KI in der Frühdiagnostik der diabetischen Retinopathie: Wie gut ist ihr Einsatz im klinischen Alltag wirklich?

Personalengpässe bei diabetischer Retinopathie-Diagnostik: Kann KI-Screening die Versorgungslücke schließen?

Die größte Angst von Personen mit Diabetes mellitus ist die Erblindung

führte der Zuhörerschaft anhand eines Fallbeispiels aus seinem klinischen Alltag vor Augen, dass eine akute Visusminderung „aus heiterem Himmel“ leider keine Seltenheit bei Diabetes darstellt. Unter Betrachtung der globalen Daten besitzen 141 Millionen Menschen der insgesamt 425 Millionen Menschen mit Diabetes ein DRP-Risiko. Dies bedeutet, dass bei 141 Millionen Diabetikern zum jetzigen Zeitpunkt ein potentielles Risiko besteht, an den Folgen einer asymptomatischen Retinopathie zu erblinden. In Deutschland stellt die DRP die Erblindungsursache Nr. 2 dar – in Europa belegt die DRP jedoch die 1. Stelle.1

Vorteile eines Screenings der DRP mittels KI 

Die hat sich bei der Klassifizierung zweidimensionaler Aufnahmen als sehr vielversprechend erwiesen und stützt sich auf Datenbanken mit Millionen von kommentierten Bildern. So ist es auch der Fall bei der DRP. Die Kombination aus einer automatischen Funduskamera und der KI Software-Plattform bieten einige Vorteile gegenüber einer ärztlichen Untersuchung durch einen Menschen, so Haak. So ist keine Pupillenerweiterung notwendig und die Untersuchung ist durch Assistenz-Personal möglich. Der vollautomatische Prozess ist zudem nicht-invasiv. Das Untersuchungsergebnis ist sofort abrufbar und geht mit einer direkten Handlungsempfehlung (90 Sekunden) einher. Neben dieser Effizienz im klinischen Alltag punktet die KI durch eine hohe Sensitivität (91,3 %) – Sensitivität für eine akut behandlungsbedürftige DRP: 98,5% - und Spezifität (91,1%). So die Ergebnisse der bisher größten peer-reviewed KI-Studie mit mehr als 100.000 Patientendaten-Sätzen.1,3

Maschine übertrifft Menschen im DRP-Screening

Bisher konnte die KI die Leistung von erfahrenen Klinikern in einer realen klinischen Umgebung mit dreidimensionalen diagnostischen Scans nicht erreichen. Neuartige Deep-Learning-Strukturen und Trainingseinheiten an mehr als 14.884 Scans haben das Blatt gewendet: Die Leistung bei der Erstellung einer Überweisungsempfehlung konnte nun diejenige von Experten für eine Reihe von sehkraftbedrohenden erkrankungen erreichen oder sogar übertreffen:1,2 Die KI kann eine Risikostratifizierung bei DRP vornehmen und eine Empfehlung geben, wann ein Besuch beim Augenarzt/bei der Augenärztin notwendig ist. Diese Handlungsempfehlung kann im klinischen Alltag direkt in den Arztbrief eingefügt werden.1 Haak stellte einen Head-to-Head-Vergleich zwischen Mensch und Maschine vor: Die KI übertraf auch hier die Leistungen des Augenarztes in der Diagnostik der DRP (Sensitivität der KI für die Erkennung einer DRP: 94,7 % vs. Sensitivität des Arztes für die Erkennung einer DRP: 73 %), so Haak. Neben diesen Ergebnissen war Haak sichtlich von der Kosteneffizienz der KI angetan.1,4

Fazit für die Praxis

Quellen

  1. Haak, Thomas, Prof. Dr. med., Einsatz von KI in der Retinopathie-Diagnostik, Wird künstliche Intelligenz Forschung und Praxis revolutionieren? Zukunftsperspektiven an konkreten Beispielen, Themengebiete: Digitalisierung, Vorsitz: Wagner, Robert, Univ.-Prof., Gottmann, Pascal, PostDoc, Diabetes Kongress 2025, 13:15-14:45 Uhr, 28. Mai 2025, CityCube Berlin.
  2. De Fauw J. et al. (2018). Clinically applicable deep learning for diagnosis and referral in retinal disease. Nat Med. 2018 Sep;24(9):1342-1350.
  3. Bhaskaranand M. et al. (2019). The Value of Automated Diabetic Retinopathy Screening with the EyeArt System: A Study of More Than 100,000 Consecutive Encounters from People with Diabetes. Diabetes Technol Ther. 2019 Nov;21(11):635-643. 
  4. Tufail A. et al. (2017). Automated Diabetic Retinopathy Image Assessment Software: Diagnostic Accuracy and Cost-Effectiveness Compared with Human Graders. Ophthalmology. 2017 Mar;124(3):343-351.