Mensch mit Maschine: gemeinsam gegen Hautkrebs

Auf dem diesjährigen Hautkrebskongress in Stuttgart wurde das Thema Künstliche Intelligenz stark in den Vordergrund gesetzt. Obwohl sich KI in Sachen Treffsicherheit in der Melanomdiagnostik durchsetzen konnte, wusste Keynote-Referent Professor Ashfaq A. Marghoob den Hype in Perspektive zu setzen.

Künstliche Intelligenz findet Anwendung in der Diagnose

Auf dem diesjährigen Hautkrebskongress in Stuttgart wurde das Thema Künstliche Intelligenz stark in den Vordergrund gesetzt. Anlass dazu gab die viel diskutierte internationale im "Annals of Oncology" veröffentlicht Studie von Hänßle et al., in der ein selbstlernendes Computerprogramm im Vergleich mit erfahrenen Fachärzten zu besseren Ergebnissen kommt. Obwohl sich künstliche Intelligenz in Sachen Treffsicherheit in der Melanomdiagnostik durchsetzen konnte, wusste Keynote-Referent Professor Ashfaq A. Marghoob vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York, den Hype in Perspektive zu setzen.

Der Faktor Mensch: AI als Stütze

Einen entscheidende Rolle in der Melanomdiagnostik sei bisher der "Human Factor" gewesen. Nur zu oft, höre die Suche nach bereits einem positiven Fund auf. In der Psychologie nennt man das "Search Satisfication". Manchmal komme es auch gar nicht zum Befund, weil das Melanom subjektiv als nicht kanzerös bewertet würde. Da behandelnde Ärzte sich dessen meist bewusst wären, würden engmaschige Kontrolltermine angesetzt, um sicherzugehen, nichts übersehen zu haben. Oft ist es auch schier die Anzahl der Melanome, die es aus Zeitgründen unmöglich macht, ein hundertprozentiges Screening durchzuführen. Genau hier greifen die neuen Möglichkeiten durch Maschinen. Da gerade bei Hautkrebs die Früherkennung eine immense Rolle spielt, können Maschinen dem Arzt helfen, seine Zeit auf das Wesentliche zu konzentrieren.   

"Total Body Scanning Systems" zum Beispiel haben schon heute die Möglichkeit, einen Ganzkörperscan anzufertigen und dann automatisch veränderte Melanome anzuzeigen (Korotkov 2015). Diese Scanner sind mit multiplen hochauflösenden Kameras ausgestattet und erfassen automatisch eine Reihe von überlappenden Bildern, die 85% - 90% der Hautoberfläche des Patienten abdecken. Die veränderten Melanome werden vom Computerprogramm anschließend in Cluster sortiert, sodass der behandelnde Arzt seine Zeit darauf verwenden kann, die Veränderungen zu analysieren anstatt sie erst einmal zu suchen. Die Ganzkörperscanner sind mittlerweile so gut, dass sie dysplastische Nävi von frühen malignen Melanomen auseinanderhalten können.

Dermatologen im Test

Ähnliches wurde auch in der aktuellen Untersuchung durch den Heidelberger Studienleiter Hänßle in seinem Vortrag "Mensch gegen Maschine – wer diagnostiziert primären Hautkrebs besser?" veranschaulicht. Mit Technologien kann es gelingen, zuverlässige Diagnose-Algorithmen bei Primärmelanomen zu erstellen. Das speziell dafür entwickelte Studienprogramm eines künstlichen neuronalen Netzes, wurde mit mehr als 300 Bildern und klinischen Daten von Hautveränderungen so trainiert, dass es benigne von malignen Melanomen unterscheiden kann. Das Computerprogramm trat gegen eine internationale Gruppe von 58 Dermatologen, darunter 30 Experten, an und konnte sich vor allem bei der Detektion von pigmentierten Hautveränderungen behaupten. Sobald den Dermatologen wie in im eigentlichen Praxisleben allerdings weitere Informationen zu den Patienten zur Verfügung standen, holten die Ärzte in der Treffsicherheit wieder auf.

Fazit

Computerprogramme sind immer nur so gut wie die Datasets, mit denen sie trainiert bzw. gefüllt werden. Unabkömmlich sind sie aber dennoch, da Menschen nicht mit der Fähigkeit ausgestattet sind, tausende von Daten innerhalb von Sekunden zu speichern, zu kategorisieren und zu extrahieren. Sorgen um seinen Job muss sich trotzdem kein Dermatologe machen, abgesehen von dem besorgniserregenden Anstieg an neuen Hautkrebserkrankungen, sind Computer nicht für die Anamnese geschaffen. Die Komplexität einer Person ist nicht in ein Computerprogramm übertragbar. Den echten Fortschritt wird demzufolge die Kombination aus menschlichem Wissen und technologischer Fähigkeit ausmachen. Die Frage ist also nicht, ob künstliche Intelligenz die Ärzteschaft ersetzen wird, sondern ob Ärzte die richtigen Entscheidungen treffen werden, wenn sie mit künstlicher Intelligenz zusammenarbeiten.

Quellen:
1. Haenssle H. et al. (2018) Man against machine: diagnostic performance of a deep learning convolutional neural network for dermoscopic melanoma recognition in comparison to 58 dermatologists. Annals of Oncology, Volume 29, Issue 8, 1 August 2018, Pages 1836–1842. Published: 28 May 2018
2. 28. Deutsche Hautkrebskongress. Sitzung 6: Digitale Medien in der Dermato-Onkologie. „Mensch gegen Maschine – wer diagnostiziert primären Hautkrebs besser?“ Holger Hänßle Heidelberg. Donnerstag, 13. September 2018. Stuttgart 2018.
3. 28. Deutsche Hautkrebskongress. Plenarsitzung 2. New approaches melanoma diagnostic and skin cancer screening. Ashfaq A. Marghoob New York. Freitag, 14. September 2018. Stuttgart 2018.
4. Korotkov, K. et al. (2015). A New Total Body Scanning System for Automatic Change Detection in Multiple Pigmented Skin Lesions. Volume 34:1:317-338. IN: Transactions on Medical Imaging. IEEE.