Zwischen Herz und Hirn

Stress und intensive Emotionen beeinflussen das Herz und können sogar körperliche Störungen bis hin zum plötzlichen Herztod bedingen. Die INTERHEART-Studie zeigte sogar, dass Ärger dabei einen größeren Einfluss haben kann als eine hohe körperliche Belastung.

Einfluß von Ärger und Stress auf die Herzgesundheit

Stress und intensive Emotionen beeinflussen das Herz und können sogar körperliche Störungen bis hin zum plötzlichen Herztod bedingen. Die INTERHEART-Studie zeigte sogar, dass Ärger dabei einen größeren Einfluss haben kann als eine hohe körperliche Belastung.

Den ersten epidemiologischen Nachweis für einen Zusammenhang zwischen Distress und dem plötzlichen Herztod erbrachte die "Broken Heart"-Studie bereits im Jahr 1969: Männer, deren Partnerin verstorben war, starben im Rahmen dieser Untersuchung aufgrund der empfundenen Trauer signifikant häufiger innerhalb kurzer Zeit nach der Partnerin.

Trauer ist jedoch nicht das einzige intensive Gefühl, welches das menschliche – und dabei meist vornehmlich das männliche – Herz belastet. Ärger und Feindseligkeit stellen ein ebenso großes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse dar.

Risiko bleibt auch nach der Stresssituation erhöht

Interessanterweise ist der Ärger nicht nur während der akuten Phase für Herz und Hirn gefährlich. Vielmehr bleibt das Risiko für das akute Koronarsyndrom, Ventrikelarhythmien sowie ischämische Schlaganfälle bis zu zwei Stunden nach dem eigentlichen Ärgern erhöht. Das Risiko steigt zudem weiter je öfter es am Tag zu Wutausbrüchen kommt.

Mentaler Stress führte in Studien zur Minderdurchblutung der Koronararterien und damit zu ischämischen Episoden im Herzmuskel. Besonders bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit war dies ein guter Prädiktor für den baldigen Herztod.

Evolutionäre Anpassung als Ursache

Der diesen Prozessen zugrundeliegende Mechanismus basiert auf einer alten evolutiven Anpassung unseres Körpers und ist eigentlich keine Folge einer pathologischen Entwicklung. Auf kurzzeitigen Stress, z. B. ausgelöst durch eine Gefahrensituation, reagiert der Körper mit der Fight-or-flight-Reaktion. Daraufhin wird beispielsweise Adrenalin ins Blut geschwemmt, der Blutdruck steigt und der Herzschlag erhöht sich. Nach Auflösung des Stressfaktors, z. B. nachdem die Flucht erfolgreich war, kehrt der Körper in den Normalzustand zurück.

Mentaler Stress als Folge von beständigem Ärger, Trauer oder Angst und Depression hält die körperliche Antwort auf dem Niveau der Fight-or-Flight-Reaktion. Der Sympathikus ist aktiviert, es kommt zur Vasokonstriktion und Hypertonie. In vorbelasteten Patienten steigt die Blutviskosität an, die Endothelien werden durchlässiger und Entzündungen nehmen zu. Plaques in den Gefäßen lösen sich ab, kleine Thromben verlegen die Koronararterien und führen zu Herzinfarkt und zum Tod.

"Der plötzlicher Herztod ereilt die Betroffenen entgegen einer verbreiteten Vorstellung in der Regel nicht nach einer einmaligen Aufregung", erklärte der am Helmholtz Zentrum München tätige Psychokardiologe Prof. Dr. med. Karl-Heinz Ladwig hierzu. "In den meisten Fällen geht diesem unvorhersehbaren Ereignis beispielsweise eine längere Phase mit chronisch depressiver Stimmung voraus. Die Menschen sind dann einfach in einer akuten Stresssituation besonders gefährdet."

Fazit: Akuter und chronischer Stress sind eigenständige Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Stress drückt sich dabei z. B. in Form von Ärger, Angst oder Entsetzen aus. Ein diskutierter Pathomechanismus geht von einem stressbedingten Anstieg zirkulierender Katecholamine aus. Dadurch erhöht sich unter anderem der Sauerstoffbedarf des Myokards. Koronarspasmen, erhöhte Plättchen-Aggregationsneigung, Thromboserisiko und Entzündungsreaktionen können schließlich einen Herzinfarkt provozieren und zum Tode führen.

Quelle: Sitzung des Tagungspräsidenten "Herz und Hirn", Saal 5, 83. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, 21.04.2017, Mannheim