HIV: Ist eine Heilung durch Immunotherapien möglich?

Antiretrovirale Therapien (ART) in der Behandlung von HIV sind zwar hocheffizient, jedoch kommt es nach Absetzen der Medikation rasch zu einem Rebound. Aktuelle Ausblicke auf mögliche Behandlungsformen finden Sie hier.

Immunotherapien mit vielversprechenden Ergebnissen

Das latente HIV-Reservoir sorgt für Rebound

Menschen, die HIV-positiv sind und mit antiretroviralen Therapien (ART) behandelt werden, erreichen schnell eine deutliche Reduktion der Viruslast. Jedoch kommt es nach Absetzen der Medikation rasch zu einem Rebound, welcher durch das latente HIV-Reservoir verursacht wird. Dieses Reservoir entsteht, da ARTs das Virus nicht eradizieren, sondern reduzieren. Die Forschung zur Heilung von HIV zielt daher auf das latente Reservoir ab.

Zwei verschiedene Ansätze

Die Therapien, die in Frage kommen könnten, steuern entweder eine Eradikation des Virus  oder aber eine Reduktion der Viruslast an. Bei letzterer greifen dann Immunantworten oder -modulationen, um die Infektion unter Kontrolle zu halten. Dies könnte ein Pfad sein, um Remission zu erreichen.

Immunotherapien könnten genau auf diese Art und Weise zur Remission führen, indem sie auf zytotoxische T-Zellen, NK-Zellen und Antikörper wirken. Auch eine Kombination von Wirkmechanismen, die auf mehrere Arme des Immunsystems Einfluss nimmt, ist denkbar.

Schnittstelle zwischen Impfung und Heilmittel

Doch nicht nur die Erforschung von möglichen Therapien, die zur Remission führen, zielt auf das Erreichen einer langanhaltenden Immunüberwachung ab. Auch die Impfforschung befasst sich mit diesen Effekten. So können sich beide Forschungsarme komplementieren und Ansatzpunkte für mögliche weitere Studien bieten.

Langanhaltender Effekt versus kontinuierliche Therapie

Um eine HIV-Remission zu erreichen, ist ein langanhaltender Effekt eines Therapeutikums entscheidend. Die kontinuierliche Gabe von Medikamenten ist allerdings weniger zielführend, wenn es um eine Eradikation oder Remission geht.

Auch das Timing der Therapieinduktion sowie mögliche Kombinationen von Wirkstoffen könnten hier eine entscheidende Rolle spielen.

Broadly neutralising antibodies (bNAb) im Fokus der Wissenschaft

bNAbs sind ursprünglich von infizierten Personen gewonnen worden, stehen nun aber zur klinischen Anwendung zur Verfügung.

In Studien hat die Kombination von zwei verschiedenen bNAbs, die dreimal infundiert wurden, zu einer bis zu 30-wöchigen Virussuppression während einer ART-Pause geführt. Ob bNAbs die T-Zellfunktion verbessern, ist ebenfalls ein Schwerpunkt der HIV-Forschung.

Bezüglich des Timings des Therapiebeginns zeigte eine randomisiert kontrollierte Studie, dass Patienten, die den bNAb 3BNC117 zum Zeitpunkt der ART-Induktion erhielten, eine bessere Viruskontrolle erzielten, insbesondere diejenigen mit einer 3BNC117-sensitiven Virusvariante. Ein Patient erreichte den Status der Undetektierbarkeit des Virus für über vier Jahre nach Absetzen von ART.

Kombination bringt Vorteile im Tiermodell

Neben bNAbs ist auch die therapeutische Stimulation von toll-like receptors ein Ansatz in der Behandlung von HIV. Im Tiermodell zeigte die Kombination von bNAbs und TLR-7-Agonisten gute Remissionsraten. Ob dies auf den Menschen übertragbar ist, bleibt jedoch abzuwarten.

Fazit für die Praxis

Die Suche nach einer Eradikationstherapie für HIV hat verschiedene Stoffe identifiziert, die hierbei helfen können. Neben den bNAbs stehen noch andere Therapeutika in der Entwicklung, die noch in Studien untersucht werden müssen. Eine Eradikation ist auch unter bNAb-Behandlung aktuell eher unwahrscheinlich, dennoch sind gute Ergebnisse bis hin zur langanhaltenden Remission beschrieben worden, wenn die bNAb-Induktion zum Zeitpunkt der ART-Therapie erfolgt.

Quelle:
Session: Approaches for HIV cure and vaccine research. Thomas RASMUSSEN, Aarhus University Hospital, Immunotherapies towards an HIV cure, AIDS 2022, 31.7.2022.