Zielblutdruck bei Chronic Kidney Disease (CKD)

Dass ein dauerhaft erhöhter Blutdruck die Nieren schädigt, ist seit langem gut dokumentiert. Ebenso gehen viele chronische Nierenerkrankungen mit einem erhöhten Blutdruck einher. Mindestens so wichtig, wie eine effektive medikamentöse Therapie ist aber die korrekte Blutdruckmessung. Auch hier gibt es verbindliche Standards.

KDIGO-Leitlinien werden für 2020 neu aufgelegt

Dass ein dauerhaft erhöhter Blutdruck die Nieren schädigt, ist seit langem gut dokumentiert. Ebenso gehen viele chronische Nierenerkrankungen mit einem erhöhten Blutdruck einher. Mindestens so wichtig, wie eine effektive medikamentöse Therapie ist aber die korrekte Blutdruckmessung. Auch hier gibt es verbindliche Standards. 

J. Mann, München, eröffnete seinen Vortrag gleich damit, dass nicht die Auswahl der antihypertensiven Medikamente im Mittelpunkt stehen würde, sondern die neuen KDIGO-Empfehlungen für die standardisierte Blutdruckmessung und das Blutdruckziel für CKD-PatientInnen.

Die Blutdruckmessung sollte oszillometrisch und, wie im Rahmen von klinischen Studien vorgegeben, unter standardisierten Bedingungen erfolgen. Eine automatisierte Messung ist empfehlenswert. Aus Vergleichsstudien mit PatientInnen, die einen systolischen Blutdruck von mindestens 130 mmHg haben ist bekannt, dass die Abweichung zwischen einer Praxis-Blutdruckmessung und einer automatisch unterstützten standardisierten Blutdruckmessung durchschnittlich bei bis zu 16 mmHg systolisch und 7 mmHg diastolisch liegen kann. Das gilt auch für CKD-PatientInnen mit einer Hypertonie: lag der mittlere unter Praxisbedingungen routinemäßig gemessene Blutdruck bei 153/85 mmHg, so lag der Blutdruck im Rahmen einer 24h-Blutdruckmessung tagsüber bei den gleichen PatientInnen im Mittel bei 136/77 mmHg. Die einfache Blutdruckmessung in der Praxis führt also zu falsch hohen Werten. Mit anderen Worten: eine standardisierte und automatisierte Blutdruckmessung reduziert bei vielen Patientinnen und Patienten bereits den Blutdruck.

Die alten KDIGO-Leitlinien stammen aus dem Jahr 2012 und legten das Blutdruckziel von <140/90 mmHg für jede Patientin und jeden Patienten mit einer chronischen Nierenkrankheit fest. Für PatientInnen mit einer Urin-Albuminausscheidung von >30 mg/24h wurde ein Druck von <130/80 mmHg empfohlen. Für November 2019 wurde der Beginn der öffentlichen Diskussion der Empfehlungen für die neuen KDIGO-Leitlinien angekündigt. Das systolische Blutdruckziel bei CKD-PatientInnen soll deutlich auf 120 mmHg herabgesetzt werden mit der Ergänzung, dass die PatientInnen diesen Wert tolerieren müssen. Eine finale Festlegung der neuen Leitlinien wird nach Abschluss der Diskussionsphase in 2020 erfolgen. Was hat zu dieser Absenkung des Blutdruckziels geführt? Eine aktuelle Metaanalyse aller seit 2012 veröffentlichten Studien hat gezeigt, dass tiefere Zielblutdruckwerte bei CKD-PatientInnen zu einer signifikanten Mortalitätssenkung führen. Auch die SPRINT-Studie wurde aus dem Grund vorzeitig abgebrochen, weil die Patientengruppe mit dem niedrigeren Blutdruckziel deutlich mehr profitierte. Das gilt ausdrücklich auch für die Subgruppe der Patientinnen und Patienten mit CKD. Die niedrigere Mortalitätsrate hat aber auch ihren Preis, weil es durch die stärkere Blutdrucksenkung häufiger zu einem akuten Nierenversagen kommen kann. Auch der Verlust an glomerulärer Filtrationsrate ist unter einem niedrigeren Blutdruckziel größer. 

Diskutiert wurde die Fragestellung, ob der von SpezialistInnen mit PatientInnen vereinbarte und angestrebte niedrigerer Zielwert der KDIGO-Leitlinien im Rahmen der hausärztlichen Betreuung langfristig umgesetzt und eingehalten werden kann. Die aktuellen NICE-Guidelines seien aber auch keine Lösung. Die britische Gesundheitsbehörde legte das Blutdruckziel für CKD-PatientInnen mit der Begründung auf <130 mmHg fest, weil eine strengere Kontrolle ÄrztInnen und PatientInnen nicht zugemutet werden könne oder unrealistisch sei. Im internationalen Vergleich zu den Blutdruckzielwerten bei nierengesunden PatientInnen mit primärer arterieller Hypertonie liegt die KDIGO-Empfehlung mit 120 mmHg systolisch für PatientInnen mit CKD am unteren Ende: USA (AHA/ACC) <130 mmHg (wenn tolerabel), Kanada <120 bis <140 mmHg, Deutschland 125-134 mmHg, Östereich 120-<130 mmHg und schließlich die ESC/ESH-Empfehlung von 130 bis <140 mmHg.

Referenz:
Mann, Prof. Dr. med. Johannes, Ärztl. Leiter des KfH-Gesundheitszentrums München-Schwabing, Session: Hypertonie und CKD, 11. Jahrestagung der DGfN, Düsseldorf 2019.