onkologie, Neurologie und Kardiologie arbeiten bereits sehr erfolgreich mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz, wohingegen die Augenheilkunde diesbezüglich noch nicht unter den führenden Disziplinen gelistet werden kann. In Zukunft soll das laut Prof. Eter anders aussehen, da gerade durch die Arbeit mit vielen Bilddaten die Augenheilkunde für den Einsatz von KI prädestiniert sei.

Welche Einsatzgebiete für KI gibt es bereits in der Ophtalmologie?

Bereits jetzt werden verschiedene Algorithmen zur Gefäßsegmentierung genutzt, um beispielsweise eine diabetische Retinopathie zu erkennen. Aus Standard OCTs (Optische Kohärenztomografie) können Flow Maps generiert werden, die man dann mit OCT-Angiografien vergleicht. Mustererkennung mit KI erzielt gegenüber bisherigen Glaukomprogressionsparametern mindestens genauso gute, wenn nicht bessere Ergebnisse. Es geht jedoch nicht nur darum, möglichst zuverlässig, sondern auch, möglichst schnell zu erkennen, wenn eine Operation notwendig wird - wie zum Beispiel die Erkennung einer OP-würdigen Cataract.

Im vergangenen Jahr gelangte Google mit einem neuen Algorithmus in die Schlagzeilen, der das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen anhand von Fundusbildern zuverlässig ermitteln konnte. Ein Forschungszweig von Google Brain hatte hierzu ein Deep-Learning-Modell entwickelt, das anhand von Augenfotografien das Alter der Person, Geschlecht, den Raucherstatus und systolischen Blutdruck erkennen und anhand dieser Daten das kardiovaskuläre Risiko einschließlich des Eintritts großer kardiovaskulärer Ereignisse in den nächsten fünf Jahren vorherzusagen imstande war.

Anhand einer Studie konnte ebenfalls gezeigt werden, dass mit Hilfe von Smartphones aufgenommene Fotos indischer Patientinnen und Patienten durch künstliche Intelligenz zuverlässiger ausgewertet werden konnten als durch Ärztinnen und Ärzte. Dies ist besonders in Gebieten mit Ärzteknappheit von Bedeutung.

Fazit

Künstliche Intelligenz hat also längst Einzug in die augenärztliche Praxis gehalten - es geht nun darum, sie möglichst zielführend und gewinnbringend für alle Akteure einzusetzen und weiter zu entwickeln. Dabei erzielt KI als Analyse- und Auswertungstool hervorragende Ergebnisse. Die Prüfung der Daten und die Entscheidung über geeignete therapeutische Maßnahmen sind jedoch weiterhin auf menschliches Urteilsvermögen angewiesen.

Quelle: 117. DOG-Kongress 2019, 26.09.2019, Berlin