Die Sonnen- und Schattenseiten des Intervallfastens

Dr. med. Stefan Kabisch referiert auf dem DDG 2022 zum Intervallfasten. Er klärt die wichtigsten Fakten und hinterfragt die Übertragbarkeit positiver klinischer Effekte aus präklinischen Studien auf den Menschen.

Das Intervallfasten ist facettenreich

Das Intervallfasten wurde zum ersten Mal im Jahr 1946 beschrieben. Zu einer regelrecht Publikationswelle kam es dann erst im Jahr 2000. Das Intervallfasten wird wie folgt definiert:

Das Intervallfasten kann mit einer Alkoholkarenz oder auch mit unterschiedlichen Ernährungsmuster wie der Low-Carb-Ernährungsweise kombiniert werden. Dies führt zu einer immensen Heterogenität hinsichtlich der aktuellen Studienlage zum Intervallfasten.

Mögliche positive Effekte des Intervallfastens

Kabisch stellt die Ergebnisse präklinischer Studien zum Intervallfasten an jungen und sehr kleinen Tieren (u.a. Spinnmilben, Mäuse) vor. Er betont, dass diese Daten aus verschiedenen Gründen nicht 1:1 auf den Menschen übertragen werden können. Der Mensch und die Maus unterscheidet sich u.a. in seiner Ernährungsweise und in der Anzahl der Mahlzeiten pro Tag. Positive Effekte des Intervallfastens bei kleinen Tieren sind:

Die postulierten Mechanismen, die zu diesen positiven Effekten beitragen umfassen u.a. das Wachstumshormon IGF-1, die Reduktion von oxidativem Stress, Autophagie/Peroxisomen und die circadiane Rhytmik. Kabisch betont, dass weibliche Tiere in einem deutlich geringeren Ausmaß von diesen positiven Effekten des Intervallfastens profitieren. Dies muss biologisch begründet sein.

Ramadanfasten eignet sich nur für gesunde Menschen und hat lediglich transitorische positive Effekte

Beobachtungsstudien aus der Epidemiologie zum Intervallfasten bringen etwas Licht ins Dunkel des heterogenen Publikationsdschungels. Mögliche gesundheitliche Vorteile des Intervallfastens werden in solchen Studien belichtet. So führt das Ramadanfasten bei gesunden Proband:innen zu kleinen und transitorischen (2-3 Wochen Dauer) Verbesserungen folgender Parameter:

Bei Typ-2-Diabetiker:innen kann das Ramadanfasten durch den Kalorienbolus zu einer schlechteren Glykämie führen.

Das Breakfast-skipping wirkt sich ungünstig aus

Eine Form des Time-restricting-eating ist das Breakfast-skipping. Unter Breakfast-skipping wird - wie der Name schon sagt - das bewusste Auslassen des Frühstücks verstanden. Epidemiologischen Daten zufolge wirkt sich diese Form des Intervallfastens ungünstig aus. Das Breakfast-skipping geht mit einem höheren Risiko für Übergewicht, für Bluthochdruck, für chronische Inflammationsprozesse, für den Typ-2-Diabetes und für die koronare Herzkrankheit einher. Diese negativen Effekte konnten bei Kindern und bei Erwachsenen beobachtet werden.

99 Publikationen, die uns weiterbringen

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es 99 Publikationen zu 90 randomisiert-kontrollierten Studien und 35 Meta-Analysen zum Intervallfasten. 60% dieser Studien befassen sich mit dem "time-restricting-eating" und 25% mit dem Alternate-day-fasting. Der Männeranteil liegt bei 22%, der Altersdurchschnitt bei 45 Jahren und der durchschnittliche BMI bei 28. Nur 10 dieser Studien können in den Bereich "Prädiabetes und Typ-2-Diabetes" eingeordnet werden. Die Studien kamen zu ähnlichen Ergebnissen: Das Intervallfasten liefert in etwa die gleiche Gewichtsreduktion wie eine konventionell-hypokalorische Ernährung. Bei den Typ-2-Diabetikern hingegen zeigte sich im Vergleich zur konventionell-hypokalorischen Ernährung eine stärke Gewichtsreduktion durch das Intervallfasten. Es zeigte sich jedoch keine Überlegenheit des Intervallfastens hinsichtlich des Hba1c-Wertes. Ein geringer Benefit des Intervallfastens ist bei der Nüchternglukose, jedoch nicht beim Nüchterninsulin zu verzeichnen.

Alternate-day-fasting überzeugt nicht

Kabisch stellt 2 Studien zum Alternate-day-fasting vor. In der ersten Studie war die hypokalorische Ernährungsgruppe der Intervallfasten-Ernährungsgruppe in der Gewichtsreduktion und den freien Fettsäuren/LDL überlegen. Leider gingen diese positiven Effekte mit einer Insulinresistenz und einer Fettgewebsinflammation einher. In der zweiten Studie zeigen sich in der Alternate-day-fasting-Gruppe höhere LDL- und HDL-Werte als in den hypokalorischen Gruppen. Hinsichtlich kardiometabolischer Gesichtspunkte gab es hier keine Unterschiede. Kabisch betont, dass die Drop-out-Rate der zweiten Studie mit 26% recht hoch war.

Fazit für die Praxis:

Referenz:
Stefan Kabisch, Dr. med., Studienarzt/Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Medizinischen Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin, Charité Universitätsmedizin Berlin, Intervallfasten - präklinische Hoffnung und klinische Realität, Ernährungstherapie – ein Ziel, viele Wege, Hybridkongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft 2022, 27. Mai 2022 14:00 Uhr CityCube Berlin.