Was treibt Brustkrebs-Metastasen an?

Was wissen wir heute über die Entstehung von Brustkrebs-Metastasen? Diesem Themenkomplex widmeten sich bei der 11. Charité-Mayo Conference Forschende von der University of Pittsburgh und vom Universitätsklinikum Heidelberg.

Was treibt Brustkrebs-Metastasen an?

Was wissen wir heute über die Entstehung und Entwicklung von Brustkrebs-Metastasen? Diesem Themenkomplex widmeten sich Steffi Österreich und Adrian Lee von der University of Pittsburgh und Andreas Schneeweiss vom Universitätsklinikum Heidelberg bei der 11. Charité-Mayo Conference. Österreich und Lee werteten unter anderem Ergebnisse aus dem Aurora-Projekt aus, Schneeweiss stellte das Catch-Program vor.

Krebs entwickelt sich im Laufe der Zeit und in Reaktion auf die Therapie. Vor diesem Hintergrund untersuchen die Professoren Steffi Österreich und Adrian Lee in ihrem Labor die molekularen Grundlagen der Brustkrebsentwicklung. Mit dem Ziel, die Gründe für die Therapieresistenz von metastasiertem Brustkrebs aufzudecken. Ihre Erkenntnisse sollen dabei helfen, die Präzisionsmedizin und somit auch die Ergebnisse für Brustkrebspatientinnen zu verbessern. Dafür haben sie Studien zur Entstehung von metastasierenden Brustkrebs ausgewertet:

An der Universität Utrecht haben Willemijne Schrijver und ihren Kollegen anhand einer Meta-Analyse von 39 Studien die Rezeptorkonversionen für den Östrogenrezeptor-alpha (ERα), den Progesteronrezeptor (PR) und den humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (HER2)-Status im Verlauf der Krankheitsprogression bei metastasiertem Brustkrebs untersucht und festgestellt, dass sie häufig auftreten. Bisher bestimmten die Gewebeeigenschaften des Primärtumors, ob eine Hormon- und/oder HER2-gerichtete Therapie angewendet wird. Die Analyse zeigt aber, dass Veränderungen von ERα, PR und HER2 auch in Fernmetastasen stattfinden, was auch in die Entscheidung für eine Therapie mit hineinspielen sollte. Um den Einfluss der Rezeptorkonversion auf die Behandlungseffektivität und das Überleben zu untersuchen, empfehlen die Studienautor:innen prospektive Studien und eine Neubestimmung des Rezeptorstatus in Metastasen.

An der Studie "Intrinsisches Subtyp-Switching und erworbene ERBB2/HER2-Amplifikationen und -Mutationen in Brustkrebs-Hirnmetastasen" der University of Pittsburgh haben Lee und Österreich selbst mitgearbeitet. Hier wurden die Subtyp-Unterschiede zwischen Primärtumoren und angepassten Brustkrebs-Metastasen an 20 Gewebeproben primärer Brustkrebstumoren untersucht. Bei 17 Fällen gab es Expressionsveränderungen. Insgesamt wurden Expressionsveränderungen von Hirnmetastasen in 127 Genen innerhalb der BrCa-Signaturen, PAM50-Zuordnungen und ERBB2/HER2-DNA-Gewinne entdeckt. Am häufigsten (7) war die Steigerung von ERBB2/HER2. Diese Ergebnisse zeigen: Brustkrebs-Metastasen erwerben häufig Veränderungen in klinisch wirksamen Genen, mit durch Metastasen erworbenen ERBB2/HER2-Veränderungen in etwa 20 Prozent der ERBB2/HER2-negativen Fälle. Diese Beobachtungen helfen dabei, ein umfassendes Profil von Metastasen für die klinische Versorgung der Patientinnen zu erstellen.

Aurora-Programm will Behandlung auf die Prognose anpassen

Beim Aurora-Programm werden RNA und DNA von metastasierendem Brustkrebs untersucht und daraufhin Behandlungsmöglichkeiten bestimmt. Im Rahmen des Programms soll auch geklärt werden, welchen Einfluss die Molekularbiologie des Tumors auf die Prognose hat. Beim European Aurora Program werden die Biopsieproben von 1.000 Patientinnen mit metastasierendem Brustkrebs aus zwölf Ländern zu verschiedenen Zeitpunkten der Erkrankung und Behandlung analysiert und der Zustand der Patientinnen zehn Jahre lang beobachtet. Anhand dieser klinischen Studie sollen genauere Rückschlüsse auf die Entstehung von Tumoren möglich sein.

Auch das American Aurora Program analysiert molekulare Veränderungen bei Brustkrebs im Laufe der Zeit. Eine bereits abgeschlossene Teilstudie des Programms analysierte Gewebeproben verstorbener Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs und glich die Daten mit Daten aus bestehenden Tumorbanken ab. Die Forschenden wollten wissen, wie sich Tumore verändern und warum Metastasen in Gehirn, Leber, Lunge und Knochen wachsen. Die Gewebeproben wurden auf DNA-, RNA- und Methylierungsanomalien untersucht. In einer zweiten Studie wurden die Gewebebiopsien von mehreren hundert Frauen mit metastasierter Erkrankung miteinander vergleichen, um Krankheitstreiber zu identifizieren.

Bis heute wurden 90 retrospektive Fälle gesammelt und 55 für die Analyse validiert. Nach einem molekularen Profiling wurden die Daten im Cancer Genetics Web gespeichert. Vorläufige Analysen zeigen, dass die Metastasen einer Patientin sich untereinander ähnlich sind, während sie sich von Metastasen anderer Patientinnen unterscheiden. Die Metastasen zeigen eine Proliferation, weniger Differenzierungssignaturen und weniger Immunzellinfiltrate. Die Metastasen entwickeln sich weiter und einige zeigen weitere Mutationen. Die DNA-Methylierung war im Primärtumor vorhanden und blieb in der Mehrzahl der metastatischen Läsionen stabil erhalten.

CATCH-Studie setzt erst bei fortgeschrittenem metastasiertem Brustkrebs an

Krebserkrankungen entstehen durch eine Vielzahl genetischer Veränderungen und sind von Patientin zu Patientin verschieden. Sie entscheiden aber darüber, wie die Krankheit verläuft und welche Therapien angewendet werden können. Die CATCH-Studie (Comprehensive Assessment of Clinical Features and Biomarkers To Identify Patients with Advanced or Metastatic Breast Cancer for Marker Driven Trials in Humans) ist eine klinische Studie am Universitätsklinikum Heidelberg, an der Patientinnen mit fortgeschrittenem metastasierendem Brustkrebs teilnehmen können. Nach der Gewebeanalyse der Metastasen wird ein genetisches Profil erstellt, das eine maßgeschneiderte Therapie möglich macht. So können auch Wirkstoffe angewendet werden, die nur für die Behandlung anderer Erkrankungen zugelassen sind oder Therapieverfahren, die noch erprobt werden.

Prof. Andreas Schneeweiss von der Sektion Gynäkologische Onkologie leitet das Projekt zusammen mit seinem Kollegen Prof. Peter Lichter und stellte bei der Mayo Conference die ersten Daten vor. Bisher wurden im Rahmen der laufenden Studie 128 Patientinnen betreut. Mit 64 Patientinnen konnte die Hälfte davon behandelt werden. Von 53 Patientinnen liegen bereits verwertbare Daten vor. Von ihnen erreichten 21 einen stabilen Erkrankungsverlauf oder sprachen auf die empfohlene Therapieform an. Im weiteren Verlauf der Studie sollen genomische Analyseverfahren bei Brustkrebs weiter erforscht und im klinischen Alltag zu verankert werden. Die Studienleiter sehen auch die Anwendung bei anderen Krebsformen als eine mögliche Option.