Ambulante Krebsversorgung und Migration

Etwa 25% der Menschen hierzulande haben einen Migrationshintergrund in der 1. und 2. Generation. Daten zur Inzidenz und Prävalenz von Tumoren sind lückenhaft und in der Versorgung bestehen nach wie vor Hürden, die es zu überwinden gilt.

Mögliche Komorbiditäten aus den Tropen beachten

Etwa ein Viertel der Menschen hierzulande haben einen Migrationshintergrund in der 1. und 2. Generation. Daten zur Krebsinzidenz und zu den Prävalenzen sind lückenhaft und in der Versorgung bestehen nach wie vor Hürden, die es auf beiden Seiten zu überwinden gilt.

Menschen mit Migrationshintergrund und Tumorerkrankungen zeigen im Vergleich zu Menschen ohne Migrationsvergangenheit ein paar Unterschiede, die es in der täglichen Praxis und Klinik zu beachten gilt, um allen Menschen das gleiche Maß an Information und medizinischer Unterstützung zukommen lassen zu können.

Kultur und Sprache sind wichtig in der Aufklärung

An erster Stelle fallen uns allen wohl kulturelle und sprachliche Unterschiede ein, wenn es um Menschen mit Migrationshintergrund geht. Beides ist zudem immens wichtig für die Therapieadhärenz, für das Arzt-Patienten-Verhältnis sowie für das Maß an zu erwartender Gesundheitskompetenz.

Darüber hinaus bestehen deutliche Unterschiede in der Tumorbehandlung und vor allem im Bereich der Psychoonkologie. In einigen Kulturkreisen oder Religionen sind bestimmte Maßnahmen nicht erwünscht oder statthaft und werden daher abgelehnt. Näheres dazu erfahren Sie unter anderem auch im Podcast "Die Rolle von Religion und Kultur in medizinischen Behandlungen". In der Aufklärung über die Tumorerkrankung oder die folgende Therapie stellt dies oft ein Hindernis dar.

Bei uns seltene(re) Komorbiditäten beachten

Nicht zuletzt bringen Menschen aus anderen Herkunftsländern häufig auch klinisch relevante Komorbiditäten mit, die wir aus dem europäischen Alltag nicht oder nicht mehr in diesem Ausmaß kennen. Dazu gehören beispielsweise Hepatitis C (vorwiegend im Nahen Osten und Nordafrika), Tuberkulose (z. B. in Südafrika, Osteuropa und Südostasien) oder die Sichelzellanämie (überwiegend in Afrika). Ferner sind Personen aus Afrika, Südostasien oder beispielsweise Russland in einem stärkeren Maß von HIV betroffen.

Sie sehen bereits an diesen aufgeführten Beispielen wie wichtig es ist, solche Vorerkrankungen bei Tumorpatientinnen und -patienten aus anderen Herkunftsländern bereits frühzeitig zu entdecken, da sie im Zweifel die Therapie beeinträchtigen oder die Prognose unnötig verschlechtern können. So führen beispielsweise Sichelzellanämie oder ebenso die Thalassämie bereits vor dem Einleiten einer Chemotherapie zu anämischen Zuständen, welche behandlungsrelevant sind. Diese verstärken dann im schlimmsten Fall die Anämie infolge einer Chemotherapie, was schnell lebensbedrohlich werden kann.

In der Regel unterscheidet sich die Häufigkeiten bestimmter Krebserkrankungen laut WHO (2018) nicht von den bei uns zu findenden Zahlen. So belegen bei Männern mit Migrationsgeschichte ebenfalls Lungen- und Prostatakarzinome die vordersten Plätze. Bei Frauen ist es insbesondere das Mammakarzinom. Dennoch gibt es aber auch Besonderheiten, wie beispielsweise das Zervixkarzinom bei Frauen aus Afrika oder das Kaposi-Sarkom als sehr seltener Hauttumor, vor allem bei Menschen aus Mozambique. 

Quelle: "Versorgung von Krebspatienten mit Migrationshintergrund"; DKK 2020, Berlin, 21.02.2020