Erhöhtes Lp(a) und kardiovaskuläres Risiko

Erhöhte Lp(a)-Konzentrationen sind mit einem hohen Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse aller Art assoziiert. Betroffene PatientInnen haben bereits in jungen Jahren eine dramatische Anamnese mit mehreren Stent-Implantationen und Infarkten. Die Lipid-Apherese ist schnell wirksam und könnte bei ACS-PatientInnen auch akut eingesetzt werden.

Pleiotrope Effekte der Apherese bei akutem Koronarsyndrom (ACS)

Erhöhte Lp(a)-Konzentrationen sind mit einem hohen Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse aller Art assoziiert. Betroffene PatientInnen haben bereits in jungen Jahren eine dramatische Anamnese mit mehreren Stent-Implantationen und Infarkten. Die Lipid-Apherese ist schnell wirksam und könnte bei ACS-PatientInnen auch akut eingesetzt werden.

Dass ein deutlich erhöhtes LDL-Cholesterin das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse erhöht und eine signifikante Absenkung konsequenterweise die Ereignisrate senkt, ist wissenschaftlich unstrittig. Bei PatientInnen mit einer homozygoten familiären Hypercholesterinämie reicht eine medikamentöse Therapie mit Statinen nicht aus. Die Lipid-Apherese ist hier seit vielen Jahren die am schnellsten wirksamste Methode zur Absenkung von stark erhöhten LDL-Cholesterinkonzentrationen im Blut und hat seit der Einführung der PCSK9-Inhibition Konkurrenz bekommen. Letztere wirken in Kombination mit Statinen allerdings erst nach einem Zeitraum von etwa 3-4 Wochen.

Lp(a) ist als unabhängiger Risikofaktor auch mit einem besonders hohen Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse assoziiert. Etwa 10% aller Menschen in Deutschland haben einen erhöhten Lp(a)-Spiegel von >60 mg/dl. Das LDL-C kann dabei auch völlig normal sein. Wenn bei diesen PatientInnen progressive atherosklerotische Veränderungen nachgewiesen werden, ist die Prognose ungünstig. Auch Lp(a) kann mit einer Apherese schnell abgesenkt werden und diese Absenkung kann das Fortschreiten einer Atherosklerose nicht nur aufhalten, sondern Plaques auch zur Regression bringen.

Die Lipid-Apherese ist kostenintensiv und deshalb müssen betroffene PatientInnen gemeinsam mit ihren behandelnden ÄrztInnen nicht nur einen medizinisch begründeten Antrag formulieren, sondern die Kostenerstattung manchmal auch mit einem Sozialgerichtsverfahren erkämpfen, obwohl der GBA in seinem Beschluss aus dem Jahr 2008 die Lipid-Apherese als effektive Therapieoption für betroffene PatientInnen zugelassen hat. Im Mittelpunkt der Kontroverse mit den Kostenträgern steht der Begriff der progredienten Atherosklerose, die bei den PatientInnen vorliegen muss. Wann ist eine Atherosklerose progredient? Ist das bereits bei einem deutlich erhöhten Lp(a) und einer symptomatischen koronaren Hauptstammstenose der Fall oder müssen PatientInnen erst ihren ersten Infarkt erleiden, bis die Apherese ohne Gerichtsverfahreb bezahlt wird?

Im Umfeld dieser Diskussion stellte V. Schettler, Göttingen, die Komponenten des atherosklerotischen Geschehens auf eine eindrucksvoll vereinfachte Art und Weise dar. Es gibt PatientInnen mit einem erhöhten Lp(a), die keine Atherosklerose entwickeln, so Schettler. Ursache sei das Fehlen eines gleichzeitigen Inflammationsprozesses im Organismus, und zwar "von den Zähnen bis zu den Zehen". Erst wenn atherogene immunologische Prozesse durch ein Entzündungsgeschehen im Körper ausgelöst werden, können bei einem gleichzeitig vorhandenen erhöhten Lp(a) oder LDL-C atherosklerotische Gefäßveränderungen entstehen. Ohne Lp(a) und ohne LDL-C kann sich ebenfalls keine Atheroskerose entwickeln. Mit der Apherese werde sozusagen das "Holz aus dem Atherosklerosefeuer" entfernt und zwar schneller, als durch die bislang wirksamste medikamentöse Intervention aus Statin und PCSK9-Inhibition. Folgerichtig formulierte Schettler die Hypothese, ob nicht bei HochrisikopatientInnen mit chronischen Infektionen und einem akuten Koronarsyndrom eine Akut-Lipoproteinapheresebehandlung eingeleitet werden sollte, die die Zeit bis zum pharmakologischen Wirkungseintritt von Statin und PCSK9-Inhibition mit dem Ziel effektiv zu überbrücken, das Outcome der PatientInnen noch weiter zu verbessern. Die Evidenz für dieses Vorgehen müsse natürlich noch durch entsprechende Studien geschaffen werden.

Referenz:
Schettler, Prof. Dr. med. Volker J.J., Nephrologisches Zentrum Göttingen GbR, Symposium: Lp(a) und kardiovaskuläres Risiko, 11. Jahrestagung der DGfN, Düsseldorf 2019.