Die AIDS Konferenz 2022 in Montreal

Long Acting ART (LAA), Impfstudien, Heilung – die Corona-Krise hat auch für den Umgang mit HIV viele Impulse gesetzt. Erfahren Sie, welche Entwicklungen der letzten Zeit sich auf die Forschung zu und die Therapie von HIV auswirken.

Interview mit Prof. Dr. Jürgen Rockstroh

Jürgen Rockstroh wurde in Leverkusen geboren, hat in Bonn Medizin studiert, promoviert und sich habilitiert. Er gehört zu den führenden HIV-Behandlern in Deutschland. Als Leiter der HIV-Ambulanz für Infektiologie und Immunologie am Universitätsklinikum in Bonn engagiert er sich auch als Past-Präsident der European AIDS Clinical Society (EACS). Jürgen Rockstroh ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und Mitglied im Vorstand der Aidshilfe Köln.

 

Wichtige Botschaften für die HIV-Behandlung

Große Erwartungen an die persönlichen Begegnungen bei AIDS 2022

Ein Schwerpunkt der Konferenz werden die Studien und Erfahrungen mit Langzeit-Depots von antiretroviralen Medikamenten, den so genannten Long Acting ARV (LAA) sein. Laut Rockstroh wird es noch dauern, bis die Depot-Medikamente zum Goldstandard werden. Noch ist der Aufwand für alle Beteiligten recht hoch: Sich therapeutisch oder präventiv alle acht Wochen zweimal in den Gluteus Maximus spritzen zu lassen, passt nur bedingt in die Versorgungsstruktur. Bei einer Wirkdauer von etwa sechs Monaten dürften die LAA deutlich attraktiver werden. Und zwar sowohl für die Therapie als auch als Prä-Expositionsprophylaxe, also als HIV-PrEP.

HIV eliminieren?

Lässt sich HIV demnächst komplett aus dem Körper von infizierten Personen entfernen? Bislang gilt, dass bei erfolgreicher HIV-Therapie die Viruslast unterhalb der Nachweisgrenze liegt. Dann sind zwar keine Übertragungen mehr möglich, aber das bedeutet nicht, dass HIV völlig aus dem Körper verschwunden wäre. Denn die HI-Viren bleiben in so genannten Reservoirzellen erhalten. Unter ungünstigen Umständen können sie sich von dort wieder im Körper ausbreiten.

Doch in einzelnen Fällen geschieht das selbst dann nicht, wenn die antiretroviralen Medikamente (ART) abgesetzt werden. Manche Menschen mit HIV können die Infektion so erfolgreich kontrollieren, dass sie keine ART mehr benötigen. Das scheint vor allem bei solchen Verläufen der Fall zu sein, bei denen die ART sehr früh begonnen wurde. Die Zeiträume, für die das gilt, sind mit sechs bis zwölf Monaten noch recht kurz. Unter welchen Umständen die vollständige Eliminierung oder Eradikation von HIV – und damit eine Heilung – denkbar ist, wird ebenfalls bei der kommenden 22. Internationalen Aids-Konferenz in Montreal diskutiert.